Ich drückte mit einem Ruck fester zu. Spürte die Querfortsätze seiner Halswirbel an meinen Fußknöcheln.
Er nahm seine Hände zu Hilfe. Wollte die Schere aufsprengen.
Als das nicht fruchtete, stieß er seine Hände nach vorn, um mir brutal zwischen die Beine zu greifen.
Ich drückte kräftig zu. Es knackte. Chul verdrehte die Augen und sackte bewusstlos zu Boden.
Schweratmend erhob ich mich. Die Fetzen der Hose meines Kampfanzugs fielen auf halber Strecke zu Boden. Ich schnürte mir wenigstens die Jacke wieder zu, unter der, wie mir bewusst war, die Wicklungen meiner Lendentücher zu sehen waren.
Da ich mit Shing allein war, störte es mich im Augenblick nicht weiter.
“Verreck, du Bastard.” Ich trat Chul dahin, wo es einem Kerl am meisten weh tut. Er stöhnte in seiner Bewusstlosigkeit auf.
Shing, der neben mich trat, ächzte mitfühlend.
Ich lachte. “Ich dachte, du hasst ihn ebenso?”
Er lächelte. “Und ich habe eine grobe Vorstellung davon, was ihm in den nächsten Tagen blüht. Wenn er wieder normal laufen kann, wird er ein gefährlicher Feind.”
Ich lächelte zurück. “Nicht, wenn er weiß, dass ich ihn das nächste Mal kastriere.”
Shing hob eine Braue. “Ich bin froh, dass ich auf deiner Seite stehe.”
Ich nahm ihn unvermittelt in die Arme und presste mich gegen seinen warmen Trost spendenden Körper. “Shing, das wirst du immer.”
Er schob mich mit gestreckten Armen von sich. “Ist ja gut, Kleines.”
Ich wollte mich wieder an ihn kuscheln. Er wehrte ab.
“Shing, was ist?”
“Nichts.”
“Halt mich ganz fest. Bitte.” Ich war innerlich aufgewühlt. Seine Nähe tat gut. Außer ihm hatte ich niemanden.
Shing seufzte. “Ich setze mich auf diesen Findling. Dann setzt du dich neben mich und lehnst dich an. In Ordnung?”
Ich tat, was er vorschlug. Er hielt mich schließlich im Arm. Ich blickte zu seinem Gesicht auf, wie ein Kind.
“Shing?”, fragte ich.
“Ja?”
“Wieso darf ich mich nicht auf deinem Schoß ganz an dich kuscheln, wie früher?”
Er sah auf mich herab. Dann kitzelte er mich durch, bis ich mich aufrichtete und von ihm abrückte.
“Darum.”
Mehr Antworten bekam ich nicht von ihm.
Später brachte Shing Chul zurück. Wie ich wusste, schlug er dem Kerl, dem ich seine Familienplanung im doppelten Sinn durcheinandergebracht hatte, eine Geschichte vor, bei der er halbwegs sein Gesicht wahren konnte. Er sollte erzählen, beim Balancieren schmerzhaft abgerutscht zu sein. Das sei für Chul sehr viel besser, als zuzugeben, von mir schmachvoll besiegt worden zu sein, hatte mir Shing später versichert, als er mit einer neuen Hose für mich zurückkehrte.
Shing hat ihm noch einiges über mich erzählt. Zum Beispiel von meinen Kastrationsplänen, die ich ausführen würde, sollte er Chaia auch nur ansprechen oder mir ein weiteres Mal auf die Pelle rücken.
Chul hat mich seit diesem Tag nie wieder angerührt. Er geht mir seither immer brav aus dem Weg. Auch seine Freunde.
Chaia hat sich nie beklagt. Ich hatte meine selbstauferlegte Aufgabe gründlich erledigt.
Als ich sechzehn wurde, wurde ich in den Rang einer Adeptin erhoben. Wieder ein Jahr früher, als gewöhnlich.
Ich bekam neue Kleidung - einerseits aufgrund meines Wachstums, denn ich war in den vergangenen Monden enorm in die Höhe geschossen, sodass ich deutlich über die Marke von 17 Zehntelschritt hinausragte. Damit überragte ich selbst viele der Jungs in meinem Alter.
Zum Anderen trug ich nun die Kleidung der Adepten: Statt der Kleidung mit rotem Saum, wie sie für die fortgeschrittenen Quai-Lam vorgeschrieben war, erhielt ich die begehrten violetten Streifen, die ich die kommenden drei Jahre tragen würde, ehe ich meine Ausbildung als Quai-Dje - als Schwester der Schatten - abschließen konnte.
Ich begann zu ahnen, weshalb Shing mich nicht mehr so gern in den Arm nahm, wie früher. Mein sich entwickelnder weiblicher Körper führte bei ihm zu Reaktionen, die ihm unangenehm waren.
Überrascht über mich selbst stellte ich fest, dass mir genau das an ihm gefiel. Er war nicht länger mein Beschützer, sondern nur noch meine Familie. Ich konnte mittlerweile selbst auf mich aufpassen. Meine Feinde hielt ich im Zaum. Ich hatte Freundinnen. Alles in allem lief es ziemlich gut.
Unbedarft, wie ich war, dachte ich, dass ich alle Finessen des Schwertkampfes gemeistert hätte. Zu meiner Ehrenrettung muss ich sagen, dass ich jeden anderen, auch die Meister überflügelte. Die einzige Ausnahme bildete Shing.
Im unbewaffneten Kampf gab es nicht mehr viel für mich zu lernen. Auch hier war einzig Shing in der Lage, mir noch Neues beizubringen.
Die Jungs waren hinter mir her. Ich genoss es, zur Abwechslung auf angenehme Weise im Mittelpunkt zu stehen. Ich war schlank und durchtrainiert. Keine ausgemachte Schönheit, wie Yoshi oder Kimiko.
Ich wusste, dass ich dennoch gut genug aussah, um als begehrenswert durchzugehen. Kimiko meinte, dass ich mich “herrichten” sollte. Sie würde mir gern helfen. Dann wäre ich eine strahlende Schönheit, wie sie meinte.
Doch ich wollte nicht. Ich wollte, dass eine ganz bestimmte Person meine Schönheit entdeckte. Auf seine Weise.
Und genau dieser Mann wollte alles andere auf der Welt, aber nicht diese Art von Aufmerksamkeit von mir. Er tat, als wäre ich sein leibliches Kind, das er nicht anrühren durfte.
Uns trennten neun Ceonsläufe. Für mich spielte es keine Rolle. Jetzt, wo meine Gefühle erwacht waren, mein Körper gereift, wurde mir klar, dass ich zu ihm gehörte — und er zu mir.
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