Aileen
Klassische Horrorgeschichten von Algernon Blackwood
Horrormagazin
Zwielicht Sonderband 1
Herausgegeben von Michael Schmidt & Achim Hildebrand
Kontakt: Zwielicht_Magazin@defms.de
Das Copyright der deutschen Texte liegt beim Übersetzer
Titelbild: Björn Ian Craig
Mai 2018
Vorwort 5
Algernon Blackwood - Geheimagent und Esoteriker 8
Das Tal der Tiere 21
Aileen 49
Die Tafeln der Götter 92
Max Hensig 115
Anmerkungen zu Max Hensig 184
Die Wölfe Gottes 187
Durch Wasser 217
Der Preis von Wiggins' Orgie 228
Anmerkungen zu Der Preis von Wiggins' Orgie 253
Der Blutweiher 255
Der Hund im Camp 287
Der Heiler des Bösen 382
Bibliographie 391
Algernoon Blackwood - Veröffentlichungsliste 393
Begonnen hat es 2013 mit Michael Schmidts SF-Anthologie Am Ende des Regens , in der Nina Allens Geschichte My Brother's Keeper in deutscher Übersetzung erscheinen sollte. Die Arbeit daran hatte bereits begonnen, konnte aber aus zeitlichen Gründen nicht wie geplant fortgeführt werden. So kam Michael auf mich zu und fragte an, ob ich nicht Zeit und Lust hätte, die Übersetzung zu übernehmen. Als schlechter Nein-Sager und mit mehr Selbstvertrauen als Erfahrung gesegnet, setzte ich mich also an meine erste Übersetzung.
Wider Erwarten ging die Sache so gut, dass ich Geschmack am Übersetzen fand. Zu der selben Zeit schrieb ich als Beitrag für Zwielicht einen Artikel über Algernon Blackwood. Dabei fiel mir auf, wie viele Texte dieses äußerst produktiven Autors noch nicht ins Deutsche übersetzt waren. Die meisten von ihnen gehörten bereits zur Public Domain, und so schlug ich Michael vor, in der nächsten Zwielicht-Ausgabe die Übersetzung eines Blackwood-Klassikers aufzunehmen, um das Angebot breiter und internationaler zu gestalten.
Michael hatte nichts dagegen und wir entschieden uns, es mit einer Blackwood-typischen Geschichte zu versuchen, einer mit viel wilder Natur und Lagerfeueratmosphäre. Die Wahl fiel auf The Valley of the Beasts , der wir den deutschen Titel Das Tal der Tiere verliehen. Sie erschien in Zwielicht 3.
Leider stellte sich nach der Veröffentlichung heraus, dass die Geschichte bereits in deutscher Übersetzung vorlag (in Hitchcocks Gruselkabinett - Die Insel der Stimmen Insel Verlag 1979). Damit war es zwar keine Erstübersetzung, aber immerhin kam sie bei den Lesern und Rezensoren so gut an, dass wir einen zweiten Versuch unternehmen wollten.
Diesmal fiel die Wahl auf The Wolves of God , das unter dem Titel Die Wölfe Gottes in Zwielicht 5 erschien. Wieder hatten wir das Pech, eine bereits existierende Erstübersetzung übersehen zu haben (in Peter Haining (Hrsg.), Schottische Gespenstergeschichten , Fischer Taschenbuch Verlag 1976). Aber wieder war das Leserecho so positiv, dass wir uns entschlossen, das Konzept weiter zu verfolgen.
In Zwielicht 6 erschien daher nicht nur Blackwoods Erzählung Max Hensig , sondern auch Alyssa Wongs für den Nebula und den World Fantasy Award nominierte Story Die Königin der Fischer , sowie mit Sheila Hodgsons Der Fluchstein, ein weiterer englischsprachiger Klassiker. Diesmal hatten wir alles richtig gemacht - zumindest ist bis jetzt keine frühere Erstübersetzung aufgetaucht.
Von da an waren die Blackwood-Stories - zusammen mit weiteren Werken moderner englischsprachiger Autoren - fester Bestandteil der Zwielicht-Anthologien. In den einzelnen Ausgaben sind ferner erschienen:
Zwielicht 7: Der Preis von Wiggins' Orgie (The Price of Wiggins' Orgy)
Zwielicht 8: Der Hund im Camp (The Camp of the Dog)
Zwielicht 9: Durch Wasser (By Water)
Zwielicht 10: Aileen (Old Clothes)
Zwielicht 11: Der Blutweiher (The Tarn of Sacrifice)
Zusätzlich ist in der vorliegenden Sammlung die Erzählung Die Tafeln der Götter (The Man who found out) als Bonus enthalten.
