„Sollen wir noch einen Tag dranhängen?“ fragte Lenning.
Corinne fiel ihm sofort um den Hals. „Du hast meine innersten Gedanken erraten. Lass uns noch einen Tag oder zwei allein hier bleiben.“
Wolf meinte, er müsse erst noch telefonieren, bevor er das zusagen könnte und Corinne schaute glücklich in die Wintersonne.
Tatsächlich konnte Lenning erreichen, dass seine Sozien für ihn Termine wahrnahmen, während er noch mindestens einen Tag länger bleiben konnte. Ohnehin musste das Zimmer am Tag darauf geräumt sein, so dass auch Corinne mit süßestem Zureden nicht bewirken konnte, dass der Urlaub weiter ausgedehnt worden wäre.
Am nächsten Tag verließen die beiden mit ihren Tieren die drei Täler und fuhren nach Genf. An der Grenze gab es keinerlei Probleme. Corinne dirigierte Wolf zur Wohnung ihrer Eltern. Das Haus lag an einem Hang, der zur Seeseite hingeneigt war. Lenning fuhr auf Corinnes Empfehlung direkt vor das große Hoftor und Corinne stieg aus. Auf ihr Läuten hin, sagte sie etwas, das Lenning nicht verstehen konnte. Das Tor wurde geöffnet und Corinne stieg wieder in das Auto ein.
„Vati ist hier.“ sagte sie und war sehr aufgeregt. „Bitte reg´ ihn nicht auf, Du weißt, er ist schwer herzkrank und streng calvinistisch.“
Lenning musste lachen. „Sind beides keine guten Eigenschaften,“ schmunzelte er und streichelte beruhigend über Corinnes Wange.
Kaum war das Fahrzeug durch den parkähnlichen Garten vor das große Haus gerollt, als eine Dame, wohl nicht viel älter als Lenning selbst, deren Ähnlichkeit mit Corinne niemand entgehen konnte, ihnen entgegen kam. Wieder sprang Corinne aus dem Fahrzeug, umarmte ihre Mutter und stellte Wolf vor.
„Das ist Rechtsanwalt Wolf Lenning aus Deutschland.“
Corinnes Mutter trat auf Lenning zu und reichte ihm die Hand.
„Willkommen in Nyon!“ sagte sie auf deutsch fast ohne französischen Akzent und fuhr fort: „Sie sind es also, der uns doch einige Aufregungen in letzter Zeit bereitet hat.“
Eine ernste Kritik schwang mit, als Frau Curzon dies Lenning gegenüber sagte, dennoch schien ihre Grundstimmung Lenning gegenüber freundlich und sympathisch.
„Treten Sie näher, Herr Lenning.“
„Ah, da ist ja schon Vati.“
Corinne lief auf einen älteren grauhaarigen Herren, der von der Eingangstür der Veranda gekommen war, zu, umarmte und küsste ihn herzlich.
„Vati, ich stell Dir hier Rechtsanwalt Lenning vor.“
Herr Curzon kam auf Wolf Lenning, jedenfalls für sein Alter, schnellen Schritts zu und streckte ihm die Hand entgegen.
„Willkommen, Herr Lenning, wir haben schon einiges von ihnen gehört...“ und damit übergab er Lenning ein Thermodruckpapier, das wohl eben aus dem Fax gekommen sein musste, denn es schien noch warm zu sein.
„Lesen Sie ruhig, Herr Lenning. Der Haftbefehl gegen Sie ist aufgehoben worden.“
Lenning lachte. „Woher wissen Sie...?“
„Aber Herr Lenning! Machen Sie sich doch keine Illusionen! Die gesamte Kantonspolizei hat Sie zeitweise gesucht und schließlich habe ich von meiner Tochter erfahren, wo Sie sich befinden und was es alles auf sich hat, das heißt, die Hintergründe sind mir inzwischen ebenso bekannt und ich gehe davon aus, dass Sie mit dem Mord an Monsieur Razard nichts zu tun haben.“
„Ebenso wie meine Freunde,“ fügte Lenning hinzu.
Corinne wollte etwas sagen, wurde jedoch von ihrem Vater unterbrochen.
„Wo hast Du denn Deinen geliebten Clio gelassen, Corinne?“
Herr Curzon lachte seiner Tochter ins Gesicht.
