Lyn Baker
Kornblumenblau
Kate & Nathan
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Lyn Baker Kornblumenblau Kate & Nathan Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Der gut aussehende Neue
2. Ein Zaun, der für Ärger sorgt
3. Ein Sturm mit Überraschungen
4. Unterbrechungen
5. Wer ist Erik?
6. Ein Schrecken jagt den nächsten
7. Aussprache
8. Die Sonnenwende
9. Das Chaos bricht aus
10. Funkstille
11. Das Geheimnis
12. Getrennte Wege
13. Ein Deal mit Folgen
14. Lüge oder Wahrheit?
15. Belastendes Material
Ein Jahr später...
Danksagung
Impressum neobooks
1. Der gut aussehende Neue
Das stetige Brummen des Motors dröhnte unangenehm in Nathans Ohren. Müde lehnte er sich gegen die kühle Scheibe des Greyhound-Buses und schloss die Augen. Kalter Schweiß glitzerte auf seiner Stirn und lief in kleinen Tropfen seine blassen Wangen herunter.
Der penetrante Geruch von Diesel, gemischt mit den Ausdünstungen zu vieler Menschen, bereitete ihm Übelkeit. Die heiße, stickige Luft wurde von den kleinen Gebläsen über ihm aufgewirbelt, brachten aber keine Abkühlung.
Nach einem kurzen Blick auf seine Uhr stellte er fest, dass er mindestens noch drei Stunden unterwegs sein würde, bis er endlich an seinem Ziel angekommen war. Wieso er auf die Idee gekommen war, mit dem Bus zu fahren und sich nicht einfach einen Mietwagen zu nehmen, war ihm mittlerweile ein Rätsel.
Er seufzte und fuhr sich durch die nassen, braunen Haare, bevor er sich die Kapuze seines grauen, abgetragenen Sweaters wieder tief ins Gesicht zog.
Er hatte keine Lust erkannt und mit aufdringlichen Fragen gelöchert zu werden. Normalerweise genoss er es in Aufmerksamkeit zu baden, vor allem, wenn es Fans der Chicago Heats waren, aber seit dem Vorfall war er froh, wenn ihn niemand ansprach oder auch nur ansah. Niemanden ging es etwas an, was er hier machte und wohin er fuhr und er war dankbar, dass er seine Spur verwischen konnte.
Mit leerem Blick sah er aus dem Fenster und beobachtete die Landschaft, die in rasendem Tempo an ihm vorbeizog, als ihm das Gespräch mit seinem Freund und Anwalt Paul Filmore wieder einfiel.
Paul hatte vorgeschlagen, er solle sich in eine Kurklinik einweisen lassen, um sich eine Auszeit zu nehmen, bis sich die Wogen wieder geglättet hätten. Aber Nathan hatte das nur mit einem Augenrollen abgetan. Als wäre er der Typ, der sich in so einer schicken Klinik wohlfühlen würde. Schließlich hatten sie sich auf's Übelste gestritten und Nathan war irgendwann einfach wortlos aus seinem Büro gestapft.
Mittlerweile tat ihm sein Verhalten leid, denn er wusste, dass Paul es nur gut gemeint hatte und weiteres Interesse an seiner Person vorbeugen wollte. Irgendwann hatten sie sich dann geeinigt, dass er sich auf eine Ranch in Colorado zurückzog, wo seine Tante Beth arbeitete. Die neue Besitzerin dort brauchte dringend Unterstützung und die körperliche Arbeit, die ihn erwarteten würde, war genau das Richtige für ihn.
Sie lag mitten im Nirgendwo und die Chance, dass man ihn dort fand, war sehr gering. Die Bewohner der Gegend waren ihren Einwohnern gegenüber immer sehr loyal, also ging er davon aus, dass niemand der Presse etwas verraten würde.
Holpernd kam der silbern glänzende Bus in New Haven endlich zum Stehen. Nach einer schier endlosen Fahrt stieg Nathan erleichtert aus dem stickigen Fahrzeug ins Freie und streckte ausgiebig seine tauben Glieder.
Die Sonne näherte sich bereits dem Horizont und tauchte das kleine Städtchen in einen zarten, goldenen Schimmer.
Sofort fühlte er sich wieder wie zu Hause. Immerhin war das jenes Städtchen, in dem er aufgewachsen war. Ein Lächeln bildete sich auf seinen vollen Lippen. Schwungvoll schnappte er sich sein Gepäck und ging zu einem kleinen, schäbigen Motel, zwei Straßen weiter.
