Martin Woletz
Der Zarewitsch
Konstantin Korelev in seinem persönlichsten Fall
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Inhaltsverzeichnis
Titel Martin Woletz Der Zarewitsch Konstantin Korelev in seinem persönlichsten Fall Dieses ebook wurde erstellt bei
Eins
Zwei
Drei
Vier
Fünf
Sechs
Sieben
Acht
Neun
Zehn
Elf
Zwölf
Dreizehn
Vierzehn
Fünfzehn
Sechzehn
Siebzehn
Achtzehn
Neunzehn
Zwanzig
Einundzwanzig
Zweiundzwanzig
Dreiundzwanzig
Vierundzwanzig
Fünfundzwanzig
Epilog
Impressum neobooks
Der hübsche junge Mann zuckte zusammen, als das Blut in sein Gesicht spritzte. Der ohrenbetäubende Knall des Schusses hallte in seinem Kopf wider und der Geruch von Schwarzpulver biss ihn scharf in der Nase. Soeben hatte sein Vater, Josef Iwanowitsch Jokov, einen seiner engsten Vertrauten erschossen. Josef Iwanowitsch war der mächtigste Unterweltboss westlich des Urals und hatte gerade erfahren, dass Alexander Poroschenko seine Freundin Olga mit Kokain versorgt hatte. Nicht, dass das Josef Iwanowitsch gestört hätte. Alexander hatte für das Kokain sogar bezahlt. Nein, Josef Iwanowitsch störte, dass Olga auf einer Party in Sofia erzählt hatte, dass sie den Stoff von Alexander bekommen hatte. Dabei war es die oberste Regel unter Jokovs Leuten, dass nichts auf Josef Iwanowitsch als Kriminellen hindeuten durfte. Daher konnte keine Entschuldigung eine solche Aussage wieder gutmachen. Olgas Leiche hatte man am Vortag im Erdgeschoss des Treppenhauses gefunden. Sie war offiziell an einer Überdosis gestorben. Die unzähligen gebrochenen Knochen und das gebrochene Genick wurden auf den Sturz im Drogenwahn aus dem 7. Stock zurückgeführt. Polizeiliche Untersuchungen im Umfeld von Josef Iwanowitsch wurden zu dieser Zeit schnell abgeschlossen.
Jurij Josifowitsch stand zitternd neben seinem Vater und wischte sich langsam mit dem Handrücken über die Wange. Aus dem aufgeplatzten Schädel des Paten von Bulgarien vor ihm quoll immer noch Blut. Es war das erste Mal, dass Jurij zugesehen hatte, wie sein Vater einen Menschen erschoss. Er hatte immer wieder gehört, dass sein Vater brutal sei, doch vor seiner Familie hatte der Pate diese Eigenschaft niemals offen gezeigt. Jurij konnte mit seinem Vater diskutieren, sogar dessen Bitten ablehnen und er wurde deshalb nie geschlagen. Doch mit Alexander hatte sein Vater nicht diskutiert. Josef Iwanowitsch hatte noch gestern mit Alexander gescherzt und mit ihm lachend auf ein paar Wodka-Flaschen geballert. Nun hing Alexanders Körper schlaff auf einem Sessel, ohne dass Alexander geahnt hätte, dass mit dem Ende dieses Treffens auch sein Leben zu Ende sein würde.
"Ich mochte Alexander", sagte Josef Iwanowitsch pathetisch und wischte seine Fingerabdrücke von der Waffe.
"Aber er hat Fehler gemacht. Das kann ich nicht hinnehmen." Er blickte in die Gesichter von sieben Verbrechern. Es waren die mächtigsten und grausamsten Kriminellen in Osteuropa und Russland. Sie kannten keine Skrupel und würden für ein gutes Geschäft ihre engsten Freunde über die Klinge springen lassen. Keiner von ihnen scheute sich vor Erpressung, Drogen, Prostitution oder Mord. Doch im Vergleich zu Josef Iwanowitsch waren sie nur unartige Jungs. Keiner dieser sieben Männer konnte einen Schritt machen, ohne dass Josef Iwanowitsch dazu den Auftrag gegeben hatte. Josef Iwanowitsch hatte nicht nur das Verbrechen unter seiner Kontrolle, er kontrollierte auch weite Kreise der Polizei und Politik. Seine Gehaltsliste war lang. Und sie wurde immer länger.
"Gute Leute sind schwer zu finden. Die Besten kommen immer noch aus der eigenen Familie." Das Nicken von sieben Köpfen war nicht nur eine Bestätigung für Josef Iwanowitsch sondern spiegelte tatsächlich die Meinung der gut gekleideten Männer wieder. Denn alle standen in verwandtschaftlichen Verhältnissen zu Josef Iwanowitsch. Zwei Brüder, zwei Cousins, zwei Söhne und ein Onkel saßen um einen großen Marmortisch, auf dem immer noch reichlich Essen in silbernen Schalen stand, obwohl das großzügige Mahl bereits zu Ende war. Auch Alexander Poroschenko war mit Josef verwandt gewesen. Allerdings nur dritten Grades.
