Das Mayaland ruft. Ich komme!
Als ich am zeitigen Morgen des 1.8.2009 das kleine Eurowings-Flugzeug nach Frankfurt bestieg, begann für mich die Erfüllung eines schon lange gehegten Wunsches. Nach Durchlaufen der üblichen Prozeduren im Frankfurter Flughafen saß ich dann am Mittag in der viel größeren Condor-Maschine mit Destination Cancun. „Jens, ich komme!“, jubelte ich innerlich, den gerade gereichten Cocktail in der Premium-Economy-Class genießend. Tatsächlich hätte ich an diesem Tag ununterbrochen meinen Lieblingssong, die softe Variante von Bon Jovis „It's my life“, singen können, aber ich kam weder dazu noch kam ich zum Schlafen während des elfstündigen Fluges. Ich war aufgeregt in einer Weise, wie ich es schon lange nicht mehr kannte. Letzteres steigerte sich sogar noch, als ich in Cancun ankam.
Hier wurde ich von einem uniformierten Herrn mit Maschinenpistole empfangen, der auf meine Reisetasche deutete. Schweißperlen so groß wie Tennisbälle, ich weiß nicht mal ob vor Angst oder von der ungewohnten Hitze, liefen mir über das Gesicht. Ich bemühte mich sehr, die Notwendigkeit des Mitführens meines beim Durchleuchten der Tasche entdeckten österreichischen Militärmessers zum Zwecke des Schneidens und Sägens im Dschungel zu erklären. Mit Erfolg. Ich verließ das Flughafengebäude. Während ich auf Jens wartete, wurde ich gefühlte 20mal von Taxifahrern angesprochen. Mein Glücksgefühl war stärker als die Sorge, dass Jens mich aus irgendeinem Grund nicht abholen könnte. Da er es schließlich tat, erledigt sich die Frage, was ich sonst ohne Kenntnis seiner Adresse angefangen hätte.
Es ist nun an der Zeit, dass ich uns, die Hauptakteure dieses Reiseberichtes, erst einmal vorstelle. Nun habe ich zwar hier als erster die Bühne betreten, aber ich möchte den AnfangsApplaus auf meinen seit 1996 in Mexiko lebenden Freund Jens Rohark lenken. Er ist nicht nur der Mayakenner. Nein, manchmal denke ich, in ihm fließt auch Mayablut. Er geht regelmäßig auf die heute lebenden Maya zu, um einerseits von ihnen zu lernen, aber auch, um ihnen die Ergebnisse seiner Arbeit zu überbringen. Seine Leidenschaft führte zu beachtlichen Ergebnissen. So fertigte er z. B. Codexzeichnungen in herausragender Qualität an. Er übersetzte das Poopol Wuuj, quasi die Bibel der Maya, ins Deutsche. Seine Kenntnisse der Mayasprache, der Hieroglyphenschrift, des Kalendersystems usw. gipfeln in fachkompetenten Büchern und Artikeln. Und vor allem, er ist ganz sicher einer der besten Reiseführer im Mayaland.
Und ich? Ich wurde vor einigen Jahren beim Gläschen Bier von Jens angesteckt. Ich mutierte zum leidenschaftlichen Freund des Mayakalenders und zum Programmierer desselben. Als Gymnasiallehrer für Mathematik, Physik, Astronomie und Informatik brachte ich auch ein paar Fähigkeiten mit in unser Zwei-Mann-Team. Wenn die Weitergabe des umfassenden Wissens von Jens als sprudelndes Wasser aufgefasst wird, ist mein Gedächtnis auf dieser Reise der anfangs allenfalls etwas feuchte Schwamm, der dieses eifrig nachfließende Wasser versucht aufzusaugen. Ich muss aufpassen, dass nicht zu viel an mir vorbeiplätschert. Der Schwamm wird langsam spröde.
Hier ist schon mal ein Bild von uns. Einige der vielen geschossenen Fotos sind hier im Büchlein zu finden. Ich versuche, mich einem Vorsatz zu beugen: Den Lehrer in mir halte ich weitgehend zurück. Außer, wenn es um kurze Erklärungen dazu geht, „was die Mayawelt im Innersten zusammenhält“. Schließlich möchte ich einen emotionalen Bericht dieser einzigartigen Tour liefern und dabei vordergründig auf Erlebnisse sowie Erfahrungen und eben auch auf meine Gefühle eingehen. Vielleicht gelingt es mir, den ganz besonderen Charme dieses Fleckchens Erde herüberzubringen.
Die folgende Karte zeigt unsere Tour durch das Mayatiefland bzw. Yucatán in etwas idealisierter Weise. Tatsächlich mussten wir aus persönlichen Gründen von Palenque direkt nach Cancun zurück und setzten dann von dort aus unsere Reise im Norden Yucatáns fort. Lediglich der Besuch der Mayastadt Edzná fiel dieser Änderung zum Opfer. Dafür besichtigten wir die vorher bei der Planung nicht mit vorgesehenen Orte Naranjo, Yaxhá und La Blanca. Auf der Karte sind alle bereisten Städte unterstrichen.
