Washington Irving - Washington Irving - Alhambra

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Washington Irving lässt in seinen Erzählungen das Andalusien des 18. Jahrhunderts wieder lebendig werden. Er sammelte ähnlich wie die Brüder Grimm die Volksmärchen und -sagen der gesamten Region rund um Granada und brachte sie zu Papier. Damit trug er wesentlich zum Erhalt der Alhambra bei. Die Geschichten sind spannend und märchenhaft. Oft erinnern sie an Geschichten aus 1001 Nacht.
Lesenswert für Andalusien-Reisende, Freunde der arabischen Kultur und alle, die gerne Reiseberichte aus vergangener Zeit lesen.

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Titelseite Washington Irving Alhambra Sagen und Erzählungen

An David Wilkie. An David Wilkie. Mein lieber Herr! Sie werden sich erinnern, daß wir bei unsern gemeinschaftlichen Wanderungen in einigen der alten Städte Spaniens, namentlich in Toledo und Sevilla, eine große Mischung des Sarazenischen mit dem Gothischen – Ueberbleibsel aus der Zeit der Mauren – bemerkten, und mehr als einmal über Scenen und Vorfälle in den Straßen staunten, welche uns Stellen aus den Mährchen der tausend und einen Nacht zurückriefen. Sie drangen damals in mich, etwas zu schreiben, das diese Eigenthümlichkeiten erläuterte, »etwas in dem Haroun Al Raschid Styl,« das einen Beigeschmack von jenem arabischen Gewürz hätte, welches Alles in Spanien durchdringt. Ich erinnere Sie daran, um Ihnen zu zeigen, daß Sie in gewisser Hinsicht für dieses Werk verantwortlich sind, in welchem ich einige Arabesken-Skizzen aus dem Leben, und auf Volksüberlieferungen gegründete Erzählungen gegeben habe, welche während eines Aufenthalts in einem der vorzugsweise Maurisch-Spanischen Paläste der Halbinsel gesammelt wurden. Ich weihe Ihnen diese Blätter als ein Andenken an die fröhlichen Scenen, von denen wir in jenem Lande der Abentheuer gemeinschaftlich Zeugen waren, und als einen Beweis der Achtung für Ihren Werth, die nur von der Bewunderung Ihrer Talente übertroffen wird. Ihr Freund und Reisegefährte, Im Mai, 1832. der Verfasser.

Die Reise.

Befehlshaberschaft der Alhambra.

Das Innere der Alhambra.

Der Thurm des Comares.

Gedanken über die maurische Herrschaft in Spanien.

Die Haushaltung.

Der Flüchtling.

Des Verfassers Wohnung.

Die Alhambra im Mondlichte.

Bewohner der Alhambra.

Der Löwenhof.

Boabdil el Chico.

Erinnerungen an Boabdil.

Der Balkon.

Das Abentheuer des Maurers.

Ein Spaziergang auf die Hügel.

Oertliche Sagen.

Das Haus des Wetterhahns.

Sage von dem arabischen Astrologen.

Der Thurm der Prinzessinnen.

Sage von den drei schönen Prinzessinnen.

Besucher der Alhambra.

Sage von dem Prinzen Ahmed al Kamel; oder der Liebespilger.

Sage von des Mauren Vermächtniß.

Sage von der Rosa der Alhambra; oder der Page und der Geierfalk.

Der Veteran.

Der Statthalter und der Notar.

Statthalter Manco und der Soldat.

Sage von den zwei verschwiegenen Statüen.

Muhamed Abu Alahmar, der Gründer der Alhambra.

Yusef Abul Hagig, der Vollender der Alhambra.

Washington Irving

Alhambra

Sagen und Erzählungen

An David Wilkie.

Mein lieber Herr!

Sie werden sich erinnern, daß wir bei unsern gemeinschaftlichen Wanderungen in einigen der alten Städte Spaniens, namentlich in Toledo und Sevilla, eine große Mischung des Sarazenischen mit dem Gothischen – Ueberbleibsel aus der Zeit der Mauren – bemerkten, und mehr als einmal über Scenen und Vorfälle in den Straßen staunten, welche uns Stellen aus den Mährchen der tausend und einen Nacht zurückriefen. Sie drangen damals in mich, etwas zu schreiben, das diese Eigenthümlichkeiten erläuterte, »etwas in dem Haroun Al Raschid Styl,« das einen Beigeschmack von jenem arabischen Gewürz hätte, welches Alles in Spanien durchdringt.

Ich erinnere Sie daran, um Ihnen zu zeigen, daß Sie in gewisser Hinsicht für dieses Werk verantwortlich sind, in welchem ich einige Arabesken-Skizzen aus dem Leben, und auf Volksüberlieferungen gegründete Erzählungen gegeben habe, welche während eines Aufenthalts in einem der vorzugsweise Maurisch-Spanischen Paläste der Halbinsel gesammelt wurden.

Ich weihe Ihnen diese Blätter als ein Andenken an die fröhlichen Scenen, von denen wir in jenem Lande der Abentheuer gemeinschaftlich Zeugen waren, und als einen Beweis der Achtung für Ihren Werth, die nur von der Bewunderung Ihrer Talente übertroffen wird.

Ihr Freund und Reisegefährte,

Im Mai, 1832.

der Verfasser.

Die Reise.

