Langsam packte mich die Faszination der Dinge, die ich über mich herausfand und die ich ohne große Mühe ändern konnte! Langsam wurde ich ruhiger und zufriedener und schrieb auf alles, was mir einfiel, ein neues Märchen. Wunderbare Erkenntnisse taten sich mir auf und das Schönste war: eigentlich brauchte ich alle diese Dinge gar nicht nachzulesen - ich fand sie ja in mir! Das einzige, was ich tun musste, war, sie als Märchen aufschreiben. Mir stellte sich natürlich die Frage, warum gerade als Märchen und nicht als perfekte Lösung in klaren Worten. Nun, es scheint mir einleuchtend, dass ich mir die perfekte Lösung nicht geglaubt hätte.
Hätte ich niedergeschrieben: Gudrun, du musst das Essen gehen einschränken und kaufe dir doch endlich mal nicht ganz so teure Pullover und hör auf, am Wochenende mal eben nach Dänemark zu fahren - ich hätte mich strikt geweigert, das anzunehmen, denn ich hätte das Gefühl gehabt, mich selbst in meiner Freiheit zu berauben. Und das war nun überhaupt nicht das, was ich eigentlich wollte. Dadurch, dass die Märchen mir auf liebevolle Art und Weise zu verstehen gaben, dass es so nicht weiter geht und mir auch noch eine wunderbare Lösung boten, fiel es mir wesentlich leichter, mein wahres Problem zu erkennen, anzunehmen und es zu ändern!
Wochen später wagte ich mich zum ersten Mal an Krankheiten heran. Ich war gespannt, welche Patentlösung mir die Märchen dafür liefern würden. Wie würden die Märchen ausdrücken, dass ich ein Medikament nehmen sollte? Oder würden sie mir raten, zum Arzt zu gehen? Ich war gespannt. Und das erste, an das ich mich heranwagte, war mein Druck auf den Augen, mit dem ich ständig zu tun hatte. Ich dachte, dass das wohl mit das leichteste wäre und schrieb das Märchen vom „Geheimnis des verbotenen Zimmers“.
Mehrere Mal las ich das Märchen und verstand wieder einmal kein Wort. Was, um alles in der Welt, sollte dieses geheime Zimmer mit meinem Druck auf den Augen zu tun haben? Ich ließ es auf meinem Schreibtisch ruhen, las es noch einige Male durch und hoffte auf die große Erleuchtung, die sich hoffentlich bald einstellen würde.
Ich hatte inzwischen viele weitere Bücher über Esoterik gelesen und machte mich mit dem Gedanken vertraut, das viele Krankheiten psychosomatisch bedingt waren. Das hieß, dass allen Krankheiten eine negative Gedankenstruktur zugrunde lag und erst die andauernde Negativität zur Krankheit führte. Wenn das stimmte, dann hatte ich aufgrund meiner erheblichen Erkrankungen noch eine Menge auf-zuarbeiten! Aber bevor ich daran ging, wollte ich erst einmal dieses Märchen für mich klären. Ich wusste also durch das hervorragende Buch „Krankheit als Weg“ von Thorwald Dethelfsen, das Augen etwas mit sehen zu tun hatten. Etwas nicht sehen wollen, nicht einsichtig sein. Gut, ich war weitsichtig und es traf zu, dass ich mit meinen Gedanken mehr in der Zukunft als in der Gegenwart war, aber das löste nicht meinen Druck auf den Augen. Als mir wochenlang dann nichts weiter zu diesem Thema einfiel, machte ich endlich eine Selbstanalyse dieses Märchens.
Da gab es also ein geheimes Zimmer, in das nur Eingeweihte durften, um dort mit den Zaubergegenständen umzugehen. Der Engel, um den es hier geht, trug den Schlüssel, der die Tür öffnen konnte immer bei sich, weil er der Wärter für dieses Zimmer war. Der Engel war neugierig, traute sich aber zunächst nicht, das verbotene Zimmer zu betreten und kämpfte mit sich, was er tun sollte. Als die Neugier dann gesiegt hatte, konnte er zunächst in dem Raum nichts sehen. Dann entdeckte er eine goldene Statue unter einem Wasserfall, einen Tisch auf dem Karten ausgebreitet waren, eine Glaskugel und ein Gerät, mit dem man in die Sterne schauen konnte. Als der Engel sich dann noch auf den magischen Thron setzte, bekam er den Zauberstab und eine Weltkugel in die Hand und tankte Lebensenergie. Und die Krönung des Ganzen war, dass er für sein Tun nicht bestraft wurde, sondern befördert, weil er den Mut hatte, dem Geheimnis des Lebens auf die Spur zu kommen.