Das Hochland bzw. die südlicheren Bereiche der Mayawelt wurden von uns nicht mit bereist. Besonders bekannt sind hier die klassischen Städte Copan und Quirigua sowie die reizvolle Landschaft rund um den Atitlansee.
Im Folgenden liste ich die bedeutsamsten Aufenthaltsorte unserer Reise mit Angabe des Aufenthaltszeitpunktes auf. Der erste echte Tourtag war der 2.8.2009.
Ort und Tourtage
Cancun: Abfahrt am Tourtag 1
Tulum: 1
Belize City: 2
Flores: 3, 4, 5, 6, 7
Tikal: 4, 5
Naranjo: 6
La Blanca: 7
Yaxha: 7
Dos Pilas: 8
Aguateca: 9
Ceibal: 9
Yaxchilan: 10
Bonampak: 10
Palenque: 10, 11,12, 16, 17
Naha: 12,13, 14, 15
Cancun: 18, 19
Chichen Itza: 19, 23
Merida: 19,20,21,22,23
Uxmal: 20
Labna: 20
Kabah:20
Cancun: Ankunft am Tourtag 23
Orte, an denen wir uns nur zum Zwecke des Übernachtens aufgehalten haben, sind nicht mit aufgeführt worden.
Nun bleibt noch die durchaus spannende Frage zu klären, was wir an Gepäck mitzunehmen hatten. Neben Hängematte mit Moskitonetz, Schlafsack und Regenplane mitsamt zugehörigen Seilen bzw. Stricken und Heringen musste ich genau überlegen, was unbedingt erforderlich ist, um die geplanten 6 kg Gesamtgewicht nicht wesentlich in Gefahr zu bringen. Damit war klar: Die Garderobe fällt sehr spärlich aus. Inklusive der Sachen, die ich am Leibe trug, waren das im Einzelnen zwei Schlüpfer, eine Badehose, zwei Paar Strümpfe, eine kurze Hose, eine lange Hose, ein kurzes T-Shirt, ein langes T-Shirt sowie der Regenumhang. Hinzu kam das kleine Mikrofaserhandtuch. Mehr nicht? Doch, meine Sandalen und mein Cap sollte ich der Vollständigkeit halber auch aufführen.
Zu einer guten Ausrüstung gehören noch einige Gegenstände, wovon die Stirnlampe und das Messer die wichtigsten sind. Fotoapparat, GPS-Gerät und Schreibzeug dienen der Dokumentation der Reiseerlebnisse. Ersatzbatterien sollte man auch dabeihaben. Die Zahnbürste, eine kleine Tube Zahnpasta sowie etwas Duschgel komplettierten das Gepäck eigentlich schon.
So wäre ich wohl nicht besonders weit gekommen. Natürlich musste ich auch irgendwo meinen Reisepass sowie das Geld verstauen. Jetzt kommt mein Gürtel ins Spiel. Die meisten Geldscheine konnte ich im Gürtel verstecken. Auf der rechten Seite hatte ich am Gürtel eine Tasche unter anderem mit meinen Medikamenten. Dass dort bei Bedarf auch der Fotoapparat und das GPS-Gerät mit hineinpassten, war ganz praktisch. Auf der linken Seite hing eine Flaschentasche mit einer meist gut gefüllten Wasserflasche am Gürtel, was sich als überaus nützlich erwies. Überhaupt war der Gürtel mit allem, was daran hing, meist übrigens auch das Messer und die Lampe, der zentrale Platz für das Minimalequipment. So hätte ich notfalls auch ein rucksackloses Leben über mehrere Tage führen können.
Nicht ganz einig waren wir uns beim Thema Notproviant. Während Jens die Meinung vertrat, dass man überall etwas zu essen findet, beharrte ich darauf, ein Päckchen energiereiche Weizenriegel einzupacken. Aber auch Mineraltabletten, um Regenwasser aufzuwerten sowie Tabletten zur Entkeimung von Wasser wollte ich mitnehmen. Eine kleine Notapotheke unter anderem mit „Imodium Akut“ darf auch nicht fehlen. Ich überzeugte Jens zudem, ein Antigift zur Erstbehandlung von Schlangenbissen zu besorgen. So ließ er sich ein Päckchen mit mehreren Fläschchen von einer angenommen fachkundigen jungen Frau übergeben. Dazu gab’s eine ausgedehnte Einweisung - in spanischer Sprache. Wunderbar, dachte ich. Damit ist die Rollenverteilung im Wald klar. Ich muss mich von der Schlange beißen lassen, um mich von Jens retten lassen zu können. Umgekehrt geht das nicht.
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