Sie streckte sich auf ihrem Stuhl, weil sie bei aller Aufregung müde wurde. Aber eines wollte sie noch wissen.
„Dann erklär mir doch mal, warum du mich gesucht hast.“
Sie nahm die Hand vor den Mund, denn sie musste gähnen.
„Weil du auserwählt bist, in einem interstellaren Konflikt zu vermitteln.“
Sie verschluckte sich beim Gähnen und musste husten.
„Schon klar“, brachte sie mühsam heraus, „mache ich mindestens einmal die Woche. Und dafür strandest du ausgerechnet in unserer Besenkammer, das ist ja nun mal gar keine Empfehlung. Könige schweben ein und Prinzen reiten weiße Schimmel, aber das war doch wohl eine Bruchlandung.“
„Leider hast du Recht, bei unserer Landung ist wohl etwas kaputt gegangen.“
„Sag bloß, du hast unsere Waschmaschine geschrottet?“
„Nein nein, nur leider sind wir auf eurem Saugroboter gelandet.“
„Du hast den Roboprop demoliert? Den hat Maa bei einem Preisausschreiben gewonnen und auch wenn er mittlerweile etwas älter ist, ist das noch lange kein Grund ...“
Er hob beschwichtigend die Hände.
„Schon gut, schon gut, wir entschuldigen uns und werden ihn reparieren.“
„Reparieren, wie willst du das denn machen?“
„Du wirst schon sehen. Kein Wunder, das muss für dich alles unglaubwürdig klingen, aber wir können es erklären. Was hältst du davon, wenn wir morgen weitermachen?“
Anna Mona erschrak.
„Morgen weitermachen? Was ist denn mit Übernachtung?“
„Gern, wir sind zwar Gästehäuser der Regierungen gewöhnt, können uns notfalls jedoch einschränken und es ist bei euch“, er schaute um sich, „ja auch ganz nett. Na ja, für eine Nacht wird es schon gehen.“
Anna Mona sprang auf.
„Wovon träumst du nachts? Auf keinen Fall schläfst du hier, bist du übergeschnappt? Was meinst du, was meine Maa sagt, wenn die nach Hause kommt und ein fremder Junge schläft in unserer Wohnung?“
Sie war ziemlich durcheinander.
‚Richtig einschätzen kann ich diesen angeblichen Prinzen immer noch nicht. Vielleicht bin ich morgen schlauer und kriege heraus, wo der wirklich herkommt und was er von mir will. Schließlich habe ich Zeit, es sind ja Ferien. In einem interstellaren Konflikt vermitteln, geht’s bitte schön nicht eine Nummer kleiner?’
Da kam ihr eine Idee.
„Ich weiß wo du schläfst.“
Als sie ein paar Minuten später das ehemalige Bergmannshaus verließen, warf sie einen Blick auf das Türschloss. Das war in Ordnung. Außerdem humpelte er nicht mehr.
„Wo bringst du uns denn hin?“, wollte er wissen.
„Das ist eine Überraschung. Aber du musst nicht durch den Schornstein rein rauschen und zu demolieren gibt es da auch nicht viel.
Unter einem leuchtenden Sternenhimmel gingen sie durch die Siedlung. Sternschnuppen kreuzten ihren Weg und sie musste daran denken wie alles angefangen hatte. Und das erst vor einer guten Stunde. Er deutete nach oben.
„Weißt du, dass die Milchstraße eine Spiralgalaxie ist?“
„Nö“, sagt sie spröde. Denn sie stellte sich gerade Maas Gesicht vor bei der Geschichte, wie sie nachts um 3 Uhr mit einem wildfremden Jungen durch die Siedlung spaziert war.
„Aber, dass dieser wunderbare Sternenhaufen zum Superhaufen Laniakea gehört, das weißt du schon?“, versuchte er es tapfer weiter.
„Nö.“
Er gab nicht auf und wechselte das Thema.
„Wie groß ist eigentlich deine Familie?“
Sie tat, als hätte sie die Frage überhört. Als Anna Mona zwei Jahre alt war, hatte ihre Mutter den Erzeuger vor die Tür gesetzt. Sie hätte gern mehr erfahren, aber Maa ließ sich nach dem Geständnis, wie sie zu ihrem Töchterchen gekommen war, nur noch wenig entlocken. Nur, dass sie ihr Studium abbrach, weil sie arbeiten gehen musste. Und dass Anna Mona ihre Vorliebe für Reggae wohl von ihrem Vater habe. Und die für scharfes Essen auch.
