Zur besseren Orientierung wird das Kniegelenk in drei Gelenkabschnitte eingeteilt. Diese Einteilung ist auch für die Endoprothetik (=Wissenschaft vom Bau innerer Kunstglieder) relevant, da bei Erkrankung nur eines Gelenkanteils auch nur dieser durch ein Kunstgelenk ersetzt werden muss.
Der innere Gelenkabschnitt liegt zwischen der inneren Oberschenkelrolle und dem inneren Schienbeinkopf mit dem Innenmeniskus
Der äußere Gelenkabschnitt liegt zwischen äußerer Oberschenkelrolle und äußerem Schienbeinkopf mit dem Außenmeniskus
Der vordere Gelenkabschnitt liegt zwischen der Rückseite der Kniescheibe und dem Gleitlager am Oberschenkel
Sie sehen, das Kniegelenk ist ein komplexes Gefüge. Trotzdem ist es mittlerweile gelungen, künstliche Kniegelenke zu konstruieren, die dem ausgeklügelten „Modell“ aus der Natur sehr nahe kommen. Das Kniegelenk ist das Gelenk, das nach dem Hüftgelenk am häufigsten ersetzt wird - und dies mit großem Erfolg.
Das Schultergelenk
Unser Schultergelenk (= Articulatio humeri) ist eines der beweglichsten Gelenke überhaupt. Das ist auch gut so, denn nur so können wir in alle Richtungen greifen und agieren. Die große Beweglichkeit hat aber auch Risiken, denn die Stabilität des Schultergelenkes ist damit relativ schlecht und die Verletzungsgefahr groß. Auch die Schulter ist ein überaus komplexes Gebilde. Funktionell besteht sie eigentlich aus vier verschiedenen Gelenken:
Das Hauptgelenk besteht aus dem Oberarmkopf (= Humerus) und dem Schulterblatt (= Scapula) und heißt Glenohumeralgelenk (das Glenoid ist im Prinzip die Gelenkpfanne, die sich aus dem Schulterblatt bildet)
Ein weiteres Gelenk bildet sich aus dem Schlüsselbein (= Klavicula) und der Schulterhöhe (= Akromium), dem äußeren Ende des Schulterblattes, und heißt Akromioklavikulargelenk
Das dritte Gelenk wird gebildet aus dem Brustbein (= Sternum) und dem Schlüsselbein (= Klavicula) und heißt Sternoklavikulargelenk
Zusätzlich existiert noch eine Verschiebeschicht (= scapulothorakales Gelenk) zwischen dem Schulterblatt (= Scapula) und der hinteren Brustkorbwand (= Thorax)
Erst in der Kombination dieser vier Gelenke sind die maximalen Bewegungsmöglichkeiten in allen Richtungen im Schultergelenk möglich.
Bisher kann nur das Glenohumeralgelenk ersetzt werden, so dass wir uns auch nur diesem widmen wollen. Aber Sie sehen, wie komplex die Schulter aufgebaut ist. Eine Störung in einer Struktur hat immer auch Konsequenzen auf die anderen Strukturen und verändert das Funktionsgefüge nachhaltig. Man kann sich also vorstellen, dass auch die Schulter sehr anfällig für Verletzungen und Schädigungen ist.
Das Schultergelenk, hiermit ist im Folgenden das Glenohumeralgelenk gemeint, ist wie das Hüftgelenk ein Kugelgelenk und kann sich wie das Hüftgelenk auch in sechs verschiedenen Richtungen entlang dreier Achsen bewegen. Im Gegensatz zum Hüftgelenk ist die Gelenkpfanne des Schultergelenkes sehr klein, während der Gelenkkopf relativ groß ist. Beim Hüftgelenk ist die Gelenkkugel wesentlich tiefer in die Gelenkpfanne eingebettet. Damit ist sie zwar in der Bewegung eingeschränkter, aber auch mechanisch stabiler als das Schultergelenk, bei dem die Gelenkpfanne sehr flach ist. Die kleine und flache Gelenkpfanne wird durch eine faserknorpelige Knorpellippe erweitert, die den kugelförmigen Oberarmkopf vor dem Ausgleiten schützt - wie eine Untertasse eine Tasse vor dem Verrutschen - und damit das Gelenk stabilisiert. Da diese Knorpellippe aber nicht so stabil ist wie Knochen, kann man sich leicht vorstellen, dass es bei Gewalteinwirkungen, aber auch schon bei extremen Bewegungen zu einem Ausreißen der Knorpellippe kommen kann und das Schultergelenk auskugelt. Es gibt Menschen, die von Geburt her eine sehr kleine Gelenkpfanne besitzen und die auch ohne größere Gewalteinwirkungen häufig unter einer Auskugelung der Schulter leiden.

