„Gut, dann sollst Du hören, was ich mit Onkel Guy bespreche.“
„Ist er wirklich Dein Onkel?“ wollte Lenning noch wissen.
„Nein, aber ich kenne ihn schon, seit ich denken kann und für mich war er immer Onkel Guy.“
Lenning dachte eine Sekunde nach und dann begann er. Er erzählte Corinne im Großen und Ganzen seine ganze Lebensgeschichte, wobei er besonders hervorhob, wie er nach seinem Grundwehrdienst von Alfa angeworben wurde und was für eine wundersame Entwicklung seine diesbezügliche Karriere noch hatte. Corinne hatte derweil in einem der großen Sessel Platz genommen und sich zurückgelegt. Sie hielt die Augen noch weiter geschlossen, aber Lenning spürte, dass sie nicht schlief. Ab und zu unterbrach sie ihn mit einer Frage oder einer Schlussfolgerung, die sie nun selbst ziehen konnte. Schließlich stand sie auf und ging zu dem niedergebrannten Kaminfeuer. Dort angekommen suchte sie nach Brennholz. Da keines mehr vorhanden war, trat sie auf den Balkon, während ihr Dax sofort hinaus folgte. Sie brachte drei große Stücke Kaminholz mit und legte nach.
„Glaubst Du, dass die Glut ausreicht, dass das noch anbrennt?“
„Schon, dieser Kamin hat einen sehr guten Zug, warte es nur ab. Und im übrigen willst Du wieder jemand anderem ins Handwerk hineinreden!“ Sie lächelte.
Wolf blickte etwas indigniert. „Ich wollte Dir nicht reinreden.“
„Du hast mir reingeredet,“ behauptete sie und zog die Lüftung etwas auf.
Die Glut zeigte Wolf Lenning sofort, dass Corinne recht haben musste. Sie schloss nun die Glastür, so dass der Zug von unten noch stärker die Glut entfachte und schließlich schlugen tatsächlich dicke Flammen empor. Es wurde merklich wärmer im Zimmer, nachdem Corinne wieder die Balkontür geschlossen hatte. Dann zog Corinne von der Couch die Überzugdecke, die ein sehr zotteliges weiches Aussehen hatte, herunter und breitete sie vor dem Kamin aus. Augenblicklich ließ sich Dax darauf nieder.
„Halt, das ist doch nicht für Dich,“ rief Corinne, aber es gelang ihr nur, Dax etwas zur Seite zu schieben.
Dax begann behaglich, erst seinen Hintern und dann seine Pfoten zu lecken. Corinne blickte zu Lenning fragend hin, der in einem Sessel Platz genommen hatte.
„Dein Hund lässt Dich nicht zu mir. Erzähl´ weiter.“
Lenning setzte die Erzählung vom Sessel aus fort, als plötzlich Mimi aus dem Schlafzimmer kam. Sie ging schnurstracks zum Bad. Im Bad, das hatte Lenning schon bemerkt, befand sich das Katzenklo und Mimi fühlte wohl, dass es notwendig war, sich dort hinzubegeben. Dax hatte auch Mimi wahrgenommen und sich langsam erhoben. Er war nicht mehr der Jüngste und schließlich gehörte die Katze zum Haus und konnte ihm gar nicht entwischen. So jedenfalls musste Dax gedacht haben, als er ins Bad trottete. Kurz darauf hörte man, dass er Wasser schlabberte.
„Hast Du Mimi draußen ein Wasser hingestellt?“ wollte Lenning wissen.
„Natürlich. Die Tiere brauchen doch bei dieser Raumtemperatur und der geringen Luftfeuchtigkeit ständig Wasser.“
Lenning war erstaunt, dass kein Ton mehr aus dem Bad kamen. Und als er plötzlich sehr schmatzende Geräusche vernahm, begab er sich vorsichtig hin, um durch die Badezimmertür zu spähen: Tatsächlich, dort lagen Hund und Katze auf dem Badvorleger und Dax schleckte genüsslich über den Katzenpo. Wolf deutete Corinne stumm an, zu kommen und als sie die beiden beobachtet hatten, legte Corinne sanft den Arm um Lennings Hals und schob ihn in Richtung Kamin.
„Willst Du Dich nicht zu mir an den Kamin legen?“ fragte sie.
„Soll ich Dir auch den Hintern lecken?“ fragte Lenning amüsiert und Corinne verstand den Witz.
„Wenn Du willst, er ist aber ganz frisch gewaschen.“
Die beiden lagen eine Zeit lang still ganz eng nebeneinander auf der flauschigen Decke vor dem Kamin und schauten in die Flammen.
„Bist Du fertig mit dem Erzählen?“ fragte Corinne.
„Eigentlich ja, Du weißt ja jetzt alles.“
„Fast alles,“ sagte Corinne. „Aber ich habe das Gefühl, alles zu wissen, was notwendig ist. Ich glaube Dir...“
Sie schauten sich in die Augen.
