Christiane Siegert
Jorris' Abenteuer in der Tiefsee
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Inhaltsverzeichnis
Titel Christiane Siegert Jorris' Abenteuer in der Tiefsee Dieses ebook wurde erstellt bei
Film im Unterricht
Zuhause
Das Wuselwu
Die Unterwasservulkane
Auf dem Grund der Tiefsee
Haie
Das Wrack
Erenna
Die Orcas
Impressum neobooks
"Die Tiefsee ist heute ein immer noch nahezu unbekannter Ort", hörte Jorris die Stimme des Sprechers, der den Film "Unbekannte Tiefsee" kommentierte. Mühsam unterdrückte Jorris ein Gähnen, doch den Sprecher des Films interessierte Jorris' Meinung zu dem Film nicht. Er fuhr fort: "Der Mensch weiß heutzutage mehr über den Weltraum als über die Tiefsee. Das liegt daran, dass wir zwar in der Lage sind, Menschen in den Weltraum zu schicken, es aber nicht schaffen, U-Boote oder Tauchroboter zu konstruieren, die tief genug tauchen können." Erstaunt riss Jorris den Kopf hoch. Hatte er das gerade richtig verstanden? Die Tiefsee, die zur Erde gehörte, war unbekannt, aber über den Weltraum, der so weit von der Erde weg war, wussten die Menschen mehr? Das konnte doch nicht sein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Jorris der Film gar nicht gefallen, jetzt aber hoffte er, noch mehr über die Tiefsee zu erfahren. Kurz dachte er darüber nach, warum er diesen Film eigentlich anschaute.
Es war kurz vor Beginn der Sommerferien und die Lehrer wussten wirklich nicht mehr, was sie mit ihren Klassen noch machen sollten. Schulbücher hatten die Schüler schon vor einer Woche abgegeben, der Unterricht bestand zurzeit aus Rätsel raten, Bilder malen, auf dem Pausenhof Fußball oder Basketball spielen und ähnlichen Dingen. Warum die Ferien nicht einfach zwei Wochen früher begannen, war Jorris völlig unklar.
Herr Dietz, Jorris' Klassenlehrer, war deshalb auf die Idee gekommen, der Klasse einen 90-minütigen Film über die Tiefsee zu zeigen. "Ihr bekommt ja nächstes Jahr Biologie als neues Fach dazu. Dann könnt ihr euch jetzt schon ein bisschen mit dem Thema Biologie beschäftigen und der Film ist wirklich interessant", hatte Herr Dietz gemeint und die Klasse in den Filmraum verfrachtet.
Nachdem sich jeder einen Platz gesucht hatte, wurden die Schülerinnen und Schüler Zeugen, wie Herr Dietz sich 10 Minuten lang mit dem DVD-Player anlegte. Zuerst versuchte der Lehrer, den DVD-Player dazu zu überreden, die DVD zu akzeptieren. Erst nach mehreren Versuchen spuckte der DVD-Player die DVD nicht mehr aus. Danach probierte Herr Dietz, den Beamer einzuschalten. Der aber weigerte sich standhaft, so zu funktionieren, wie er sollte. Während der ganzen Aktion fluchte der Klassenlehrer mehrmals herzhaft, ermahnte die Klasse aber jedes Mal vorher, dass sie sich jetzt die Ohren zuhalten sollten. Natürlich hatte die Klasse nur so getan und Jorris war sich sicher, dass Herr Dietz das wusste.
So hatte Jorris seinen Wortschatz an Schimpfwörtern um zwei weitere ergänzen können. Er musste daran denken, sie zuhause zu benutzen, damit seine Mutter sich über die Schimpfwörter aufregte, um ihm dann zu erklären, was sie bedeuteten. Das machte Jorris immer so, wenn er Wörter hörte, deren Bedeutung ihm nicht ganz klar war. Deshalb war der Junge schon sehr gespannt, was seine Mutter zu den Wörtern "Uhrensohn" und "Dummling" sagen würde.
Verdammt, ärgerte sich Jorris, jetzt waren seine Gedanken schon wieder abgeschweift, das passierte ihm öfters. Wo war er gerade gewesen? Ach ja, bei Herrn Dietz und dem Beamer.
Herr Dietz hatte also nach mehreren Versuchen Beamer und DVD-Player dazu überreden können, doch noch zu funktionieren. Während die Titelmusik des Films lief und erste Bilder über die Leinwand liefen, ließ Herr Dietz die Rollläden herunter. Jetzt hockte die ganze Klasse im Dunklen, nur noch die Notfallbeleuchtung über der Tür spendete ein wenig schummeriges Licht.
