Andreas Kämmerle
EPUB3 und KF8 verstehen
Die E-Book-Formate EPUB3 und KF8 –
Möglichkeiten und Anreicherungen im Vergleich
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Das Jahr 2012 wird als das Jahr in die Geschichte der Mediennutzung eingehen, in dem sich E-Books am Markt neben dem gedruckten Buch endgültig etabliert haben werden. Auch wenn die Verkaufszahlen der Produkte dieser jungen Technologie noch lange nicht die des großen Bruders Print erreicht haben und vielleicht nie erreichen werden, so ist die kritische Masse an Lesegeräten ebenso längst erreicht wie auch eine sozialpsychologische Akzeptanz in den für die Verlagen wichtigsten Käufer- und Leserschichten. Grund genug für die Publikums- und Fachverlage, ihre Inhalte künftig „crossmedial“, das heißt in mehreren Ausgabekanälen, zu publizieren.
„Crossmedial“ heißt dabei nicht zwingend „multimedial“ – der erste Schritt der Verlage ins digitale Publizieren ist in der Regel der, die selben Inhalte in derselben Anordnung vom Buch ins E-Book zu überführen. Das ist aufwändig genug, sehen sich viele Verlage doch zunächst der Aufgabe gegenüber, die Inhalte überhaupt in einer wieder verwertbaren, digitalen Form vorzuhalten – von einem integrierten Produktionsworkflow für Print und E-Book noch gar nicht zu reden.
Doch ist dies nur der erste Schritt, der die technischen und konzeptionellen Möglichkeiten der neuen Medien noch nicht adäquat berücksichtigt. Im gleichen Maße, wie sich das Mediennutzungsverhalten der Bevölkerung verändert (Interaktion, Zugriff auf vernetzte Information, Video-Einbindung in redaktionellem Kontext und vielem mehr), wächst auch der Druck, Verlagsinhalte diesen neuen Nutzungsgewohnheiten gemäß aufzubereiten.
Mit den beiden neuen E-Book-Standards EPUB 3 und KF 8 ist hierfür erstmalig die technologische Grundlage gegeben. Die „Enriched E-Books“ können kommen. Nicht weniger – aber auch nicht mehr. Denn unstrittig ist, dass viele Verlagsinhalte sich überhaupt nicht für eine derartige Anreicherung eignen. So soll auch mit dem vorliegenden Buch nicht der Eindruck vermittelt werden „nur ein Enriched E-Book ist ein gutes E-Book“. Eine solche Aussage würde verkennen, dass sich viele Leser dem E-Book schlicht aus Komfortgründen – Mobilität, Gewicht, Zugänglichkeit, Skalierbarkeit der Schrift etc. – zuwenden.
Doch wäre es ein Fehler, die neuen Möglichkeiten deswegen als Spielerei oder überflüssigen Ballast abzutun. Denn so, wie es Inhalte gibt, die sich nicht für ein Enriched E-Book eignen, so gibt es andere, bei denen der Nutzen unmittelbar erkennbar ist. Hier entstehen derzeit neue Märkte und neue Möglichkeiten der Produktentwicklung für Verlage. Die Entscheidung für die neuen Formate und deren Einsatz muss also in erster Linie aus Lektorat und Vertrieb kommen.
Spezifische Probleme der E-Book-Produktion
Weshalb aber ist im E-Book-Markt das Einhalten von Standards so wichtig? Hier kommen wir auf das gravierendste, spezifische Problem bei E-Books zu sprechen: Die Darstellung der Inhalte – präziser, die Berechnung, wie die Inhalte dargestellt werden – erfolgt erst auf dem Zielgerät, also auf dem jeweiligen E-Book-Reader des Kunden. Der Verlag hat also keine vollständige Kontrolle darüber, wie die Inhalte dargeboten werden. Das ist bei der Produktion von gedruckten Medien anders: Ist hier das erste Exemplar korrekt, so gilt das auch für die gesamte Auflage.
