Nach dem Mittagessen war um 14.00 Uhr die Begrüßung und Einführungsrunde der heute neu angekommenen Gruppenmitglieder. Es waren wieder fünf Männer und zwei Frauen. Die Frauenquote ist recht niedrig! Der Ablauf war wie am Vortag schon von uns durchlebt. Zuerst stellte sich wieder die Therapeutin vor, dann waren wir „alten“ an der Reihe uns mit ein paar kurzen Worten vorzustellen. Die Nervosität der Neuankömmlinge war zu spüren. Denselben Ablauf haben wir morgen noch einmal vor uns. Erst dann ist die Gruppe mit etwa 20 Patienten, vollzählig! Diese Gruppe die jede Woche neu zusammengestellt wird nennt man hier, „KRABBELGRUPPE“.
Am Vormittag habe ich mir ein Glas löslichen Kaffee am hiesigen Kiosk gekauft. So kann ich mir ab und zu einen Kaffee in unserem Aufenthaltsraum zubereiten. Beim Abendessen habe ich einen Schreck bekommen als ich mich zu Paul an den Tisch setzte. Ich hatte einen roten Punkt auf meinem Set!!! DIAET KOST!!! Ja ich wusste ja dass meine Cholesterinwerte nicht besonders gut sind. Mein Hausarzt sagte mir schon öfter dass ich meine Ernährung umstellen solle. Jetzt ist es soweit, ab sofort Kalorienarme Kost. Ich nutze die Zeit die ich für mich zur Verfügung habe zum schreiben, und lesen. Es ist nun gleich 22.00 Uhr und ich sitze und schreibe..... Mit Sicherheit wird es für mich später einmal interessant sein diese Zeilen zu lesen und die verschiedenen Phasen in Gedanken noch einmal zu erleben. Ich rauche hier schon wesentlich weniger. Aber noch versuche ich nicht ganz mit dem rauchen zu brechen .Es ist eine stinkige, ungesunde dumme Angewohnheit. Hier muss jeder Patient an einem Nichtraucher Kurs teilnehmen. Ich habe mich heute schon gleich für den zweiten, freiwilligen Kurs angemeldet. Kurs EINS der Raucherentwöhnung, sind drei Sitzungen an denen jeder teilnehmen Muss .Meine Hoffnung ist, es zu schaffen auch als Nichtraucher die Klinik zu verlassen. Diejenigen Patienten die auch das rauchen an den Nagel hängen haben größere Chancen, ein abstinentes Leben führen zu können. Zum ende des Tages kamen sich die Gruppenmitglieder durch Gespräche in der Raucherecke sowie in unserem Aufenthaltsraum langsam näher. Es lockert sich langsam auf!
In Gedanken an meine lieben zu Hause werde ich jetzt den heutigen Tag ausklingen lassen. Es wäre schön, wenigstens kurz einmal meinen Schatz am Telefon zu hören. Die Stimmen der Kinder, Janina und Sarah.......fragen was unsere „Shana“ macht.... Ich weiß ja, dass es ihnen allen gut geht, aber dennoch fehlt es einem das man nicht die Möglichkeit hat ihre Stimmen zu hören. Das Wissen das es eine zeitliche Begrenzung ist hilft diesen Zeitrahmen auszuhalten. Ich weiß ja wofür es ist! So um 22.00 Uhr beende ich meinen zweiten Tag und igele mich mit dem Buch, die „Suchtfibel“ in mein Bett ein. Es geht schritt für schritt vorwärts. Gute Nacht!
Mein dritter Tag.
Um 6.15 Uhr wurde ich von meinem Wecker aus dem Schlaf gerissen. Ich habe sehr gut geschlafen. Der morgendliche Druck nach einer Zigarette war unverkennbar sofort da. Als Ersatz habe ich mir ein Stück Schokolade gegönnt und ging anschließend ins Bad. Rasieren, duschen.........der übliche Ablauf. Als ich fertig war fühlte ich mich hochmotiviert den Tag anzugehen. Es war noch etwas Zeit bis die Ausgangstür geöffnet würde, ich verspürte eine gewisse Nervosität. Meine geliebte „Morgenzigarette“ fehlte. Hastig rauchte ich zwei Zigaretten und ging dann zum Frühstück. Richtig schmecken die Zigaretten nicht mehr .Ich freue mich auf die Zeit wenn ich es angehe auch in Bezug auf den Zigarettenkonsum abstinent zu leben. Zufrieden – Leben ! Nicht mehr der Sucht nach dem Nikotin nachgeben, bei jedem Wetter rauchen zu müssen. Heute habe ich ausgiebig und zum ersten Mal in Ruhe, gefrühstückt. Ein nettes Gespräch mit Paul geführt. Sogar den Kaffee genossen, ohne Zigarette. Anschließend hatten wir den allmorgendlichen Therapeutischen Vortrag! Heute ist alles sehr eng gesteckt vom Zeitablauf her. Nach einer Zigarettenlänge Pause hatten wir den ganzen Vormittag Gruppentherapie mit unserer Therapeutin.