"Aus diesem Grund werde ich meinen Sohn Jurij anstelle von Alexander mit den Aufgaben in Bulgarien betrauen. Er hat bewiesen, dass er seinen Laden in Ordnung halten kann." Der fünfundzwanzigjährige Sohn des russischen Paten hatte mehrere Nachtclubs in Moskau geführt und sich mit Drogen und Prostitution ein nicht unerhebliches Vermögen aufgebaut.
"Ich möchte, dass Dir Oleg hilft, eine neue Route über Bulgarien nach Mitteleuropa aufzumachen. Es gefällt mir nicht, dass wir nur eine Route kontrollieren. Und Oleg hat bewiesen, dass er von diesem Geschäft etwas versteht." Oleg war Josef Iwanowitschs' älterer Sohn und für den Menschenhandel im Unternehmen verantwortlich. Die bisher einzige Route des Syndikats führte über Lettland und Schweden nach Mitteleuropa. Sollte auf dieser Route etwas schief gehen, würden Millionen Dollar und Euro an Einnahmen fehlen. Josef Iwanowitsch war trotz seiner fünfundsechzig Jahre noch immer am planen und aufbauen. Oleg schwieg zu den Ausführungen. Er hatte bereits vor der Besprechung bei seinem Vater gegen diese Entscheidung protestiert, als ihn sein Vater von seinen Plänen unterrichtet hatte - und musste für diesen Protest auf die Hälfte seiner Einnahmen verzichten.
"Das Treffen ist damit beendet. Ihr könnte gehen. Jurij, du bleibst noch." Mit diesen Worten wandte sich der Pate um und blickte durch die hohen Fenster seiner Hochsicherheitsvilla über das verschneite Tiefland. Als die Männer das Zimmer verlassen hatten, fuhr Josef Iwanowitsch fort.
"Ich habe über vierzig Jahre diese Organisation aufgebaut. Es ist ein Familienunternehmen mit einem Umsatz von über zwei Milliarden Dollar jährlich. Doch diese Summe bedeutet nur, dass es Menschen gibt, die für unsere Dienstleistungen bezahlen. So, wie überall auf dieser Welt für Dienst bezahlt wird. Doch die Dinge, die wir den Menschen verkaufen, sind nicht gerne gesehen. Doch das hat mich nie interessiert. Jede Bank, jedes Pharmaunternehmen und jeder Rüstungskonzern muss genauso mit Gesetzen und Politikern fertig werden, wie wir und sind nicht illegaler oder legaler als wir. Es geht immer darum, wie man die Gesetze umgehen kann, um noch mehr Gewinn zu machen und noch mehr Einfluss zu bekommen." Josef drehte sich zu seinem Sohn um.
"Und es geht darum, keine Fehler zu machen, Jurij. Wenn Du Fehler machst, stirbst Du. Und mit Dir unsere Firma."
Er beugte sich über seinen jüngeren Sohn.
"Du hast bis jetzt keine Fehler gemacht, darum bekommst Du einen größeren Teil des Kuchens. Wenn Du klug bist, wirst Du so viel Geld verdienen, wie Du es Dir nie erträumen konntest. Aber Du musst zuerst investieren. In deine Kontakte, in deine Sicherheit. Du musst mit Geld und Blut bezahlen, dann kommst Du weiter. Wer Dir im Weg steht, den musst Du töten. Du musst Deine Gegner töten, hörst Du! Es macht keinen Sinn, Sie zu fangen, zu foltern und zu erpressen. Das lenkt Dich nur ab. Wenn sie für Dich arbeiten, investiere in Sie. Wenn nicht, dann schaff sie Dir für immer aus dem Weg. Dann hast Du wieder einen klaren Kopf für neue Aufgaben." Er machte eine kurze Pause und blickte seinem Sohn scharf in die Augen.
„Du musst auch Deinen Onkel, Deine Tante oder Deinen Bruder töten können, wenn es sein muss.“ Wieder legte der Pate eine kleine Pause ein.
„Oleg ist ein guter Mann, aber er ist gierig. Er investiert nicht in die richtigen Kontakte, weil er dem Geld, das er dafür aufwenden müsste, nachjammert. Wenn Oleg an deiner Seite nicht lernt, was er zu tun hat, dann wird er Bulgarien nicht mehr verlassen. Er hat drei Monate Zeit. Hast Du verstanden Jurij Josifowitsch?"
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