Christian Bernàrd
Anna Mona
und der kosmische Prinz
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Inhaltsverzeichnis
Titel Christian Bernàrd Anna Mona und der kosmische Prinz Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog
Tag 1
Tag 2
Tag 3
Tag 4
Tag 5
Tag 6
Tag 7
Anhang mit Erläuterungen
Impressum neobooks
Das Pferd war schweißnass, auch sein Reiter war erschöpft. Er trug ein graues Wams aus Filz und die wollenen Hosen eines Bauern, aber hatte feste Stiefel und ein schnelles Pferd. Die Tarnung schützte ihn gegen die Herbstwinde im Jahr 1147 und verbarg zwei rot-weiß gewürfelte, schräge Balken auf lichtblauem Grund. Das Wappen Roger II., König von Sizilien, Herzog von Neapel.
Nur Aufträge von höchster Bedeutung erteilte der Normanne Boten persönlich. Mitten in der Nacht hatte er ihn rufen lassen und befahl ihn zum Eingang seines Harems. Der König gab ihm keine schriftliche Botschaft, aber schickte ihn sofort los, wie auf eine Eingebung oder dramatische Wendung hin.
Was war er in den letzten Jahren unterwegs gewesen und beileibe nicht als einziger. In vielen Ländern saßen sie im Sattel, meist rund um das Mittelmeer. Bis nach Arabien hatte ihn das geführt und zu den nordafrikanischen Besitzungen, ‚König von Afrika’ nannte sich sein Herrscher seit der Eroberung von Tunis. Es waren wirtschaftliche Botschaften, so zum Aufbau der Handelsmarine. Aber auch militärische und politische, Anweisungen für die Verwaltung von Calabrien, oder die apulischen Häfen zu den bewaffneten Pilgerfahrten nach Jerusalem.
Er selbst konnte ein wenig lesen, aber nicht schreiben. Ein paarmal hatte er Schreibern zugesehen und es gar nicht erst versucht. Ihm reichte es, sich die Gegenden durch die er kam einzuprägen und sich mit wenigen Brocken verständlich zu machen. Ein Fremder der nur radebrechte, fiel weniger auf. Sein König hingegen hieß es, beherrsche Griechisch und Arabisch und besitze sogar eine Karte der Welt aus Silber.
Wahrscheinlich ging es diesmal wieder um Rom, wegen der Päpste lag sein Herr ständig im Streit. Einen Gegenpapst hatte er unterstützt, sogar den vom Kaiser anerkannten Papst gefangen genommen, um seine Ansprüche durchzusetzen. Doch dessen Nachfolger hatte das Bündnis mit Sizilien wieder gelöst. Dem nächsten Bischof von Rom zwang Roger II. wieder mit Waffengewalt seine Bedingungen auf. Dieses hin und her bei den Päpsten schien sich fortzusetzen, der jetzige war nicht einmal Bischof oder Kardinal gewesen und musste schon mehrmals aus Rom fliehen.
Nach Norden hatte der König ihn diesmal geschickt. Nach Brauweiler sollte er reiten, im Kloster eine Botschaft in Empfang nehmen und bringen, wohin immer der Abt befahl. Nach drei Monaten im Sattel angekommen, war er erstaunt als er erfuhr, wofür er so lange geritten war. Nur, um eine Kirchenangelegenheit des jungen Klosters drei Tagesritte weit ins Westfälische zu bringen?
Er hatte weitaus gefährlichere Aufgaben gemeistert, war tief durch Feindesland geritten, hatte Wind und Wetter, Räubern und Wegelagerern getrotzt. Für einen wie ihn, der die Sanddünen der Wüsten kannte und meterhohe Schneeverwehungen, der mit Glück und Geschick Geröllabgänge gemeistert hatte, auch vom Schmelzwasser hinweggerissene Brücken und Fähren, war dieser Ritt keine große Herausforderung.
Aber auch die wollte bewältigt sein und das konnte er nur, weil ihm das Nachrichtennetz des Königs zur Verfügung stand. Mittelsmänner wussten, wo er am nächsten Abend die Pferde wechseln konnte und das neueste über Weg und Steg. Zwar nutzte er die Hauptstraßen Via Imperii und Via Regia, doch sein Herr hatte ihn angewiesen, nördlich der Alpen alle Städte zu meiden. So musste er einen Bogen machen um Innsbruck, Augsburg, Nürnberg, Hof, Zwickau, Leipzig und Frankfurt. Wobei ihn die Umgehung von Köln am meisten ärgerte, denn dort sollte es schon vierzig mal tausend Einwohner geben und eine so große Stadt hatte er nördlich der Alpen noch nicht gesehen.
