Smila Spielmann - Die lichten Reiche
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Smila Spielmann
Die lichten Reiche
Band 1: Harfe und Schwert
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Inhaltsverzeichnis
Titel Smila Spielmann Die lichten Reiche Band 1: Harfe und Schwert Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Impressum neobooks
Kapitel 1
„Seit Anbeginn der Zeit kämpften das Licht und die Dunkelheit um die Herrschaft über das Nichts. Lucis erleuchtete das Nichts mit ihrem Licht und Tenebris versuchte es mit seiner Dunkelheit zu erfüllen. Im Kampf der Götter entstand die Welt und das Nichts ward in Himmel und Erde gespalten. Da schufen die Götter die Elfen um ihren Kampf auf Erden zu führen.
Lucis schuf die Lichten, Wesen voll Magie und Reinheit, Tenebris schuf die Dunklen, ausgestattet mit der Magie der Zerstörung und des Todes.
Tausend Jahre lang war Krieg, doch schließlich zerbrachen die Dunklen an ihrer größten Schwäche: der Machtgier. Sie waren uneins und so gelang den Lichten der Sieg. Als Lucis im Himmel sah, dass ihre Diener die Kreaturen der Dunkelheit besiegt hatten, fand sie die Kraft Tenebris zu töten. Der dunkle Gott starb und mit ihm verschwand auch der letzte Dunkelelf vom Antlitz der Erde. Lucis dankte ihren Geschöpfen, indem sie die Menschen schuf und sie ihnen untertan machte. Seit damals leben Elfen und Menschen in immerwährendem Frieden in ihren Reichen und das Siegeslied des Lichts wird niemals enden…“, schloss Joy ernsthaft.
Crystal klatschte in die Hände. „Das hast du sehr gut gemacht! Als ich in meinem sechsten Jahr war, konnte ich noch nicht die ganze Schöpfungsgeschichte erzählen.“
„Wenn ich groß bin, möchte ich sie singen und auf der Harfe begleiten können wie du es tust“, erklärte Joy.
Crystal lachte leise und strich dem kleinen Mädchen, das auf ihrem Schoß saß, übers dunkle Haar. Sie wusste, dass das Kind ihres Bruders sie bewunderte und in Allem ihrem Beispiel nacheiferte. „Weißt du auch, was die Worte bedeuten?“, erkundigte sie sich.
Joy nickte. „Mama hat es mir erklärt. Nur was Machtgier heißt, versteh’ ich noch nicht.“
„Das ist etwas, was kein Mensch je ganz verstehen wird. Wir Menschen sind Geschöpfe des Lichts und kennen daher die Gier nach Macht nicht“, wiederholte Crystal die Lektion, welche sie vor vielen Jahren gelernt hatte und die ihr in Fleisch und Blut übergegangen war. „Ich denke es heißt, dass man mehr haben möchte als das, was einem zusteht; dass es einem nicht genügt, wie alle anderen zu sein.“
Joy schien über ihre Worte nachzudenken. „Genügt es dir so zu sein wie alle anderen?“
Crystal erschrak. Wie so oft bewies die kleine Joy eine Feinfühligkeit, die sie erstaunte. Woher konnte das Kind wissen, dass sie sich selbst diese Frage immer wieder gestellt hatte? Würde sie, die vornehme Lady Crystal Trenmain, wirklich mit einer einfachen Bäuerin tauschen wollen? Würde sie ihr rotes Haar und ihre grünen Augen wirklich gegen das einfache Gesicht und die unförmige Figur einer bescheidenen Magd tauschen? „Weißt du Joy, wir alle müssen mit dem leben, was Lucis uns zugedacht hat – und ich bin mit meinem Leben sehr zufrieden“, antwortete Crystal ausweichend.
Joy kräuselte die Nase. „Aber der erste Baron von Kornthal ist nicht Baron gewesen, als er zur Welt gekommen ist, oder?“ Crystal schüttelte leicht den Kopf. Sie ahnte, worauf das hinauslief – hatte sie doch selbst ganz ähnliche Fragen gestellt, als sie in Joys Alter gewesen war. „Also wenn er nicht Baron war, als er zur Welt gekommen ist, dann ist er es erst geworden und das heißt, er war mit dem was er vorher war, nicht zufrieden, nicht wahr, Tante Crys?“, erkundigte sich Joy.
