Er schaute sich neugierig um und entdeckte in dieser riesigen, in das harte, dunkle Mondgestein getriebenen Halle, noch zwei Ufos gleicher Bauart.
Die kleinen Alien führten die Neuankömmlinge durch einen „Höhleneingang“ in einen Raum, der wie ein Bahnhofs-Wartesaal ausgestattet war. Von den schmucklosen grauen Wänden und der gewölbten Decke ging indirektes Licht aus. Für die angenehme Temperatur und den Luftaustausch sorgte eine außerirdische Klimaanlage.
Als die Menschen ihre ersten Schritte auf den Boden des Mondes wagten, fiel ihnen das Gehen leicht. – Die Kinder hüpften wie Kängurus voraus.
Die meisten konnten nicht fassen, dass der Mond nur 1/ 6der Erdschwere hat und man sich beinahe schwerelos fortbewegen kann.
„Daran muss man sich erst gewöhnen“, sagte Markus zu seinem Nachbarn, ein breitschultriger, bärtiger Mann mittleren Alters, der von diesem Phänomen sehr überrascht war.
Als alle neuen „Mondbürger“ an Metalltischen und auf Stühlen aus dem gleichen Material Platz genommen hatten, erklang aus versteckten Lautsprechern leise, fremdartige Musik.
Markus suchte nach einem Aschenbecher; denn er wollte die mitgebrachte, letzte Zigarre rauchen, fand aber keinen. Während die Leute von der gewöhnungsbedürftigen Musik berieselt wurden, saßen sie gelangweilt da, sahen sich um und schwiegen – bis auf die Kinder, die immer unruhiger wurden. Dann trat ein großer,
schlanker, dunkelhäutiger, menschen-ähnlicher Alien in einem massgeschneiderten Anzug vor die Versammelten. Hinter ihm hatten sich ein Dutzend kleine graue Alien postiert.
Mit ein paar unverständlichen Worten und seltsamen Gesten versetzte er die Anwesenden in eine Art Hypnose. Alle blieben bei vollem Bewusstsein, waren aber nicht in der Lage, Ängste zu entwickeln oder Widerstand zu leisten. Jeder hörte tief in seinem Kopf:
„Willkommen in unserer Mondbasis Fontenelle! – Wir werden euch zu verschiedenen Zwecken aufteilen. Die Familien werden getrennt.“
Daraufhin gingen die kleinen Alien, die unerbittlichen Handlanger, zu den Tischen und sortierten die Entführten nach ihren Plänen …
Weil man den Menschen ihre Persönlichkeit genommen hatte, waren sie dem Willen der Alien bedingungslos unterworfen.
Nach ihrer Ankunft in unserem Sonnensystem, vielleicht in grauer Vorzeit der Menschheitsgeschichte, mussten die Alien zur Besiedlung des Mondes annähernd dieselben Lebens-bedingungen schaffen, wie sie auf ihrem Heimatplaneten oder auf der Erde anzutreffen sind. Wahrscheinlich haben sie zuerst nur die Erde erkundet, Klimazonen und Landschaften erforscht, die nie zuvor ein Mensch betreten hatte.
Die ahnungslosen, unwissenden Erdenbürger wurden von den Außerirdischen bei allen ihren Tätigkeiten heimlich beobachtet. Ihre Anwesenheit haben die Alien nicht kundgetan; denn sie würden von den Menschen als „Götter“ angesehen werden …
Erst als sie dazu übergegangen sind, Menschen in ihren Ufos zu entführen und sie medizinischen Untersuchungen und verschiedenen Tests zu unterziehen, entstanden die ersten direkten Kontakte mit der
Spezies „Mensch“. Die massenhafte Verfrachtung ausgewählter Kontaktpersonen auf den Mond, ihr zeitlich begrenzter Aufenthalt zu bestimmten Zwecken, hat für die Alien eine strategische Bedeutung. Sie dient Zielen, die der Menschheit vorerst verborgen bleiben …
Nach der Selektion durch die kleinen, grauen Alien wurde Markus zusammen mit anderen „Leidensgenossen“ in einer Quarantänestationder Mondbasis untergebracht. Ein weißer Alien-Arzt, im Aussehen und Habitus von einem irdischen Arzt kaum zu unterscheiden, erklärte ihnen sehr freundlich:
„Die vorbeugende Isolierung ist erforderlich, damit die ankommenden Menschen keine ansteckenden Krankheiten einschleppen, die das Leben und die Gesundheit der auf engsten Raum zusammen lebenden Vertreter beider Zivili-sationen gefährden.