„Ja, Du kannst mir auch glauben,“ meinte Wolf. „Warum sollte ich Dich anlügen.“
„Ich weiß, dass Du mich nicht anlügst“, erklärte Corinne.
Und danach betrachteten sie sich gegenseitig.
„Du trägst heute Abend ein wunderschönes Kleid,“ begann Wolf und Corinne machte eine Handbewegung, als ob sie abwinken wollte.
„Das hab ich nur deinetwegen angezogen.“
„Warum?“ fragte Wolf ungläubig.
„Weil ich gespürt habe, dass es Dir gefallen würde.“
„Wie kannst Du das spüren, bevor ich es sehe?“ Wolf betrachtete sie neugierig.
„Weißt Du, ich habe die ganze Zeit mehr gespürt als gewusst. Schon als Du dort in Razards Büro kamst.“
„Was hast Du da gespürt?“ Lenning wurde neugierig.
„Ich habe gespürt, wie gefährlich Du mir wirst,“ gestand Corinne und sie lächelte nicht.
„Corinne, eine Frau mit Gespür,“ erwiderte Lenning etwas ironisch, aber Corinne verstand es keineswegs ironisch.
„Ja, ich habe wirklich ein sehr feines Gespür. Das kannst Du mir glauben.“
„Nun, was sagt Dir Dein Gespür noch? Erzähl Du über Dich!“
Corinne glaubte, bei ihr gäbe es nicht so viel zu erzählen. Sie war das Kind aus zweiter Ehe eines schweizerischen Privatbankiers und sozusagen das Nesthäkchen. Ihr Mutter war sehr musisch begabt und so vollzog sich die Ausbildung des Töchterchens, das von allen behütet und umsorgt aufwuchs, zunächst daheim unterrichtet wurde und später eine Privatschule besuchte. Das Universitätsstudium absolvierte sie teilweise an einer amerikanischen Eliteuniversität, teilweise in Frankreich, Deutschland und der Schweiz. Aufgrund von sehr guten Beziehungen trat sie sofort nach dem Studium in die Genfer Justiz ein und hatte dort von Anfang an gewisse Probleme, da sie keine richtigen Erfahrungen in der Mitarbeiterführung mitbrachte. Schließlich kam dieser für sie doch sehr aufregende 9. Januar, der ihr Leben entscheidend beeinflussen sollte. Wolf strich ihr über die Haare.
„Du hast wunderschöne Haare.“
„Du weißt genau, dass die Locken nicht echt sind.“
„Dennoch sind Deine Haare wunderschön. Auch die Locken, die Du gedreht hast.“
Corinne schmunzelte jetzt doch. „Das sind eigentlich keine Locken, das sind Wellen.“ verbesserte sie ihn
Corinne schaute wieder zu Wolf. Wolf und Corinne lagen jetzt Gesicht an Gesicht, jeweils auf einen Ellbogen aufgestützt und betrachteten sich gegenseitig. Wolf hatte schon vorhin die Anzugjacke abgelegt und sein weißes Hemd stand in einem eklatanten Kontrast zum schwarzen Kleid Corinnes. Während beide sich wieder zärtlich umarmten, kamen sie in eine kniende Stellung.
„Kniest Du vor mir, Wolf, oder knie ich vor Dir?“ fragte Corinne und Wolf lachte.
„Ist das nicht egal. Wir knien eben voreinander.“
Sie umarmten sich wieder und während dieser Umarmung kamen Wolfs Finger im Nacken von Corinne auf den Reißverschluss, den er ganz langsam nach unten zog. Er zog den Reißverschluss tiefer und tiefer und war selbst erstaunt, dass es gar kein Ende gab.
Wolfs Hand hatte fast das Ende des Reißverschlusses erreicht, als er das Gefühl bekam, fast stranguliert zu werden:
Corinne hatte nämlich damit begonnen, Lennings Krawattenknoten zu lockern und tat das in der ihr eigenen „kraftvollen Weise“. Vielleicht hatte sie auch zwischendrin die falsche Richtung beim Aufziehen des Knotens gewählt, jedenfalls war zunächst Wolfs Tatendrang stark gebremst. Zwar verharrte seine rechte Hand noch dort, wo der Reißverschluss geendet hatte, doch mit der linken fasste er sich unwillkürlich in den vorderen Teil des Kragens, um Luft zu bekommen. Als er Corinnes Lächeln erblickte, vergaß er fast, dass ihm beinahe die Luft ausgegangen war und streichelte ihr mit der linken Hand über die schönen Wangen, während er mit der rechten dort, wo der Reißverschluss geendet hatte, in das Kleidungsstück eindrang und die dort befindlichen nicht minderschönen Backen drückte. Er wollte etwas sagen, doch Corinne legte ihm den Finger auf den Mund.
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