Auch jetzt hatte Johann solch ein kleines Stück Holz in der Hand, an dem er mit einem scharfen Messer arbeitete. Diesmal hatte er sich etwas besonders Schwieriges vorgenommen. Er arbeitete an einem kleinen Herz, das er seiner geliebten Sophie als Erinnerung und Beweis seiner Liebe da lassen wollte. Nun kann ich meine Liebste überraschen, dachte er glücklich, als Sophie noch nicht wieder zurück, er aber mit seiner Liebesgabe fertig war. Erst dann fiel dem jungen Mann auf, dass die Sonne nur noch seine Beine beschien, weil sie schon so tief am Horizont stand. Schon so spät, dachte er erschrocken. Als hätte sie seine Gedanken gelesen, stand unvermittelt Sophie vor ihm. „Entschuldige, dass es so lange gedauert hat“, rief sie. „Vater wollte erst gar nicht trinken, aber Mutter und ich konnten ihn schließlich überreden. Aber er hat dann doch gemerkt, dass ihm der Tee gut tut. Er schwitzt zwar immer noch sehr stark, aber sein Kopf fühlt sich nicht mehr so heiß an. Er schläft jetzt ganz ruhig und fest. Wenn wir Glück haben, ist das Schlimmste überstanden.“
„Das wäre ja wunderbar“, freute sich Johann. „Und schau, ich war inzwischen auch nicht untätig. Das habe ich für dich gemacht, damit du mich nicht vergisst, wenn ich unterwegs bin. Weißt du, was das ist?“ fragte er die junge Frau. „Das sieht man doch, ein Herz“, lachte die. „Ja, aber nicht irgendein Herz“, erwiderte Johann und sah Sophie tief in die Augen. „Das ist mein Herz. Es gehört nur dir.“ Er legte das kleine Holzherz behutsam in ihre offene Hand, und sie schlug verlegen die Augen nieder. „Ich werde es hüten wie einen Goldschatz, das verspreche ich dir“, flüsterte sie.
„Na, ihr zwei Turteltauben“, rief Sophies Mutter von der Haustür her. „Sollte sich Johann nicht allmählich auf den Weg nach Hause machen, bevor es vollends dunkel wird? Sicher machen sie sich zu Hause schon Sorgen um dich.“
„Um Himmels willen, ich muss gehen“, rief Johann erschrocken. „Sophie, machst du mir bitte noch schnell die Ölfläschchen fertig? Hier sind sie.“ Sophie eilte in den dunklen Raum an der Seite des Hauses, wo das Öl aufbewahrt wurde. Im Nu war sie wieder da und hatte die kleinen Flaschen schon in Johanns Beutel untergebracht. „Was bin ich euch schuldig?“, fragte Johann Sophies Mutter.
„Heute überhaupt nichts“, antwortete die. „Du hast uns den heilsamen Tee mitgebracht. Wenn Vaters Fieber sich weiterhin bessert, ist das mit Geld überhaupt nicht aufzuwiegen. Es wäre nicht auszudenken, wenn Vater die Ölmühle nicht mehr führen könnte. Unsere beiden älteren Töchter müssen sich um ihre eigenen Familien kümmern, und Sophie und ich könnten sie nie und nimmer allein führen.“
„Ja, dann danke ich recht herzlich“, antwortete Johann. „Entschuldigt, wenn ich jetzt so schnell aufbreche. Aber ihr wisst, ich habe noch einen langen Weg vor mir. Ach, wie gern würde ich noch viel mehr mit euch reden. Aber das müssen wir auf ein andermal verschieben. Lebt wohl, lebt wohl“, rief er und nahm Sophies rechte Hand zum Abschied fest in seine beiden Hände.
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