Ich folgte ihm, meinen Blick unauffällig durch die Eingangshalle gleiten lassend. Von Rogers war nichts zu sehen. Entweder befand er sich in einem anderen Raum, oder er war noch gar nicht hier. Letzteres erschien mir wahrscheinlicher. Sicher würde er erst einmal verarztet werden, dann würde er duschen und sich umziehen, ehe er hier seinen Auftritt machte. Ich versuchte, die unwillkommenen Gedanken an Rogers unter der Dusche zu verdrängen. Der Kerl war ohne Zweifel ein Hingucker, doch wahrscheinlich war er auch ein sadistischer Killer. Ich hatte die Leiche der geschändeten Frau mit eigenen Augen gesehen, wusste, wozu der Täter fähig war, und es sah nun einmal alles danach aus, dass die Tat von Rogers begangen wurde. Zwei Frauen in seinem Umfeld tot – ermordet – das war ein wenig zu viel für blanken Zufall.
Wir betraten einen großen Raum, der wahrscheinlich sonst für Aerobic oder so genutzt wurde. In der Ecke hatte man eine Bühne aufgebaut, auf der eine Band ihre Instrumente aufbaute und verkabelte. Im Moment lief noch Musik aus der Stereoanlage, die in einer anderen Ecke stand. Es gab zwei Stände, an denen Getränke ausgeschenkt wurden.
„Möchten Sie etwas trinken?“, fragte Tamtam, wobei er es vermied, mich direkt anzusehen. Der Junge schien für einen Kämpfer verdammt schüchtern zu sein.
„Ja, das wäre nett.“
„Okay.“
Tamtam marschierte auf den nächstgelegenen Stand zu und ich folgte ihm. Es waren nur wenige Leute in diesem Teil des Fitness Centers. Wahrscheinlich warteten sie alle im Eingang um den Champion begrüßen zu können, wenn er auftauchte.
Die Frau am Getränkestand sah gelangweilt von ihrem Handy auf als Tamtam sich räusperte.
„Können wir ...“ er wandte sich unsicher zu mir um. „Was möchten Sie denn trinken?“
„Ein Bier wäre fein.“
„Können wir zwei Bier haben?“
Die gelangweilte Blondine nickte und holte zwei Flaschen aus dem Kühlschrank.
„Braucht ihr Gläser?“, fragte sie, die Flaschen vor uns hinstellend.
Ich schüttelte den Kopf.
„Nein“, erwiderte auch Tamtam.
Er nahm den Öffner, der auf dem Tresen lag, und öffnete eine Flasche, um sie mir zu geben, ehe er sein eigenes Bier öffnete.
„Ich ... ich soll Ihnen Gesellschaft leisten, bis ... bis Drake kommt.“
„Okay. – Was denkst du, wann er hier auftaucht?“
„Och! Keine Ahnung. In ’ner Stunde oder so. Vielleicht auch später.“
Seufzend nahm ich einen Zug von meinem Budweiser. Das konnte ja heiter werden. Jetzt musste ich hier, wer weiß wie lange warten, bis der Kerl endlich erscheinen würde. Und der Junge war mein Babysitter. Im Grunde tat er mir leid. Es schien klar zu sein, dass er sich in seiner Rolle als Aufpasser nicht wohl fühlte.
„Hey! Tamtam! Das war ein ganz respektabler Kampf, letzte Woche, Mann!“, erklang plötzlich eine dunkle Stimme.
Ein drahtiger Typ mit Glatze und Tattoos am ganzen Körper klopfte meinem Babysitter auf die Schulter.
„Danke, Barry“, erwiderte Tamtam und zeigte ein etwas verlegenes Lächeln. „War ja kein schwerer Gegner.“
„Jeder fängt klein an, Junge“, erwiderte Barry. „Und so schlecht ist der Flying Dutchman nicht. Er hat eine ziemlich gute Rechte und er ist schnell auf den Beinen. – Doch du warst taktisch wirklich gut. Du solltest stolz sein und deine Leistung nicht klein reden. Du wirst es nach oben schaffen, da bin ich mir sicher.“
„Danke, Mann. Das ... das ist nett.“
Tamtam errötete. Barry lachte dröhnend und schlug Tamtam heftig auf den Rücken.
„Junge, du bist vielleicht ein Löwe im Käfig, doch außerhalb musst du noch ein bisschen härter werden. Du hast eine wunderschöne Lady an deiner Seite und alles was du kannst ist stammeln und rot werden.“
Tamtam errötete noch tiefer. Jetzt tat er mir wirklich leid. Auch wenn dieser Barry recht hatte. Tamtam musste mehr Selbstbewusstsein entwickeln, wenn er im Leben zurechtkommen wollte. So viel war auch für mich deutlich, auch wenn ich den Jungen kaum kannte.
„Sorry, Lady, hab ganz vergessen, mich vorzustellen. Ich bin Barry.“
„Angela“, erwiderte ich, seine ausgestreckte Hand annehmend.
„Was führt eine Klassefrau wie dich an diesen Ort?“, wollte Barry wissen. „Sicher nicht unser Babyboy hier.“
„Drake hat sie eingeladen“, erklärte Tamtam.
Barry zog eine Augenbraue hoch.
„Soo, hat er das?“
„Ja, das ist richtig“, erwiderte ich.
„Sein vorsichtig, Süße“, sagte Barry ernst. „Drake ist ein Herzensbrecher. Du scheinst in Ordnung zu sein. – Ich meine ... anständig. Nicht wie die Schlampen, die er sonst so abschleppt.“
„Danke, ich nehme das als Kompliment“, sagte ich.
Meine Tarnung war offensichtlich doch nicht so gut, wie ich gedacht hatte. Ich hatte mir Mühe gegeben, die ‚Schlampe’, wie Barry es so charmant ausgedrückt hatte, zu spielen, doch offenbar war mir das nicht so ganz geglückt. Ich hoffte, dass ich wenigstens Rogers besser in meiner Rolle überzeugen konnte. Wenn er denn endlich einmal auftauchen würde.
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