Wir wissen, dass unsere ‚Brüder’ auf der Erde ständig den Angriffen von Viren und Bakterien ausgesetzt sind.“
Auf die Frage von Markus:
„Werden alle Neuankömmlinge einer Isolierung unterzogen?“, antwortete der weise Außerirdische:
„Nein. Nur, wer für unsere Experimente auserwählt worden ist oder uns seine Arbeitskraft uneingeschränkt zur Verfügung stellen kann, ist für lange Zeit unser Gast und wird vorbeugend isoliert.“
Markus teilte sich mit einem jungen Tiroler Naturburschen die Unterkunft in einer langen, schmalen Kammer, die eher einem Verlies glich – raue Felsen als Wände und einem Fußboden aus Mondgestein-Beton.
Zur bescheidenen Ausstattung gehörten zwei unbequeme Betten, ein kleiner quadratischer Tisch mit vier harten Stühlen, ebenso zwei hohe, schmale Schränke und ein Bücherregal.
Alles war aus einem Holz gefertigt, das Markus und sein Mitbewohner nicht kannten und naturbelassen war.
Für ausreichend Licht sorgte die von den Alien bevorzugte indirekte Beleuchtung und für frische Luft und angenehme Temperaturen eine gut funktionierende Klimaanlage.
Der vor Markus entführte zweiundzwanzigjährige Österreicher stammte aus einem 400-Seelen-Dorf am Wilden Kaiser. Seine Eltern
bewirtschafteten einen kleinen Bergbauernhof. Den Sommer verbrachte er als Senne auf der Alm und in den Wintermonaten verdingte er sich als Holzfäller.
Seppel, wie er sich nannte, machte seine augenblickliche Situation – ein Leben wie ein Strafgefangener unter Tage – krank.
Er hatte alle medizinischen Untersuchungen durch die Alien hinter sich gebracht. Auf Grund seiner ausgezeichneten körperlichen Verfassung haben sie ihn „verurteilt“, als Bergmann in einer weit entfernten Mine zu arbeiten, in der Erzbergbau betrieben wird.
Der Lebensrhythmus war dem auf der Erde angepasst. 16 Stunden Tag mit heller Beleuchtung folgten 8 Stunden Nacht mit gedämpftem Licht und Schlafenszeit.
In jeder Unterkunft der Quarantänestation zeigte eine fern-gesteuerte Digitaluhr das Jahr auf der Erde, den Monat und Tag sowie die Weltzeit an. Die Entführten waren deshalb nicht ganz von ihrem Heimatplaneten abgeschnitten …
Nach ein paar Tagen der Eingewöhnung wurde Markus zu einer medizinischen Untersuchung beordert.
Zwei kleine Graue führten ihn in einen großen runden, klinisch wirkenden Raum mit weiß gestrichenen Wänden.
In der Mitte stand eine schmale, in der Höhe verstellbare Liege. Markus musste sich vor den Augen der kleinen Alien splitternackt ausziehen und lang gestreckt auf der unangenehm kühlen, dünn gepolsterten Pritsche Platz nehmen.
Während er regungslos dalag, standen seine Aufpasser wie Wachsoldaten neben der Eingangstür.
Nach einer „halben Ewigkeit“, wie Markus empfand, traten zwei menschenähnliche Alien, ein großer, dunkelhäutiger Arzt und eine weiße, zierliche, hellblonde Ärztin, aus einem Nebenraum kommend, zu Markus an den Untersuchungstisch.
Sie musterten ihn von oben bis unten, sagten aber nichts.
Dann entnahm die sehr jung wirkende Ärztin aus einem der im Raum verteilten Instrumentenschränke ein Gerät, das mit einem Monitor und zwei Kabel versehen war. Die Alien-Frau setzte sich neben Markus auf einen Hocker und drückte das eine selbsthaftende
Kabelende auf seine Stirn. Am Ende des zweiten Kabels befand sich eine Art Röntgengerät, mit dem sie nach und nach jeden Körperteil abtastete und dabei den kleinen Monitor im Auge behielt.
Dann musste er sich auf den Bauch drehen und die „Durchleuchtung“ begann von Neuem.
Während die Assistenzärztin Markus gründlich „unter die Lupe“ nahm, stand ihr Vorgesetzter stillschweigend daneben. Ob er ihr telepathische Anweisungen gab, konnte Markus nicht feststellen. Es war gespenstisch still im Raum, so dass man eine Stecknadel hätte fallen hören.
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