Wilma Burk - Wo du hingehst, will ich nicht hin!

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Die Ich-Erzählerin aus dem ersten Buch «Tauziehen am Myrtenkranz» und dem zweiten Buch «Kinder erzieht man nicht so nebenbei» erzählt hier aus dem Leben ihrer Nichte von 1990 bis 1996.
Schweren Herzens gibt sie, eine Geschäftsfrau, ihre gut gehenden Geschäfte auf, weil er, ein Arzt, in einer anderen Stadt eine bessere Stelle annehmen will. Doch sie trägt es ihm nach. Im neuen Ort eröffnet sie ein neues Geschäft. Als er nach wenigen Jahren wieder in eine neue Stelle wechseln will, weigert sie sich, ihr Geschäft deshalb erneut aufzugeben. Die Kinder leiden unter der gespannten Stimmung. Sie einigen sich schließlich auf eine vorläufige Wochenend-Ehe. Kann die aber Bestand haben? Wie reagieren die Kinder darauf?
Daneben berichtet die Erzählerin auch über ihr Leben dabei und über das Schicksal von Freunden aus vorhergehender Zeit.

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Wilma Burk

Wo du hingehst, will ich nicht hin!

3. u. letztes Buch von: Heute ist alles anders als gestern - besser?

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Inhaltsverzeichnis Titel Wilma Burk Wo du hingehst will ich nicht hin 3 u - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Wilma Burk Wo du hingehst, will ich nicht hin! 3. u. letztes Buch von: Heute ist alles anders als gestern - besser? Dieses ebook wurde erstellt bei

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Impressum neobooks

Kapitel 1

Das Telefon schrillte. Ich fuhr hoch aus tiefem Schlaf. Automatisch schob ich meine Hand hinüber, wollte in ein Bett neben mir greifen und sagen: ,,Konrad, hörst du, Telefon! Geh doch mal ran!“ Da gab es aber kein Bett mehr. Konrad, mein Mann, war längst, nach fast neununddreißig Jahren Ehe, gestorben. Doch Julchen, mein kleiner Hund, mit seinem seidigem weißbraunen Fell und einer kurzen Nase, stand an meinem Bett und sah mich erschrocken fragend aus ihren großen schwarzen Augen an.

Ich rieb mir die Augen und richtete mühsam meine alten Glieder auf. Wo war nur das Telefon? Ungeduldig begann ich, auf dem Tisch neben meinem Bett danach zu suchen. Da lagen Notizen, Hefte, Akten, alles gehörte zu dem Roman, an dem ich gerade arbeitete. Griffbereit hatte ich hier alles liegen, brauchte in schlaflosen Nächten nur danach zu greifen.

Und das Telefon schrillte und schrillte. Wer wollte mich zu so früher Stunde am Morgen sprechen? Wo war nur das verdammte schnurlose Telefon? Endlich hatte ich es gefunden und meldete mich: „Katrina Haideck.“

„Entschuldige, dass ich so früh anrufe. Ich muss das einfach loswerden“, antwortete eine aufgeregte Stimme. Es war Traudel, meine acht Jahre jüngere Schwester, die am Rande von Hannover lebte und dort mit ihrem Mann ein Autohaus und eine Kfz-Werkstatt betrieb.

„Traudel, was ist passiert?“, fragte ich besorgt.

Sie holte tief Luft. „Susanne hat mich eben aus Berlin angerufen ...“

„Ist was mit den Kindern?“

„Nein, nein! Aber stell dir vor, Robert ist in dem neuen Krankenhaus, ganz bei dir in der Nähe, eine Stellung als Oberarzt angeboten worden“, teilte sie mir mit. Es klang empört.

„Hier bei mir?“ Meine Gedanken jagten sich. Was bedeutete das? Susanne, Traudels Tochter, besaß zwei gut gehende Modeboutiquen in Berlin. Endlich schien nach hektischen Jahren bei ihr, Robert und den drei Kindern alles ein wenig ruhiger und geordneter zuzugehen. Und nun?

„Ja, bei dir. Die ganze Nacht lang haben die beiden darüber diskutiert. Robert verlangt von Susanne, dass sie ihre Geschäfte aufgibt und zusammen mit ihm und den Kindern zu dir in den Harz zieht. Was sagst du dazu?“

Ich schwieg betroffen.

„Hast du verstanden, was ich gesagt habe?“, forderte Traudel ungeduldig.

„Ja, sicher! Das ist … also ich würde mich natürlich freuen, wenn Susanne wieder bei mir in der Nähe wohnte wie früher in Berlin, aber ...“

„Dann findest du es wohl richtig, wenn Susanne ihre Geschäfte aufgibt?“, fiel mir Traudel entrüstet ins Wort.