Das war genug Material für ein ganzes Buch, und von Zwielicht-Lesern kam immer wieder die Anregung, die Geschichten in einer eigenen Blackwood-Anthologie zusammenzufassen. Ein Gedanke, den auch wir so reizvoll fanden, dass wir ihn gern aufgegriffen haben; und ja - hier ist sie!
Ich möchte an dieser Stelle nicht näher darauf eingehen, was an Blackwood und seinem Werk bemerkenswert oder gar herausragend ist. Dafür haben wir eine kleine Biographie sowie die Artikel zu ausgewählten Geschichten mit aufgenommen, die auch in den Originalausgaben enthalten waren. Sie bieten einiges an Hintergrundinformation und Gedanken, die hoffentlich für den ein oder anderen Leser von Interesse sind.
In diesem Sinne wünschen wir allen Lesern - alten wie neuen - gute Unterhaltung, interessante Einblicke und vor allem viel von dem Grauen zwischen den Zeilen, für das Blackwood so berühmt ist.
Algernon Blackwood - Geheimagent und Esoteriker
1869–1951
Der junge Lovecraft bewunderte ihn und nannte ihn den 'absoluten und unbestrittenen Meister der unheimlichen Stimmung' und seine Geschichte Die Weiden bezeichnete er als 'nicht nur Blackwoods herausragendste Geschichte, sondern die beste unheimliche Geschichte aller Zeiten'.
Umgekehrt hielt Blackwood allerdings nicht so viel von Lovecraft, in dessen Werken er den 'spirituellen Schrecken' vermisste. Der Liebhaber subtilen Grauens empfand Lovecrafts Texte möglicherweise als zu plakativ und 'monsterhaltig'.
Immerhin, Lovecrafts Instinkt lag durchaus richtig. Wohl kaum ein anderer Autor beherrscht die Kunst der schleichenden Verunsicherung und des unterschwelligen Grauens so wie Blackwood. Monster und Adjektivcluster a la Lovecraft oder Howard wird man bei ihm kaum finden. Es fließt nicht einmal sonderlich viel Blut und in vielen seiner Geschichten ist dem Leser am Ende überhaupt nicht klar, was denn so Schlimmes geschehen ist, oder was den Schrecken der Protagonisten ausgelöst hat.
Um mal ein griffiges Beispiel zu konstruieren: Wo bei Lovecraft etwas, das auf „entsetzliche, grauenerregende und widernatürliche Weise falsch“ ist, dem Helden die Nerven strapaziert, sind es bei Blackwood kleine, kaum wahrnehmbare Unstimmigkeiten in der Umgebung oder seinen Gefühlen, die den Protagonisten – und damit den Leser, denn er bleibt genauso im Ungewissen – zunehmend verunsichern und schließlich zum Zusammenbruch treiben.
Besonders gut gelingt das in Umgebungen, in denen man gar nicht so genau weiß, wie etwas richtig zu sein hat. Etwa wenn ein Zivilisationsmensch, allein und in einer Zwangslage, mit der wilden Natur konfrontiert wird und langsam begreift, wie fremd sie ihm ist.
Zu Blackwoods Standardsujets gehören daher die sogenannten „Lagerfeuergeschichten“, unter denen man einige seiner besten Erzählungen findet. In ihnen weckt die urtümliche Magie der Natur das animalische Erbe tief in uns drin, das sich, je nach Situation, zum zitternden Bündel Angst entwickelt, zur gewalttätigen Bestie oder in einem Kollaps der Persönlichkeit mündet.
Besonders erfolgreich war Blackwood mit den Geschichten um den Detektiv John Silence, der nicht nur über die Fähigkeiten eines Sherlock Holmes verfügt, sondern auch ein parapsychisches Medium ist. Der Erfolg mag zum einen an eben dieser Ähnlichkeit mit Doyles äußerst beliebtem Detektiv gelegen haben, zum anderen sicher auch daran, dass in der viktorianischen Zeit esoterische und spiritistische Themen besonders en vogue waren. Schließlich waren zur gleichen Zeit so berühmte Esoteriker wie Gurdjeff, Ouspensky und Mme. Blavatsky sehr aktiv und prominent. Auch Blackwood selbst hatte zeitweise Kontakt zu ihnen.
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