Eric Gutzler - Der Anschlag auf London am 11. Sept. 2101 nebst seiner Geschichte

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Es wird geschehen! Warren Buffett, «das Orakel von Omaha», hat mit seinen Prophezeiungen oft recht behalten. Vor seinen Aktionären machte er auch diese Voraussage: «Es wird geschehen. Ob in zehn Jahren oder erst in fünfzig – es ist faktisch eine Gewissheit.» Damit meinte er nicht das Platzen der nächsten Spekulationsblase, sondern eine von Terroristen gezündete Atomwaffe in einer amerikanischen Stadt.

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Eric Gutzler

Der Anschlag auf London am 11. Sept. 2101 nebst seiner Geschichte

Erster Teil: Sept. bis Dez. 2100

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Inhaltsverzeichnis Titel Eric Gutzler Der Anschlag auf London am 11 Sept - фото 1

Inhaltsverzeichnis

Titel Eric Gutzler Der Anschlag auf London am 11. Sept. 2101 nebst seiner Geschichte Erster Teil: Sept. bis Dez. 2100 Dieses ebook wurde erstellt bei

Kapitel 1: Der Überfall

Kapitel 2: Fast ein Idyll

Kapitel 3: Kinder ohne Namen

Kapitel 4: Im Auge von London

Kapitel 5: Spurlos verschwunden

Kapitel 6: Kapland

Kapitel 7: Der Sammler

Kapitel 8: Der hundertjährige Krieg

Kapitel 9: In den Drachenbergen

Kapitel 10: Raiatea

Kapitel 11: Töten oder sterben

Kapitel 12: Ein Ultimatum

Kapitel 13: Das Rad Fortunas

Kapitel 14: Rasha und Raisa

Kapitel 15: Datenblatt

Kapitel 16: Familienbande

Kapitel 17: Ein Schneemann zwischen Ölbäumen

Wie es weitergeht

Impressum neobooks

Kapitel 1: Der Überfall

The Boston Globe, 3. Sept. 2100: Nach den letzten Messungen in Halifax und anderen Stationen steigt der Meeresspiegel an der nordamerikanischen Atlantikküste und im Golf von Mexiko weiterhin zwischen zwei und drei Zentimetern pro Jahr. In den vergangenen einhundert Jahren hat er sich insgesamt um zwei Meter erhöht. In einem Treffen mit den Gouverneuren von South Carolina, Georgia, Louisiana und Texas hat Präsident Olmoz neue Maßnahmen zum Schutz der gefährdeten Küstenzonen angekündigt.

Als die Jacht Amiramis durch den Archipel der Islamisch-Sunnitischen Föderation segelte, war der Taifun, der hier mehrere Tage gewütet hatte, weitergezogen, und das in dieser Gegend oft trügerische Meer zeigte sich von seiner heiteren Seite, während es in seinen Tiefen damit beschäftigt war, Zehntausende von Toten zu verdauen und ihr Fleisch von den Knochen zu lösen. Ein stetiger Wind von achtern versah die Wogenkämme fast spielerisch mit kleinen Schaumkronen. Er sorgte auch dafür, dass die Amiramis, die etwa achthundert Quadratmeter Segelfläche gesetzt hatte, die Wellengipfel mit einer Geschwindigkeit von über zwanzig Knoten durchschnitt und einen glänzenden Kielwasserschweif zurückließ. Die Fahrt der Jacht und ihre Besatzung wollen wir über einen Zeitraum von zwölf Monaten begleiten und den Bogen der Zeit bis zum elften September 2101 spannen. Ob die Reise, die von einem südostasiatischen Meer an Afrika vorbei ins Mittelmeer und schließlich die Themse aufwärts nach London führt, gut ausgeht, können wir nicht sagen, zu unwägbar sind die Folgen der zukünftigen Ereignisse.

Am Steuer stand eine junge Frau, sie beobachtete den nahezu wolkenlosen Horizont und das Land, das vor einer Stunde aufgetaucht war. Sie war großgewachsen, besaß ein schönes ebenmäßiges Gesicht und hatte ihre hellen Haare kurz geschnitten. Das Auffälligste an ihr waren ihre Augen von unterschiedlicher Farbe, das rechte war grün, das linke blau. Da sie gute Gründe hatte, jedes Aufsehen zu vermeiden, wenn sie unter Menschen war, trug sie bei Landgängen fast immer graublaue Kontaktlinsen und eine von mehreren leicht zerzausten dunkelblonden oder brünetten schulterlangen Perücken, die auch dazu dienten, zwei lange Narben hinter den Ohrmuscheln zu verdecken.

