J. B. Hagen
Name unbekannt
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Inhaltsverzeichnis
Titel J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog Prolog Tief im Schatten alter Rüstern, Starren Kreuze hier am düstern Uferrand. Aber keine Epitaphe Sagen uns, wer unten schlafe, Kühl im Sand. Still ist's in den weiten Auen. Selbst die Donau ihre blauen Wogen hemmt. Denn sie schlafen hier gemeinsam, Die, die Fluten still und einsam, Angeschwemmt. Alle, die sich hier gesellen, Trieb Verzweiflung in der Wellen Kalten Schoß. Drum die Kreuze, die da ragen, Wie das Kreuz, das sie getragen, "Namenlos". Albrecht Graf Wickenburg (1839 - 1911), österreichischer Lyriker, Quelle: Gedicht am "Friedhof der Namenlosen" in Wien
Kapitel 1 Kapitel 1
Kapitel 2 Kapitel 2
Kapitel 3 J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 4 J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 5 J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 6 J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 7 J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 8 J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 9 J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 10 J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Kapitel 11 J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Epilog J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Impressum neobooks J. B. Hagen Name unbekannt Dieses ebook wurde erstellt bei
Tief im Schatten alter Rüstern,
Starren Kreuze hier am düstern
Uferrand.
Aber keine Epitaphe
Sagen uns, wer unten schlafe,
Kühl im Sand.
Still ist's in den weiten Auen.
Selbst die Donau ihre blauen
Wogen hemmt.
Denn sie schlafen hier gemeinsam,
Die, die Fluten still und einsam,
Angeschwemmt.
Alle, die sich hier gesellen,
Trieb Verzweiflung in der Wellen
Kalten Schoß.
Drum die Kreuze, die da ragen,
Wie das Kreuz, das sie getragen,
"Namenlos". Albrecht Graf Wickenburg (1839 - 1911), österreichischer Lyriker, Quelle: Gedicht am "Friedhof der Namenlosen" in Wien
1926
Als ihr Körper ans Ufer gespült wurde, erwachte die junge Frau. Oh nein, nicht schon wieder, dachte sie. Sollte das denn nie ein Ende haben? Mühsam richtete sie sich auf und wrang das Wasser aus Kleidung und Haaren. Vielleicht hat es diesmal doch geklappt, und es ist ein ganz anderer Flecken Erde oder womöglich eine andere Dimension? Doch die Gegend kam ihr mehr als vertraut vor, sodass ihre Hoffnung gen null sank.
Der Mann in ihrem Alter kam lächelnd auf sie zu und nahm sie zärtlich in den Arm.
»Komm, ich bringe dich nach Hause, damit du dir etwas Trockenes anziehen kannst«, sagte er freundlich und ohne jeden Vorwurf.
Nach Hause? Das war nicht ihr Zuhause, wo er sie hinbringen wollte. Nur eine Arbeitsstelle mit Schlafgelegenheit. Ein kärglich eingerichtetes Dachstübchen mit einem Bett, auf das sie abends ihre müden Füße legen konnte, einem einfachen Schrank und Tisch und Stuhl aus demselben Holz. Einzig die kleine Lampe neben dem Bett und der eiserne Ofen verbreiteten so etwas wie Gemütlichkeit, wenn sie an waren.
»Warst du wieder ein ungezogenes Mädchen?«, flüsterte er ihr ins Ohr, »du weißt doch, dass es sinnlos ist. So oft du es auch versuchen magst, es wird nicht gelingen. Wir werden auf ewig zusammenbleiben. Ist das gar kein Trost für dich?«
Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter, was wie ein stilles Eingeständnis war. Ja, er liebte sie aufrichtig. So sehr wie sie niemand zuvor geliebt hatte. Doch sie hatte mit ihrer unbedachten Tat alles verdorben. Sie war von ihrem Hass überwältigt worden und hatte schwere Schuld auf sich geladen. Dafür musste sie jetzt büßen. Doch wenn das die Hölle war, hatte sie sich etwas ganz anderes darunter vorgestellt. Grausige Dämonen, die sie mit Zangen und Spießen quälten, und eine schier unerträgliche Hitze, ein ewig loderndes Feuer.