Für den Leser darf dieses Problem nicht zutage treten. Er hat zunächst einmal die berechtigte Erwartung, ein fehlerfreies und ansprechend umgesetztes Produkt für sein spezifisches Ausgabegerät zu erhalten. Das Interesse des Verlages muss darüber hinaus gehen. Es gilt, eine möglichst konsistente Darstellung auf allen Lesegeräten sicherzustellen. Wo das nicht ohne Weiteres möglich ist, muss die Optimierung für verschiedene Lesegeräte kostengünstig und automatisiert möglich sein. Der Verlag muss also bei der Produktion von E-Books immer alle gängigen Ausgabegeräte im Blick behalten. Das ist nur darüber zu gewährleisten, dass man sich an einen der Standards hält, die wiederum von den Lesegeräten unterstützt werden.
Aus der Veröffentlichung neuer Lesegeräte, der Nachfrage nach digitaler Literatur und der damit verbundenen, technologiegetriebenen Marktentwicklung haben sich zunächst verschiedene offene und proprietäre E-Book-Formate entwickelt. Aus dieser Vielfalt haben sich heute, neben dem klassischen PDF, die Formate EPUB und Mobipocket als die E-Book-Formate mit den vielversprechendsten Zukunftsaussichten etabliert.
Der offene EPUB-Standard, der unter Beteiligung von Software- und Medienunternehmen entstand, hat sich als das zentrale E-Book-Format für die Verlagswelt etabliert und wird von zahlreichen Ausgabemedien unterstützt. Daneben stellt das proprietäre Mobipocket-Format, das von den Amazon Kindle-Lesegeräten unterstützt wird, aufgrund der Marktposition und der Vertriebs-Infrastruktur des Online-Händlers den größten Konkurrekten im Bereich der reflowable[1] E-Book-Formate dar.
Das EPUB-Format wurde 2007 vom International Digital Publishing Forum entworfen. Das IDPF hat sich zum Ziel gesetzt, technische Standards für das elektronische Publizieren zu definieren. Zu den Mitgliedern der Organisation, speziell der EPUB Working Group, gehören unter anderem Hersteller von E-Reader-Geräten, Software-Unternehmen sowie Verlage und Dienstleister. Entsprechend existiert heute eine Vielzahl an Lesesoftware, -geräten und Autorenwerkzeuge, die das Format unterstützen, allen voran sei die kostenlose Software Adobe Digital Editions und die App iBooks für Apples iPhone und iPad zu nennen.
Bei EPUB handelt es sich um einen freien, internationalen Industriestandard, dessen technische Spezifikationen veröffentlicht sind. Das Format setzt selbst wiederum auf bestehenden Standards und Technologien auf. Diese offene und plattformübergreifende Struktur ermöglicht eine Integration in bestehende Publikationsprozesse.
Allerdings muss festgehalten werden, dass der EPUB-Standard von den bestehenden Leseanwendungen oft eigenwillig und nur unvollständig interpretiert und dargestellt wird. Dieses Problem, das auf die rasche Verbreitung des Formats zurückzuführen ist, wird sich mit den neuen Generationen von Lesegeräten hoffentlich von selbst lösen.
Mobipocket ist das proprietäre Format der Kindle-Plattform von Amazon. Der dahinter stehende französische Hersteller Mobipocket SA wurde im Jahr 2005 von Amazon übernommen. In einer leicht modifizierten Version wird das Format von den Kindle-Lesegeräten, sowie den kostenlosen Leseanwendungen, die für zahlreiche Betriebssysteme existieren, genutzt.
Es handelt sich hierbei um ein binäres und komprimiertes Endformat, das bezüglich der Inhaltsdaten jedoch auch auf bestehenden Standards basiert. Mobipocket weist jedoch, speziell was die Darstellungsmöglichkeiten betrifft, im Vergleich zu EPUB einen deutlich eingeschränkten Feature-Umfang auf.
Dass das Format so erfolgreich ist, liegt zu einem großen Teil an dem intelligenten Vertriebskonzept von Amazon. Der Online-Händler hat schon früh den Mehrwert eines weitreichenden digitalen Ökosystems erkannt und mit der geschlossenen Kindle-Architektur für eine feste Bindung der eigenen Kunden im Bereich E-Books gesorgt. Mit eigener Lese-Hardware (dem Kindle-Reader), die direkt auf das Angebot von Amazon zugreifen kann und somit für eine extrem geringe Hemmschwelle beim Kauf sorgt, wird das Konzept konsequent abgerundet.
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