„Das habe ich damit nicht gemeint. Ich weiß sehr wohl, dass dies keine leichte Entscheidung für sie sein wird. Oder hat sie sich bereits entschieden?“

„Nein, bis jetzt noch nicht. Das wäre wohl zu viel verlangt.“

„Für Robert wird es aber auch nicht leicht, falls sie von ihm verlangt, auf dieses Angebot zu verzichten. Klingt es nicht wie eine Auszeichnung, dass man gerade ihn dort als Oberarzt haben will?“

„Mag ja sein. Doch wie viel Mühe und Arbeit es Susanne gekostet hat, aus einem kleinen dunklen Laden, einer heruntergekommenen Boutique - die wir damals für sie gekauft hatten - zwei große, gut gehende Geschäfte aufzubauen, daran denkst du wohl nicht? Auch Robert scheint sich darüber keine Gedanken zu machen, wenn er von Susanne verlangt, sie solle alles aufgeben. Warum nur glauben Männer immer noch, Arbeit und Beruf seien bei ihnen wichtiger als bei einer Frau? Wieso meint Robert, diesen beruflichen Aufstieg könne er sich nicht entgehen lassen und die Familie müsse mit ihm ziehen?“, ereiferte sich Traudel.

„Und Susanne, welche Meinung vertritt sie?“, fragte ich vorsichtig.

„Na, welche wohl? Sie wehrt sich dagegen, möchte, dass er wartet, bis sich ihm eine ähnliche Stellung in Berlin bietet. Sie meint auch, er sollte mal darüber nachdenken, dass ihm eben der damals noch spärliche Verdienst aus der ersten Boutique die letzte Studienzeit ermöglicht hatte. Das aber wollte er wohl nicht hören. Männer! Sie denken noch immer zuerst an sich“

Ich wusste, sie stand auf Susannes Seite. Doch konnte man das wirklich so einfach sehen? Prallten hier nicht bei ihnen ihre gegensätzlichen Interessen aufeinander? „Da haben beide ein schweres Problem zu lösen“, fand ich und seufzte.

„Ach, was! Mit ein bisschen Vernunft sollte das nicht schwer sein!“, erwiderte Traudel.

„Doch nur, wenn man es wie du von einer Seite aus sieht. Ich bin gespannt, wie sie sich entscheiden werden.“

„Ich auch! Das kannst du glauben. Tschüß denn!“, verabschiedete sich Traudel.

Ich legte das Telefon aus der Hand und fiel zurück ins Kissen. Sofort sprang Julchen zu mir aufs Bett. Während sie sich nun wohlig unter meiner streichelnden Hand streckte, hing ich meinen Gedanken nach. Eigentlich wäre es schön, Susanne mit ihrer Familie wieder in meiner Nähe zu haben. Sie war mir fast zu einer Tochter geworden in der Zeit, als sie in West-Berlin studiert und vorübergehend bei uns gewohnt hat. Das änderte sich auch nicht, als sie sich später mit ihrer ersten Liebe eine „Studentenbude“ nahm. Doch auch als diese Liebe zerbrach, sie sich danach in Robert, einen Medizinstudenten, verliebte und schwanger wurde, kam sie weiter mit ihren Sorgen zu mir. Zuerst quälten sie Zweifel, ob sie das Kind austragen sollte, aber dann redete ihr Robert zu, und sie entschieden sich dafür. Da gab sie ihr Studium auf und begann diese noch kleine heruntergekommene Boutique aufzubauen. Und jetzt sollte sie alles, was sie bisher erreicht hatte, aufgeben? Unrecht hatte Traudel damit nicht, dass es ungerecht sei, wenn ein Mann darauf besteht, sein Fortkommen im Beruf wäre wichtiger als das der Frau.

Wie hätte sich wohl Konrad, mein verstorbener Mann, an Roberts Stelle verhalten? Da brauchte ich nicht lange zu überlegen. Er hätte so eine Frage erst gar nicht aufkommen lassen. Für ihn wäre es selbstverständlich gewesen, dass ich dahin mitgegangen wäre, wo er hinging. Wie sagte Mama immer aus dem Verständnis früherer Zeiten heraus: „Wo der Mann hingeht, da soll die Frau auch hingehen.“ Wie oft hatte ich in unserer jungen Ehe gegen ihre Meinung und auch gegen Konrad aufgebockt.

Drei Jahre waren bereits seit 1987 vergangen, seit dem Jahr, in dem er starb. Doch die Sehnsucht stirbt nicht. Morgens, wenn ich erwachte, brach sie über mich herein. Wie oft musste ich mich tieftraurig erst langsam in den Tag hineintasten. An so einem Morgen sehnte ich mich gleich nach dem Abend. Tränen, die ich längst glaubte, genug geweint zu haben, drängten dann in meine Augen. Wenn Julchen es spürte, sprang sie zu mir ins Bett und scharrte mit ihren Pfoten so lange, bis sie mein Ohr erreichen konnte, um vorsichtig daran zu knabbern. Das war ihre Hundeart, mich zu trösten, wenn ich weinte. Wie gut tat es, in ihr warmes Fell zu greifen. Sie war jetzt mein kleiner Lebenskamerad.

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