Peeling mache ich nur einmal die Woche, traditionell mit einem sehr feinen Granulat aus Muschelschalen vermischt mit Sesamöl. Ein schöner Nebeneffekt: Bei der Entfernung meiner Beinhaare habe ich automatisch den Maori-Kriegstanz erlernt. Meinen Bart epiliere ich nur unter Botox. Man merkt tatsächlich nichts: die Haut ist hart wie Marmor und genauso beweglich. Beim Aftershave habe ich unterschiedliche Vorlieben. Am Wochenende bevorzuge ich den Duft klassischer Eleganz, nach dem Sport eher eine ledrige, holzige und rauchige Note, beim Fernsehen liebe ich das Gefühl von Mango, Apfel oder Minze auf meiner Haut und an besonderen Tagen genieße ich einen ganz speziellen Duft für Kenner als olfaktorische Reise durch den Orient.
Manchmal lasse ich allerdings bei meiner Pflege die letzte Konsequenz vermissen, sagt meine Frau. Sie bemängelt, dass ich meine Wimpern nicht mit den empfohlenen einhundert, sondern nur mit fünfzig Bürstenstrichen pflege. Wird sie wohl durch das Schlüsselloch spioniert haben, denn im Badezimmer ist kein Platz mehr für sie, da wohne ich.
Auch meinen Haaren lasse ich besondere Pflege angedeihen. Zuerst ein exfoliating Shampoo zur Reinigung, dann ein Conditioner zur Stärkung, zuletzt ein Scalp Revitalizer. Zum Trocknen nehme ich einen Föhn mit intelligentem Innenleben und vor dem Glätten mit dem ultraschnellen Smooth curle ich mein Haar noch kurz intensiv durch. Danach sehen alle meine vier Haare üppig und aufregend sinnlich aus. Sagen diese best ager - Zeitschriften. Mein Spiegel äußert sich dazu nicht.
Nachdem ich so Körper, Geist und Seele in Einklang gebracht habe, kann ich den Tag genießen. Oder besser, was davon noch übrig geblieben ist. Ich hätte nie geglaubt, wie viel Tag in so einem Badezimmer vergehen kann.
Deshalb habe ich auch einen Teil meines Pflegeprogramms in die Nacht verlegt. Vor dem Einschlafen spritzt meine Frau mir in mehreren Schüben ein Gift der indischen Tempelviper zur intensiven Restrukturierung meiner Dehnungsstreifen unter die Bauchdecke; zum Glätten meiner Haut reibt sie anschließend mein Gesicht mit einem Polymer ein, das wie eine Strumpfhose wirkt, sich so anfühlt und auch genauso aussieht. Während ich mich dann jung schlafe, cremt sie mich abschließend mit floralem Nektar aus asiatischem Wassernabelkraut ein. Auf meine welken Stellen schmiert sie ein wenig Petersiliensamen vermischt mit dem Saft der sizilianischen Blutorange. Zu guter Letzt klebt sie mir grüne Schoten der Vanille aus Madagaskar auf für pralle Haut.
Aber lange halte ich das Ganze nicht mehr durch. Dieses best ager – Dasein ist mir einfach zu anstrengend.
Ich will endlich wieder ein Senior sein, mich wie ein Senior fühlen und auch genauso aussehen.
Als Tennisspieler habe ich von dieser „ agerei“ ohnehin nur Nachteile: zu empfindliche Füße durch Pediküre, zu weiche Hände wegen Maniküre, schlechte Sicht durch Augenpeeling und abstehende Wimpern, mit meinen rasierten Beinen wage ich mich in kurzer Hose überhaupt nicht mehr auf einen Tennisplatz, das Rouge in Wangenfarbe wirkt für einen 70jährigen etwas albern und Emotionen kann ich mit meinen geglätteten Gesichtsmuskeln auch nicht mehr zeigen.
Das Faltenlineal aber werde ich behalten. Meines ist ausklappbar und wunderbar zum Nachmessen der Netzhöhe geeignet.
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