Sie war eine von sieben Frauen, die die Mannschaft der Amiramis bildeten und die der Zufall zusammengeführt hatte. Zwar waren sie in derselben Zusammensetzung seit über zwei Jahren auf dem Schiff, aber da die Frauen aus unterschiedlichsten Gründen angemustert hatten, war es völlig ungewiss, wie lange sie als Gruppe zusammenbleiben würden. Auf jeden Fall heuerte die Schiffseignerin Medea Phasias stets Frauen und zwar nur solche, denen sie zutraute, dass sie den Gefahren und Widrigkeiten langer Seereisen auf den Meeren der Welt gewachsen sein würden. Männer ließ sie nur in Ausnahmefällen an Bord – als Crewmitglieder kamen Männer für sie schon gar nicht in Frage.

Ihren Geschäften ging die Schiffseignerin schon eine Reihe von Jahren nach und hatte sich inzwischen den Ruf hoher Zuverlässigkeit und Verschwiegenheit erworben. Sie transportierte Waren, ohne ihre Auftraggeber zu fragen, was sie transportierte. Seitdem auch Optimisten einräumen mussten, dass die Erdölvorräte zur Neige gingen, fossiler Treibstoff zu einem teuren Luxusprodukt geworden war und neuer auch durch Wirtschaftskrisen entfachter Terrorismus zu schärfsten Sicherheitskontrollen in allen öffentlichen Verkehrsmitteln und im rückläufigen, überaus teuren Flugverkehr geführt hatte, war es zu einer Renaissance schneller Segelschiffe gekommen, und zahlungskräftige Kunden schätzten es sehr, wenn Waren ohne Zollkontrollen und Papiere von A nach B befördert werden konnten. Vor allem aber transportierte Medea Informationen und Datensätze: Briefe, Geschäftsprotokolle, Kartellabsprachen, Patente und andere Unterlagen, deren elektronische Übermittlung Absender und Empfänger nicht riskieren wollten, weil die fast lückenlose Überwachung aller Sendungen im zwischenstaatlichen Verkehr durch Zollbehörden, Geheimdienste und sonstige Datenjäger das Postgeheimnis ausgehöhlt und der weltweiten Wirtschaftsspionage Tür und Tor geöffnet hatte. In Einzelfällen hatte Medea auch Menschen transportiert, politische Flüchtlinge zumeist, aber dadurch waren die Geheimdienste diktatorischer Staaten auf das Schiff aufmerksam geworden, und Medea sah sich gezwungen, ihre Routen noch sorgfältiger als früher zu planen und das Anlaufen einer Reihe wichtiger Häfen zu vermeiden.

Die junge Frau im Heck stand trotzdem nur zu ihrem Vergnügen hinter dem Steuer, das Geschäft der Schiffsführung hätte auch der Avatar der Amiramis allein besorgen können. Da jedoch die Küstenkontrollschiffe der Föderation vermutlich nicht im Einsatz waren, sondern von der Flutwelle leckgeschlagen am Ufer lagen, wartete der Avatar in Bereitschaftsstellung auf Befehle und hatte an diesem Morgen nur die Vorgabe, eine Höchstgeschwindigkeit von zweiundzwanzig Knoten nicht zu überschreiten. Der Avatar war ein ganz neues Modell, konnte alle Segel- und Wendemanöver selbständig durchführen und ein eingegebenes Ziel allein ansteuern. Im Hintergrund lief stets ein Programm zur Festlegung der jeweils angemessenen Segelfläche und zur Verbesserung der Segelmanöver, in dem alle abgreifbaren Daten zu Windstärke, Meeresströmung, Wellenhöhe, Wassertemperatur, Schiffsneigung, gesetzter Segelfläche und Geschwindigkeit erfasst und analysiert wurden. Übrigens hatten ihn die Frauen aus einer Laune heraus Henry Morgan getauft und entschieden, sein Hologramm bevorzugt in der Gestalt eines Seeräubers des achtzehnten Jahrhunderts mit Kopftuch, einem schweren Ohrring und einer Augenklappe auftreten zu lassen. Natürlich war er bei Bedarf in der Lage, eine andere Gestalt anzunehmen.

Die junge Frau stand hinter dem Steuer, weil sie schnelles Segeln auf offenem Meer als schön empfand, was vielleicht darauf zurückzuführen war, dass sie aus ihrer frühesten Kindheit die Erinnerung an Segelschiffe, die unter blauem Himmel dahinzogen, bewahrt und jahrelang davon geträumt hatte, auf einem Segelschiff in die Ferne zu fahren. Die Liebe zum Meer, der weite nicht von Mauern, Häusern und Masten der Überwachungskameras verstellte Blick zum Horizont, der Geschmack der salzigen Luft und das nicht von Explosionen und Polizeisirenen gestörte Rauschen der Wellen, kurz das unvergleichliche Freiheitsgefühl war wahrscheinlich das geheime Band, das die sieben Frauen trotz ihrer unterschiedlichen Herkunft und Erwartungen an die Zukunft zusammenhielt.

Die Frau am Steuer besaß einen auf den Namen Sonja Miller ausgestellten australischen Pass, war aber davon überzeugt, Solveig Synn Solness zu heißen, und ließ sich von ihren Gefährtinnen nur mit ihrem Vornamen Solveig ansprechen.

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