„Jellinek – Schema“ Suchterkrankung wurde an und durchgesprochen. Hier wird in 45 Punkten die Suchterkrankung mit ihren einzelnen Stationen erklärt. Der Suchtverlauf . Dazu später mehr. Alle 14 Patienten konnten heute schon offen und frei heraus mitarbeiten, reden, Beispiele anbringen. Schade dass die Gruppe über drei Tage zusammenwächst, aber nach einer Woche wieder in die Stammgruppen aufgeteilt wird. Gleich steht die Visite an und ich befürchte dass der Arzt mir mitteilen wird das meine Cholesterinwerte zu hoch sind. Der Arzt war gerade da und mein Wert liegt bei 308!!! Ups...... Hier bekomme ich ja nun „Diät Kost“ .Den Anfang habe ich heute Morgen beim Frühstück schon selbst gemacht. Bei Frühstück und Abendessen ist jeder für sich selbst verantwortlich die Diätkost zu sich zu nehmen. Anstelle von Butter habe ich mir die Diät-Margarine zu meinen Vollkornbrötchen genommen. Mageren Käse dazu...... (etwas Schokoaufstrich musste aber doch sein!) Das Mittagessen ist genauso lecker wie die Vollkost. Heute gab es Tafelspitz mit Meerrettichsoße und Kartoffeln, Pudding mit Pflaumen als Nachspeise. Die Portionen dürften etwas größer ausfallen!! Schon beim Frühstück und Abendessen gehe ich nun bewusster mit meiner Ernährung um. Anstatt Butter nehme ich die Halbfettmargarine.....magere Geflügelwurst..... den Tee/Kaffee trinke ich ohne Zucker. In vierzehn Tagen werden die Werte wieder überprüft, und dann möchte ich gern eine Verbesserung sehen. Na ja, ich bemühe mich!!!
Nachmittags hatten wir ab 14.00 Uhr wieder (zum dritten Mal ) die Einführung- Begrüßungsrunde! Es kamen noch einmal fünf männliche und eine weibliche Patientin zur Gruppe. Endlich sind wir vollzählig und können einem normalem Ablauf entgegen sehen. Die Aufnahmegruppe hat nun fünfzehn männliche und fünf weibliche Mitglieder. Am Abend hatten wir noch ein zusammentreffen mit sogenannten „Sponsoren“ Dies sind Patienten aus den Stammgruppen die den Neulingen den späteren Ablauf erklären. Sie stehen uns für alle Fragen zur Verfügung. Da wir Mitglieder der „Krabbelgruppe“ noch keinen Ausgang haben gehen die „Sponsoren“ für uns einkaufen. Es gibt immer einige Patienten die irgendwelche Kleinigkeiten vergessen haben. Meist sind es Zigaretten, Kaffee oder Obst! Es ist toll zu sehen wie schnell so eine Gruppe zusammen wachsen kann. Man flachst schon einmal untereinander, führt aber auch ernste Gespräche. Der große Treffpunkt ist ja immer noch die Raucherecke. Auch unser Aufenthaltsraum wird nun vermehrt genutzt. Wo sich vorher vereinzelt mal jemand einen Tee oder Kaffee machte wird sich nun rege unterhalten. Es entsteht eine Gemeinschaft, wenn auch nur für eine kurze Zeit. Am Mittwoch wird unsere Gruppe auf die zehn Stammgruppen aufgeteilt! Heute Morgen hatten wir ein lustiges Erlebnis. Wie jeden morgen war der Therapeutische Vortrag Pflichtprogramm!! „Unsere Rosi“ eine etwas ältere Dame, klein und zierlich dafür aber Redegewand, saß in dieser Zeit irrtümlich in unserem Gruppenraum. Sie wunderte sich das niemand weiter anwesend ist. Als es Ihr „spanisch“ vorkam setzte Sie sich schnell an den Kaffeeautomaten, vor dem Vortragsraum. Sie wollte nicht stören. Als Sie mir das anschließend mit einem spitzbübischem grinsen erzählte musste ich ordentlich Lachen. „Oma Rosi“ kam die erste Zeit immer wieder mal irgendwo zu spät. Ich sagte Ihr das Sie ein Glöckchen an das Bein bekommt, dass die Gruppe weiß wo Sie sich aufhält. Es ist allgemein eine gute und angenehme Atmosphäre in der Gruppe vorhanden. Alle wurden freundlich aufgenommen, jeder hilft jedem, denn gerade am Anfang sind doch einige Fragen offen. Ich habe nun meinen dritten Tag hier in der Klinik erlebt und fühle mich hier schon recht wohl. Es war für mich ein Glücksfall durch meine Selbsthilfegruppe im Vorfeld soviel positives über diese Klinik erfahren zu haben. Der Eindruck bestätigt sich hier für mich Tag für Tag, und ich freue mich auf die noch kommenden Wochen. Voller Neugierde!
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