Wie konnte sie dem Kind diese Frage beantworten, wenn sie selbst keine Antwort darauf hatte? Warum die Baronien der Mittellande entstanden waren, konnte kein Gelehrter beantworten. Fest stand, dass vor rund zweihundert Jahren die ersten Baronien gegründet wurden. Die Familie Trenmain gehörte zu den ältesten Adelsgeschlechtern der Mittellande. Ihr Vorfahr, der erste Baron des Kornthals, war ein einfacher Bauer gewesen, wie fast alle Bewohner der Ebene. Irgendwann hatte er seine Strohhütte verlassen und ein großes Steinhaus erbaut, das alle Bewohner der Baronie nur als ‚die Burg’ kannten. Niemand hatte Einspruch erhoben, als er darauf bestanden hatte, dass man ihn Baron nannte. So entstand das Geschlecht der Noblen von Trenmain. Soweit Crystal wusste, wurden die übrigen zwölf Baronien ganz ähnlich gegründet. Nur in einem Fall erzählte die Geschichte, dass die Bewohner Widerstand geleistet hatten, als ein Müller sich zum Baron ausrufen ließ, und dass der Adel aus Blutvergießen geboren wurde.
Crystal schob Joy von ihrem Schoß. „Wir sollten schauen, wo deine Mutter steckt“, beendete sie das Gespräch abrupt, da sie wusste, dass ihr Bruder es nicht gutheißen würde, wenn sie seiner Tochter Flausen in den Kopf setzte.
„Mama ist bestimmt in der Halle mit dem Baron von Waldstadt. Er kommt oft zu Besuch, nicht wahr, Tante Crys?“
Crystal nickte geistesabwesend. Sie konnte sich denken, warum Thorben schon wieder zu Besuch gekommen war. Seit sie in diesem Winter siebzehn Jahre alt geworden war, hatte Thorben schon zwei Mal um ihre Hand angehalten und damit den Frieden, der sonst herrschte, empfindlich gestört. Ihr Bruder konnte einfach nicht verstehen, warum sie sich so hartnäckig weigerte seinen Freund zu heiraten. Rhys würde sie nie zu etwas zwingen was sie nicht tun wollte, dessen war Crystal sich gewiss, doch sie verspürte nicht die geringste Lust ihrem Bruder zum wiederholten Male zu erklären, dass sie Torben zwar gern mochte, ihn jedoch nicht zum Mann nehmen wollte. Die Art, wie er seinen Oberlippenbart zwischen den Fingern zwirbelte wenn er nachdachte, war ihr zuwider und die Art, wie sein Blick jeder ihrer Bewegungen folgte, war ihr unangenehm. Plötzlich hatte sie gar kein Verlangen mehr, ihre Schwägerin zu suchen.
Als Thorben die Fußschritte hörte, die sich der Halle näherten, blickte er von seinem Gespräch mit Lord Rhys und Lady Lucia auf.
Der Grund seines Besuches betrat die Halle und führte an ihrer Hand die Tochter des Hausherrn mit sich. Wie wunderschön Crystal doch war. Das rote Haar trug sie der Mode entsprechen zu einem Zopf geflochten und um den Kopf gewickelt, doch was andere Frauen streng wirken ließ, betonte nur ihren schlanken Hals und ihre feinen Züge. Thorben gab sich einen Ruck und setzte eine gleichgültige Miene auf. Sie hatte ihn schon zweimal zurückgewiesen und sein Stolz war immer noch gekränkt. Doch wenn er sein Ziel erreichen wollte – Kornthal und Waldstadt zu einen – dann durfte er nicht zulassen, dass Lady Crystal einen anderen erhörte. „Wir haben eben von Euch gesprochen, Lady Joy“, wandte er sich an das kleine Mädchen. „Dein Papa hat mir erzählt, dass du die Schöpfungsgeschichte gelernt hast.“ Joy nickte erfreut; die Aufmerksamkeit gefiel ihr sichtlich. Thorben musterte die Kleine. Sie würde einmal eine große Schönheit werden, hatte sie doch die zarten Gesichtszüge derer von Trenmain geerbt, während ihr Haar ebenso schwarz war wie das ihrer Mutter. Ihrem Alter entsprechend trug sie ihr Haar offen, so dass es ihr über die zarten Schultern bis auf die Hüften fiel. Thorben lächelte, als er merkte, dass sie die Hand ihrer Tante noch immer nicht losgelassen hatte. Es war nur zu offensichtlich, dass das Mädchen Crystal bewunderte. Unwillkürlich strich seine rechte Hand über den sauber gestutzten Bart. Crystal würde eine hervorragende Mutter werden, daran konnte kein Zweifel bestehen. Er kannte sie schließlich schon ihr ganzes Leben lang und daher wusste er, dass es nur eines gab, das sie mit ebensolcher Innigkeit liebte wie ihre Musik – Kinder. Thorben hob seinen Blick zu ihr empor und lächelte sie an. „Welch’ Freude Euch wiederzusehen, Lady Crystal.“
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