Er ließ nicht locker.
„Sag mal, ist die linke deine Kampfhand?“
„Wie bitte?“, fragte sie überrascht und zog beide Hände aus den Hosentaschen.
„Hah“, staunte sie kurzem Nachdenken belustigt, „du kommst vielleicht auf Ideen.“
Sie erklärte ihm die Sache mit dem Nagellack. Mit der nächsten Frage hatte er mehr Glück.
„Sag mal, wo sind wir hier eigentlich? Ich hatte gar keine Zeit mich zu orientieren. Ich weiß nur, dass man diese Gesteinsplatte Europa nennt.“
„Gesteinsplatte ist schon die halbe Miete. Das Land hier heißt Deutschland und diese Gegend heißt Ruhrgebiet.“
Er schaute auf Lessy und wurde blass.
„Sag bloß, hier haben alle Durchfall?“
Sie brauchte einen Moment, bis sie verstand, dass er Lessy als Wörterbuch ‚terrestrisch - was weiß ich’ benutzte. Da war wohl nicht jeder schnelle Blick ein Treffer.
„Es geht nicht um die Krankheit, die Ruhr ist ein Fluss, der hat dieser Gegend ihren Namen gegeben. Das war hier früher mal ein einziges Industriegebiet, aber lange vor meiner Zeit. Ich bringe dich zu einem, der kann dir das alles viel besser erklären. Du hast übrigens Glück, dass du hier gelandet bist. Wir sind nämlich sehr tolerant gegenüber Zugereisten, nur wenn sie unangemeldet vom Himmel fallen sind wir manchmal etwas überfordert.“
Kurz vor ihrem Ziel hatte sie ihn überzeugt, den Pluralis Dingsbums, „aus Gründen der Tarnung“, wie sie es nannte, besser für eine Zeit zu vergessen und das Ohrenreiben auch, denn das sei missverständlich. So langsam glaubte sie zu wissen, wie sie ihn nehmen wusste. Beim Abschied stach sie der Hafer.
„Wir haben übrigens ein ähnliches Begrüßungsritual wie du mit deinem Ohrenreiben. Wir auf der Erde lachen, wenn wir einen sympathischen Menschen kennenlernen.“
„Oh, das ist interessant“, meinte er und verzog keine Miene.
‚Der glaubt mir wirklich’, dachte sie. Ihr schwante: ‚Was ich bisher gehört habe, das war wohl noch nicht alles.’
Auf dem Nachhauseweg ging Anna Mona schneller. Sie wollte so rasch wie möglich runter von der nächtlichen Straße. Wie sollte sie ihn morgen anreden, er wollte seinen Namen ja partout nicht verraten? Beim Gedanken ihn ‚Ey, du da’ zu nennen, musste sie kichern.
‚Wie wäre es denn mit ‚Oops’, schließlich ist er ja quasi bei uns reingestolpert?’
Aber das war ihm bestimmt nicht seriös genug. ‚Euer Hoheit’ war zu albern, außerdem sollte der sich bloß nicht einbilden, dass sie ihm gleich alles abkaufte. Aber bis morgen würde ihr schon noch etwas einfallen. Und sie musste sich überlegen, mit wem sie reden konnte. Über das vollbesetzte Sofa und die Sache mit den Ohrläppchen.
hi maja bidunowa
Hallo Maja, bist du noch wach?
summ summ nightgirl
Ja.
holy days?
Habt ihr schon Ferien?
Asu2
Wie bei euch.
?
Und?
nada asu2?
Es ist nichts los. Und bei dir?
EDV
Du wirst es nicht glauben.
?
Und?
TIM …
Heute habe ich ... getroffen.
AIUI BF
Verstehe ich das richtig, einen Jungen?
ACK
Ja.
FFS lol
Um Himmels willen. Lächel.
GiE
Ganz im Ernst.
OMG
Oh mein Gott. Du bist verknallt.
Dubido non O4U
Du bist doof. Falls es unter uns bleibt, erzähl ich’s dir.
Ok FW
Versprochen. Wo kommt er her?
GDK MB BBL UC
Das weiß nur Gott. Vielleicht bin ich eine Weile weg. Verstehst du?
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