Jorris hatte sich innerlich schon auf 90 Minuten gähnende Langeweile eingestellt. Die Tiefsee. Warum sollte er sich bitte dafür interessieren und wer schaut schon mit einer 5ten Klasse einen Film über die Tiefsee? Die Antwort war einfach: Sein Klassenlehrer, Herr Dietz, hatte einen guten Grund dafür. Zumindest war der Grund aus seiner Sicht gut. Die Schüler fanden ihn eher blöd.
Der Grund war folgender: Herr Dietz hatte der Klasse erklärt, dass er seinen Unterricht bis zum letzten Schultag durchziehen würde. Keine Möglichkeit, etwas zu lernen sollte verschwendet werden. Deshalb, so meinte Herr Dietz, weigere er sich, mit seiner Klasse den Film "Hangover" zu schauen, weil er bei diesem Film keinen Bezug zum Biologieunterricht herstellen könnte, auch wenn in allen drei Teilen Tiere vorkommen würden. Auch für "Fack Ju Goethe" konnte sich Herr Dietz nicht begeistern, obwohl es doch ein Film über einen Lehrer an einer Schule war. Doch Herr Dietz war der festen Überzeugung, dass sie bei "Fack Ju Goethe" nichts Vernünftiges lernen würden. Deshalb stand heute die Tiefsee auf dem Plan.
Der Sprecher erzählte weiter und holte Jorris wieder zu dem Film zurück. Die Schüler erfuhren etwas darüber, wie die Wissenschaftler versuchten, die Tiefsee zu erforschen. Die Bilder dazu fand Jorris nicht sehr aussagekräftig. Ein Tauchroboter, etwa so groß wie zwei Kisten Wasser, schwebte über dem Meeresgrund und beleuchtete Sand, der grau war, Wasser, das total trüb war und kleine graue Teilchen, die im Wasser schwebten.
Das Bild wechselte und zeigte jetzt ein Forschungsschiff, auf dem die Tiefseeforscher gerade dabei waren, einen Tauchgang vorzubereiten.
"Menschen", erfuhr Jorris, "können in der Tiefsee nicht einfach tauchen gehen wie in einem Schwimmbad. Deshalb werden spezielle U-Boote und Tauchroboter konstruiert, die tief genug tauchen können, um die Tiefsee zu erforschen." Der Film zeigte jetzt einen kleinen Tauchroboter, der aussah wie eine Schuhschachtel, an die jemand vorne zwei Taschenlampen geklebt hatte. Der Roboter hatte auf dem Meeresgrund aufgesetzt und fuhr gerade im Licht seiner Scheinwerfer seine Roboterarme aus um in Zeitlupe kleine Gesteinsbrocken einzusammeln, die er in eine Plastiktüte legte und dann in einen Drahtkäfig beförderte, der unter dem Roboter befestigt war. Interessiert beobachtete Jorris den kleinen Tauchroboter, der da im Wasser schwebte und jetzt mit seinen Scheinwerferaugen in die Kamera zu grinsen schien.
U-Boote zu konstruieren, die tief genug tauchen können, überlegte Jorris. Das war ja interessant. Warum?, fragte er sich. Was ist denn so schwer daran, ein Tauchboot in die Tiefe zu schicken? Der kleine Roboter schien doch auch keine Probleme zu haben. Im Gegenteil, der sah echt witzig aus.
Das kann doch nicht so schwer sein, überlegte Jorris, ein U-Boot da runter zu schicken. Gebannt verfolgte Jorris jetzt den Film. Ob der Sprecher dazu noch etwas sagen würde? Als ob der Jorris Frage gehört hätte, erläuterte der Sprecher die Gründe, warum es so schwer war, ein U-Boot in die Tiefe zu schicken. "Das Problem ist", erklärte der Sprecher des Films, "dass der Druck, der in der Tiefsee herrscht, zu stark ist."
Was ist denn damit schon wieder gemeint? Druck?, fragte sich Jorris und ärgerte sich gleichzeitig über Herrn Dietz. Das kam dabei raus, wenn Lehrer beschlossen, Erwachsenenfilme mit Fünftklässlern zu schauen. Zu viele Informationen, die Jorris nicht verstand. Doch die Erklärung ließ nicht lange auf sich warten.
"Jeder von euch hat irgendjemandem schon einmal die Hand geschüttelt", hörte Jorris, "dabei könnt ihr die Hand des anderen unterschiedlich feste schütteln, also zudrücken. Wenn ihr fest zudrückt, erhöht ihr den Druck auf die Hand des anderen, wenn ihr noch fester zudrückt, wird der andere Schmerzen bekommen. Das bedeutet: Wenn ihr der Tiefsee jemandem die Hand schütteln wolltet, wäre der Druck so groß, dass eure Hand einfach zerdrückt werden würde."
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