Die große Beweglichkeit des Schultergelenkes und die geringe knöcherne Führung bedarf einer guten muskulären Stabilisierung. Wie bei keinem anderen Gelenk hat die Muskulatur um das Schultergelenk eine herausragende Stabilisierungs- und Führungsfunktion.
Die Muskeln des Schultergelenkes verlaufen von der Innen- und Außenseite des Schulterblattes durch den knöchernen Kanal des Schulterblattes und der Schulterhöhe (= subakrominaler Gleitraum) und umfassen wie eine Hand einen kleinen Ball den Oberarmkopf. Diese manschettenartig verlaufende Muskulatur sorgt dafür, dass wir den Arm nach innen oder außen drehen oder auch rotieren können und heißt deshalb "Rotatorenmanschette".
Noch ein weiterer Muskel zieht mit seiner langen Sehne direkt durch das Schultergelenk (= intraartikulär) und ist damit störanfällig: der vordere Oberarmmuskel (= M. Biceps brachii), der für die Beugung des Ellenbogengelenkes zuständig ist und sehr hohe Kräfte entwickeln kann.
Das Schultergelenk ist aufgrund seiner besonderen anatomischen Eigenschaften sehr verletzungs- und störanfällig. Verletzungen und Schädigungen werden begünstigt durch:
den maximalen Bewegungsumfang durch die Kombination der vier Gelenke
die geringe knöcherne Führung mit der sehr flachen und kleinen Gelenkpfanne
die Vereinigung der rotatorisch wirkenden Muskeln zur Rotatorenmanschette
die Enge des subakrominalen Gleitraums
den intraartikuläre Verlauf der Bizepssehne
Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, mit welch hochkomplexen Gebilden wir es zu tun haben. Es sind Meisterwerke der Natur, die entsprechend ihrer Funktion und Bauweise behandelt werden sollten. Und es ist eine große Leistung der Medizin, diese Wunderwerke durch künstliche Gelenke zu ersetzen.
Arthrose – die schleichende Krankheit
Nun wollen wir uns der Gelenkerkrankung widmen, die am häufigsten zu einem künstlichen Gelenk führt – der Arthrose. Die Arthrose ist eine Verschleißerscheinung des Knorpels. Sie können sich vorstellen, was es für das Gelenk bedeutet, wenn der schützende Knorpel verloren geht. Ich werde hier nicht in aller Ausführlichkeit auf die Arthrose eingehen. Hier möchte ich Sie auf mein EBook „Gut leben mit Arthrose“ hinweisen, das dazu umfassende Informationen enthält. Auch andere Gründe können einen künstlichen Gelenkersatz notwendig machen wie z. B. massive Verletzungen oder Tumore. Diese sind aber sehr selten, so dass wir hier nicht näher darauf eingehen wollen.
Die Arthrose ist eine chronisch-degenerative Krankheit, bei der es zu einem langsam fortschreitenden Verschleiß (= Degeneration) des Gelenkknorpels kommt. Sie ist eine der häufigsten Erkrankungen überhaupt, rund acht Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer Arthrose – eine echte Volkskrankheit. Warum ist das so? Die Ursachen für eine Arthose können vielfältig sein. Entgegen der weit verbreiteten Meinung sind nicht nur ältere Menschen von einer Arthrose betroffen, sondern auch jüngere und sogar Kinder. Es ist noch nicht umfassend erklärt, warum manche Menschen bis ins hohe Alter mit gesunden Gelenken leben können und warum bei anderen eine Arthrose frühzeitig einsetzt.
Wann immer aber eine Arthrose eintritt, geschieht dies aus einem Missverhältnis aus Belastung und Belastbarkeit des Gelenkes. Der Knorpel muss einiges ertragen: Stöße, hohe Kräfte und Druck, extreme Drehbewegungen. Ist er gesund, kann er solche Belastungen tolerieren. Setzen Sie Ihren Knorpel aber dauernd Spitzenbelastungen aus, kann er dem nicht mehr standhalten. Er reißt ein und wird immer dünner und dünner. Zudem verliert der Knorpel im zunehmenden Alter an Elastizität und die Anfälligkeit für Schäden wird größer. Es ist daher wichtig, sorgsam mit seinen Gelenken umzugehen – Ihr Knorpel wird es ihnen danken.
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