Seine Tante würde ihn erst am nächsten Morgen abholen, denn nachts fuhr sie nicht gern. Sie behauptete immer, dass das viel zu gefährlich sei, aber er wusste, dass sie einfach nur nachtblind war und das nicht zugeben wollte.
*
Kate genoss die ersten Schlucke ihres Kaffees, während sie in Gedanken versunken nach draußen starrte. Die dichten Nebelfelder auf den Wiesen vor dem Haus kündigten einen heißen Sommertag an und sie konnte es kaum noch erwarten, mit der Arbeit zu beginnen. Seit sie vor einigen Monaten die Ranch ihrer Tante Marla geerbt hatte und hierher gezogen war, war sie wieder voller Leben und Zuversicht. Das unerwartete Erbe, das nicht nur dieses wunderschöne Stück Land, sondern auch einen ganzen Batzen Geld beinhaltete, kam genau zur richtigen Zeit.
»Guten Morgen«, flötete Beth fröhlich und Kate hätte vor Schreck beinahe ihre Tasse fallen gelassen. Sie hatte nicht gehört, dass ihre Freundin, und momentan einzige Mitarbeiterin, die Küche betreten hatte.
Beth war Tante Marlas beste Freundin und arbeitete schon seit ihrer Jugend hier. Sie war sogar nach dem Tod ihres Mannes zu Marla auf die Ranch gezogen. Da Beth sich besser mit dem Ranchleben auskannte als Kate, hatte sie beschlossen, Beth auch weiterhin zu beschäftigen. Mittlerweile war aus einem reinen Arbeitsverhältnis sogar Freundschaft geworden.
»Guten Morgen«, murmelte sie leise und musterte Beth, während diese sich einen Kaffee einschenkte. Sie bewunderte sie für ihr Aussehen. Sie war groß und drahtig, aber kraftvoll. Man sah ihrem Körper an, dass sie ihr Leben lang schon auf einer Ranch arbeitete. Ihre Haut schimmerte in einem leichten Oliveton, der von der vielen Arbeit an der frischen Luft kam. Für 52 hielt sie aber keiner. Schon allein das stetige Strahlen ihrer grünen Augen verlieh ihr einen jugendlichen Touch.
»Keine gute Laune heute?« Beth setzte sich mit einem großen Becher ihr gegenüber und sah sie besorgt an.
Kate schüttelte den Kopf und deutete auf einen dicken Briefumschlag, der ungeöffnet vor ihr lag. »Post, auf die ich lieber verzichtet hätte.«
Beths Blick glitt kurz zu dem leicht zerknitterten Brief, bevor sie Kate wieder aufmerksam fixierte. »Möchtest du darüber reden? Das scheint dich ziemlich zu bedrücken.«
»Nein, aber danke für dein Angebot.« Mit einem Seufzen starrte Kate in ihren Becher und beobachtete die kleinen Dampfwolken, die von dem heißen Getränk aufstiegen.
Sie hatte den Schock, als sie heute Morgen den Umschlag aus dem Briefkasten gezerrt hatte, immer noch nicht überwunden. Einige Sekunden hatte sie auf die kleine, gleichmäßige Handschrift gestarrt, bis die Erkenntnis, dass der Brief von ihm war, durchsickerte. Sie wusste auch ohne ihn zu öffnen, was er beinhaltete. Dieses Spielchen trieb ihr Ex jetzt schon seit einiger Zeit und sie schaffte es immer noch nicht, sich dagegen zu wehren. Allerdings ging es bisher nur über ihre Anwälte. Nun beunruhigte sie es, dass er ihre Adresse herausgefunden hatte. Der einzige Grund, warum sie nicht völlig in Panik ausbrach, war der Gedanke, dass er niemals hierher kommen würde. Diese Reise würde er nie freiwillig auf sich nehmen, dafür verabscheute er ländliche Gegenden zu sehr und für sie würde er es schon gleich gar nicht tun.
»Kate?« Beth beugte sich vor und berührte ihre Hand. Mit traurigem Blick sah sie auf und mit einem Mal wurde ihr warm ums Herz, als sie Beths besorgte Miene sah und sie beschloss ihre trüben Gedanken wieder in die hintersten Winkel ihres Gedächtnisses zu schieben.
»Was gibt’s?« Sie lächelte aufrichtig und hoffte, dass sie das Thema einfach fallen lassen würde. Zögerlich nahm Beth ihre Hand wieder zurück und warf ihr noch einen skeptischen Blick zu, bevor sie das Ganze auf sich beruhen ließ. Zumindest vorerst, das wusste Kate.
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