Stattdessen musste sie ganz normal weiterleben. Den Alltag bestreiten, als wäre nie etwas vorgefallen. Schwere Tabletts mit Speisen und Getränken in den Garten schleppen und höflich und freundlich zu den Leuten sein. Manchmal fragte sie sich, ob die auch alle nicht mehr am Leben waren, andernfalls hätte man sie doch eigentlich nicht wahrnehmen können. So sagte man von Geistern. Nur Kinder und besonders medial Begabte konnten die Toten sehen, hieß es.
Aber wo kamen die alle her? Eine schier unendliche Zahl, die täglich das Ausflugslokal stürmte. Eine grausige Ansammlung von Untoten, die nicht wahrhaben wollten, dass sie nicht mehr lebten? Die bei Kaffee und Kuchen in der Sonne saßen und auch mal einen über den Durst tranken? Kaum vorstellbar. Und doch taten sie, als sei sie eine von ihnen. Jedenfalls die einfacheren Leute. Die Vornehmen und die, die sich für was Besseres hielten, hatten sie schon immer von oben herab behandelt. Das war so geblieben. Also, war sie nun tot, und die anderen auch, oder bestand die Strafe gerade darin, dass alle ihrer Wege gehen konnten, sie aber dazu verdammt war, an diesen Ort gebunden zu sein? Den Ort ihrer Schande. Wo sie den liebsten Mann dazu veranlasst hatte, sein junges Leben einfach fortzuwerfen, wie einen alten Lumpen.
Beinahe noch qualvoller war, dass sie immer wieder aufs Neue ihrem Peiniger begegnen musste, und all das Schreckliche sich wiederholte. Mit aller grausamen Konsequenz.
»Komm, Liebling, du musst dich fertig machen, deine Schicht beginnt gleich«, riss die Stimme ihres Liebsten sie aus den trüben Gedanken.
Ja, sie musste weitermachen wie bisher. Solange, bis ein gnädiges Schicksal sie erlösen würde. Und wenn es noch Jahre oder gar Jahrzehnte dauern würde. Der einzige Trost war, ihren Liebsten an ihrer Seite zu wissen. Und er schien im Gegensatz zu ihr diese immerwährende Wiederholung mit Gleichmut zu ertragen. Oder ließ er sich nur nicht anmerken, wie sehr er litt, um sie nicht noch mehr verzweifeln zu lassen? Einen größeren Liebesbeweis konnte es wohl kaum geben.
Johanna, Josefine und Andreas
Zwei Jahre zuvor
Johanna Scholz wollte nur noch weg von zu Hause. Der Enge der Schöneberger Hinterhofwohnung entkommen. Dem Lärm der Geschwister, dem Gestank des Treppenhauses und dem Dreck und der Dunkelheit des Hofes. Ihr Zimmer, das sie sich mit drei jüngeren Geschwistern hatte teilen müssen, hatte nie einen Sonnenstrahl abbekommen. Der Blick aus dem Fenster mit einfachem Glas, durch das es wie Hechtsuppe zog, wie der Berliner treffend zu sagen pflegte, fiel auf eine Klopfstange, auf der von Zeit zu Zeit mehr als verschlissene Teppiche gereinigt wurden. Mit der Folge, dass dicke Staubwolken den ohnehin schon finsteren Hof noch mehr verdunkelten und einem die Luft zum Atmen nahmen. Statt eines Baumes mit üppigem Grün, wie man sie auf manchen Höfen finden konnte, sah man nur eine bröcklige Brandmauer, die einem das Gefühl vermittelte, gefangen zu sein.
Ihre Eltern Ludwig und Hertha hatten sich alle Mühe gegeben, ihre Sprösslinge durchzufüttern. Das Kostgeld, das Ludwig als Kohlenträger abgab, war nicht gerade üppig, doch Hertha klagte nie und zauberte aus den einfachsten Zutaten die schmackhaftesten Gerichte. Mit siebzehn hatte Johanna dazuverdienen müssen. Unten im Milchladen, quer über die Straße, oft bis spät in die Nacht hinein. Doch ihre freundliche Art hatte ihr den Umgang mit den Kunden erleichtert. Und hin und wieder gab man ihr ein Kännchen Milch, etwas hart gewordenen Käse oder einige Zipfel angegraute Wurst mit.
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