Als ich mir über den Verstand klar gemacht hatte, was der Engel da tut, sah ich plötzlich wieder klar. Und das können sie diesmal sogar wörtlich nehmen! Was hatte ich gemacht? Ich beschäftigte mich nun schon eine Weile mit Esoterik und allem was dazu gehört. Etwas Astrologie, ein bisschen Tarot, manchmal eine Meditation. Alles das tauchte auch in dem Märchen auf!
Das Gerät, mit dem man in die Sterne schauen konnte war die Astrologie, der Tisch auf dem die Karten ausgebreitet lagen, der Thron, auf dem ich in Meditation wieder Lebensenergie tanken konnte. Aber was hatte ich gedacht? Ich hatte gedacht, dass sind verbotene Dinge. Ich dachte, nur Meister oder indischen Yogis war es vorbehalten, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen. Ich dachte, ich sei unnormal, weil meine Umwelt sich nicht mit solchen Dingen beschäftigte, sich also nicht mit sich selbst auseinandersetze. Und ich selbst hatte mir unbewusst verboten, von solchen Dingen mehr zu erfahren. Ich selbst hatte mir verboten, dass es mir gut gehen könnte. Und dabei hatte ich doch schon die ganze Zeit den Zauberschlüssel in der Hand! Ich brauchte ihn nur zu benutzen. Ich brauchte mir nur all diese Dinge zu erlauben und dann würde es mir besser gehen.
Es konnte niemanden geben, der mich dafür bestraft, außer ich tat es selber! Und wenn meine Umwelt mit diesen Dingen nicht klar kam, so sollte das doch wohl nicht mein Problem sein. Wenn die weiterhin leiden wollten - bitte, dann sollten sie das tun, aber mich bitte aus diesem Spiel herauslassen.
Ich freute mich über diese Erkenntnis genauso wie der Engel in dem Märchen, denn jetzt fühlte ich mich reif für mich. Und wissen sie, was das Schönste war? Seit dieser Erkenntnis ist der Druck auf den Augen vollkommen verschwunden und seitdem nie wieder aufgetaucht!
Es kam für mich eine Zeit, in der ich wie eine Besessene Märchen schrieb. Kein Fernsehen, kein Kino, keine Disko. Für mich war Märchen-stunde - und das jeden Abend nach Feierabend. Systematisch ging ich mein Leben durch und löste ein Problem nach dem nächsten in Luft auf.
So vergingen die Wochen und ich fand immer mehr zu mir, wurde ruhiger, gelassener, ausgeglichener, zufriedener. Auch meine Umwelt bemerkte dies und machte mich darauf aufmerksam. Aber ich erzählte niemandem, woran es lag, denn ganz sicher war ich mir immer noch nicht, dass diese selbstgeschriebenen Märchen eine derartige Wirkung auf meine Psyche haben sollten. Mir ging es gut und das war für mich das Wichtigste. Ich hatte mich in der Zwischenzeit auf viele Fragen, die mein Leben betrafen konzentriert. Aber das an dieser Stelle zu Papier zu bringen, würde den Rahmen dieses Buches sicherlich bei weitem sprengen.
Eines Tages wollte ich dann das Problem meines rechten Fußgelenks lösen. Seit weit über 15 Jahren konnte ich zwar normal gehen, aber immer, wenn ich laufen wollte, knickte mein rechter Knöchel unter Schmerzen ein. Auch knackte es in dem Gelenk sehr häufig, wenn ich den Fuß drehte und ich hatte häufig das Gefühl, einen gewissen Druck auf dem Gelenk zu haben. Zwischenzeitlich hatte ich ein Märchen-seminar besucht, das mir weiter half. Meine Fragetechnik wurde dadurch wesentlich präziser und so formulierte ich folgende Frage: „Was ist die Ursache für das Knacken und die Schmerzen in meinem rechten Fuß und was kann ich tun, damit es aufhört?“ Und ich schrieb das Märchen: „Der Clown und das Glücksschwein“.
Ich ließ den Schreiber sinken, las das Märchen noch einmal durch und schmiss es dann in die Ecke. Was sollte denn das nun wieder? Nicht ein einziger Hinweis auf meinen Fuß! Und ich dachte wieder einmal, dass Märchen schreiben sinnlos ist - aber es hatte doch in so vielen Fällen wirklich geholfen. Ich las es noch einmal und in den nächsten Tagen immer und immer wieder.
Ich wollte den „Knackpunkt“ finden. Aber ich fand ihn nicht. O.k., lachen. Sicher, es gab Zeiten in meinem Leben, da habe ich nicht gelacht, war nicht fröhlich - aber das konnte ja wohl unmöglich etwas mit meinem Fuß zu tun haben. Sollte sich tatsächlich eine anhaltende Traurigkeit bei mir im Fuß manifestiert haben? Nein, das war nun wirklich zu unwahrscheinlich, als das ich das jemals geglaubt hätte. Ich legte das Märchen zu meinen vielen anderen Märchen in den Aktenordner und vergaß es.
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