„Der Clio,...“
„Du brauchst mir nichts erklären, Corinne,“ half ihr Herr Curzon. „Der Clio ist in Deutschland.“
„Woher weißt Du das? Das habe ich ihm nicht gesagt,“ erklärte sie zu Wolf Lenning gewandt.
„Weißt Du, mein Kind, ich habe mindestens so gute Beziehungen wie Herr Lenning und daher weiß ich, dass Herr Hayworth und Herr Bullock mit noch einem jungen Iren bis nach Baden gefahren sind.“
Jetzt war sogar Lenning am Staunen. „Monsieur Curzon, darf ich fragen, wie Sie zu dieser Erkenntnis kommen?“
„Nein,“ sagte er ganz einfach. „Kommen Sie herein, dass verspätete Mittagessen ist schon fertig. Bleiben Sie diese Nacht hier?“
Er schaute zuerst auf Lenning, dann auf Corinne. „Bevor Sie uns Corinne für kurze Zeit wieder entführen!“ ergänzte er die Einladung und Lenning meinte, er müsse zuerst noch telefonieren, bevor er eine solche großzügige Einladung annehmen könne.
Wenig später konnte er am Telefon in Erfahrung bringen, dass einige Termine ausgefallen waren, so dass er einen weiteren Tag seinem Büro fernbleiben konnte. Als er dies Herrn Curzon mitteilte, meinte der:
„Welches arme Schwein muss denn dann Ihre Arbeit daheim erledigen?“ und zu Corinne gewandt sagte er: „Es freut mich, dass Du wieder daheim bist. Es freut mich vor allen Dingen, dass Du mir Herrn Lenning vorgestellt hast.“
Wolf Lenning war ebenso überrascht wie Corinne.
„Wenn Du schon einmal Deinen Papa angelogen hast, befürchtete ich, Du würdest konsequent weiter lügen.“
Corinne wurde rot. Die Tränen standen ihr in den Augen.
„Aber Vati, wie kommst Du darauf?“
„Schon gut, schon gut mein Kleines“ und zu Lenning gewandt sagte er: „Seien Sie mir willkommen. Wer bei meiner Tochter willkommen ist, ist es auch bei mir daheim.“
Damit bot er Lenning ein Glas Cognac an und alle zogen sich in die Bibliothek zurück. Corinnes Vater erklärte Wolf Lenning, dass hinter den Kulissen eine ganze Menge in den letzten Tagen abgegangen sei. Man hatte tatsächlich zunächst einen Anfangsverdacht gegen Lenning und John Bullock gehabt, diesen jedoch nach einigen diplomatischen Verwicklungen mit den US-Bundesbehörden wieder aufgegeben. Nicht ganz unbeteiligt war daran natürlich Monsieur Curzon, der beste Beziehungen zu verschiedenen Bundesräten in Bern hatte. Schließlich ging die ganze Familie abends noch mit Lenning und Dax am Seeufer spazieren. Man unterhielt sich über alle möglichen Sachen, nur nicht mehr über das Hochaktuelle.
Als am nächsten Morgen Wolf Lenning und Corinne sich von den Eheleuten Curzon verabschiedeten, hatte Lenning das Gefühl, dass allen drei Curzons Tränen in den Augen stünden. Insbesondere Monsieur Curzon wartete nicht mehr lange am Tor, sondern ging sofort wieder ins Haus, während Corinnes Mutter den beiden noch nachsah.
Sie fuhren sehr rasch über die Autobahn nach Karlsruhe, wo Corinne in den dort abgestellten Clio umstieg. Der Abschied war herzzerreißend. Insbesondere Corinne machte einen Eindruck, als ob sie nicht mehr die lange Autofahrt bis Genf durchstehen konnte. So kam es, dass Wolf und Corinne beschlossen, noch eine Nacht dranzuhängen, da es ohnehin schon spät am Nachmittag war und man bezog ein nettes Hotel im Schwarzwald. An diesem Abend wurde nochmals Abschied gefeiert und am nächsten Morgen fuhr Corinne nach Süden, während Lenning auf das andere Rheinufer wechselte, um endlich wieder heimzukommen in die Pfalz.
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