Vor Ort erfuhr er auch, wo Wildschweine aus dem Dickicht brachen, welche Ecken er vor Einbruch der Dunkelheit passiert haben sollte, wie man den nächsten Fluss am besten überquerte, in welchem Zustand die Furten waren und welche Herbergen als leidlich sicher galten. So verlor er keine Zeit mit Suchen, konnte an guten Tagen sieben Stunden im Sattel sein.
Dennoch hatte er Sorgen, der Auftrag war nicht nur seltsam, er stand auch unter keinem guten Stern. Vor zwei Tagen hatte Abt Amilius im Kreuzgang des Klosters von Brauweiler ihm die Botschaft übergeben, für die er so weit herbeigeeilt war. Just als er damit nach draußen trat, verdunkelte sich die Sonne, umkreiste sie ein vielfarbiger Kranz. Von solch einer Sonnenfinsternis hatte er in Afrika unheilvoll reden hören, nun hatte er sie selbst erlebt, dazu noch an einem Sonntag. Der Abt war gleich zum Gebet geeilt damit dies kein schlechtes Zeichen sei für die neue Abteikirche. Gerade das Langschiff, dessen Pfeiler bereits in den Himmel ragten, war für die Bauleute gefahrvoll und eine große Herausforderung.
Zudem schien sein Auftrag verraten worden zu sein. Am letzten Treffpunkt hatte er den Gewährsmann tot aufgefunden, mit einem Messer im Rücken und keine Pferde. Wahrscheinlich ein persönlicher Händel oder ein Raub, doch das ließ ihn noch vorsichtiger werden. Er fühlte sich beobachtet und verfolgt. Trotz des müden Pferdes war er den ganzen Tag geritten und hatte darüber nachgedacht, was wohl das Beste sei.
Nun zogen dunkle Wolken auf. Er wollte versuchen, das geheime Schreiben an einem ruhigen Ort zu entziffern. Danach würde er es verstecken, für den Fall einer Durchsuchung in Gefangenschaft. Da tauchte zwischen den Feldern ein Kirchlein auf, allein gelegen im Abendlicht bis auf einen Hof in der Nähe.
Als er im Dunklen die Kapelle mit der flachen Balkendecke verließ, war das Wetter umgeschlagen, Regen peitschte ihm ins Gesicht. Er würde zum Hof nebenan gehen und um Unterkunft bitten und das Schreiben am nächsten Tag zum Bestimmungsort bringen. Danach sollte ihn nichts daran hindern, schnell zurückzukehren über die Alpen, bevor der Winter einbrach.
Er band sein Pferd los vom Baum. Ein gewaltiger Blitz ließ ihn zusammenzucken, die Riemen des nassen Zaumzeugs rutschten ihm durch die Hand. Krachend entlud sich der nahe Donner, der Hengst bäumte sich auf.
‚Das ist der Gottseibeiuns’, durchfuhr es ihn. Das Pferd ging vorne hoch und tänzelte auf den Hinterbeinen, der Reiter geriet vor das Tier. Als er seinen Fehler bemerkte, war es zu spät. Tödlich traf ihn ein Huf an der Schläfe.
Tag 1
An dem Anna Mona die alte Weisheit ‚Andere Länder, andere Sitten’ am eigenen Leib erfährt.
Heute war es soweit. Anna Mona durfte sich endlich die Fingernägel lackieren, denn so war die Abmachung mit ihrer Maa.
„Mit 14 kannst du dir offiziell die Nägel machen“, hatte ihre Mutter das Ergebnis zusammengefasst, „aber nur in den Ferien. Mit 15 von mir aus das ganze Jahr und mit 16 darfst du dich schminken und die Lippen anmalen.“
In der ersten Woche der Sommerferien war sie bei Oma gewesen und hatte den Nagellack lieber zu Hause gelassen. Aber jetzt fühlte sich wieder ein bisschen mehr erwachsen. So, mit der linken Hand war sie fertig, die Nägel waren knallrot, Zeit für eine Pause. Noch einmal pusten, das Gläschen zugedreht und bloß nicht umschmeißen, das gäbe eine Riesensauerei.
Sie hob den Blick vom Schreibtisch und schaute zum Fenster hinaus. In dieser Nacht regnete es Sternschnuppen, angeblich mehr als hundert in der Stunde. Was sollte sie sich denn wünschen? Zunächst einen süßen Freund. Gut aussehen musste er und treu sein, dazu nicht einer von der schlichten Sorte. Und sportlich, denn Anna Mona war Leichtathletin und wollte Siebenkämpferin werden. In den Ferien war Trainingspause, aber danach sollten sie einen neuen Trainer bekommen. Hoffentlich keinen scharfen Hund, denn im Speerwurf tat sie sich noch schwer.
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