Im Frühling 1829 machte der Verfasser dieses Werkes, den die Neugierde nach Spanien geführt hatte, in Gesellschaft eines Freundes, einem Mitgliede der russischen Gesandtschaft zu Madrid, eine Reise von Sevilla nach Granada. Der Zufall hatte uns aus verschiedenen Regionen des Erdballs zusammengeführt und eine Gleichartigkeit des Geschmacks veranlaßte uns gemeinschaftlich in Andalusiens romantischen Bergen umher zu wandern. Wenn ihm diese Blätter zu Gesicht kommen, wohin auch die Pflichten seines Berufes ihn geschleudert haben, ob er an dem Gepränge der Höfe Theil nehme, oder über den echteren Glanz der Natur nachsinne, mögen sie die Scenen unserer abentheuerlichen Genossenschaft und mit ihnen die Erinnerung an Jemand zurückrufen, bei dem weder Zeit noch Entfernung das Andenken an sein einnehmendes Wesen und seinen Werth verlöschen werden.

Und hier sey es mir, ehe wir die Reise beginnen, vergönnt, vorläufig einiges über spanische Landschaften und spanisches Reisen zu bemerken. Mancher mag sich wohl in seinem Geiste Spanien als ein mildes, südliches Land denken, mit all den üppigen Reizen des wollüstigen Italiens ausgeschmückt. Im Gegentheil ist es, obgleich in einigen der Küstenprovinzen Ausnahmen gefunden werden, zum größern Theil ein ernstes, melancholisches Land, mit rauhen Gebirgen, lang hinziehenden Ebenen, baumlos, unbeschreiblich stumm und einsam, dem wilden und abgeschlossenen Charakter Afrika's sich nähernd. Was dieses Schweigen und diese Einsamkeit vermehrt, ist der Mangel an Singvögeln, eine natürliche Folge des Abgangs an Laubwerk und Hecken. Wohl sieht man den Geier und den Adler über den Bergen kreisen und über die Ebenen schweben, und Gruppen von scheuen Trappen auf den Heiden umherschreiten; allein die Myriaden kleinerer Vögel, welche den ganzen Charakter anderer Gegenden beleben, trifft man nur in wenigen Provinzen Spaniens und hier vorzüglich in den Obststücken und Gärten, welche die Wohnungen der Menschen umgeben.

In den innern Provinzen durchschneidet der Reisende zuweilen große Strecken, die so weit das Auge reichen kann, mit Frucht besäet sind, jetzt in grünen Wellen wogend, jetzt nackt und sonnenverbrannt; aber vergebens sucht er rund umher die Hand, welche den Boden gebaut hat. Endlich bemerkt er irgend ein Dorf an einer steilen Höhe oder an einem rauhen Fels, mit zerfallenden Zinnen und den Trümmern eines Wartthurms, in alten Zeiten ein fester Platz gegen Bürgerkrieg oder Maurischen Einfall; denn die Gewohnheit, sich zu wechselseitigem Schutz zu versammeln, wird zufolge der Räuberei umstreifender Freibeuter, in den meisten Theilen Spaniens noch unter den Landleuten beibehalten.

Obgleich es aber einem großen Theile von Spanien an dem Schmucke des Laubwerks und der Wälder und den sanfteren Reizen einer kunstreichen Anbauung fehlt, so hat seine Scenerie doch etwas von einem hohen und stolzen Charakter, wodurch jener Mangel ausgeglichen wird. Sie hat einige Aehnlichkeit mit den Eigenthümlichkeiten ihres Volkes, und ich glaube den stolzen, kühnen, mäßigen und enthaltsamen Spanier, seinen männlichen Trotz gegen Mühseligkeiten und seine Verachtung gegen Verweichlichung besser zu kennen, seit ich das Land gesehen habe, welches er bewohnt.

Auch in den streng einfachen Zügen der spanischen Landschaft ist etwas, das die Seele mit einem Gefühle der Erhabenheit erfüllt. Die unermeßlichen Ebenen der beiden Kastilien und der Mancha, die sich, soweit das Auge nur reichen kann, ausdehnen, erhalten selbst durch ihre Nacktheit und Unabsehbarkeit ein Interesse und haben etwas von der feierlichen Größe des Oceans. Wenn man diese grenzenlosen Wüsten durchwandert, fällt der Blick da und dort auf eine einzelne Rinderheerde von einem einsamen Hirten gehütet, der bewegungslos wie eine Statue steht und dessen langer, schlanker Stab wie eine Lanze in die Luft emporragt; oder man sieht einen langen Zug von Maulthieren, die sich langsam die Einöde entlang bewegen, wie ein Zug Kamele in der Wüste; oder einen einzelnen Hirten, der, mit Gewehr und Dolch bewaffnet, durch die Ebene eilt. So hat das Land, so haben die Sitten, selbst das Aussehen des Volkes etwas von dem arabischen Charakter. Der allgemeine Gebrauch der Waffen beweißt, daß es überall unsicher in dem Lande ist. Der Hirt auf dem Feld, der Schäfer in der Ebene hat seine Flinte und sein Messer. Der reiche Dorfbewohner wagt sich selten in den Marktflecken, ohne seinen Trabuco und vielleicht einen Diener zu Fuß mit einer Büchse auf der Schulter bei sich zu haben, und die unbedeutendste Reise wird mit den Vorbereitungen eines kriegerischen Unternehmens angetreten.

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