Halaf: Früher Höhepunkt der Keramikkunst im nördlichen Nahen Osten
Das fruchtbarere Klima nach 5500 v.Chr. führte auch im Norden Mesopotamiens, am Fuße des Taurus-Gebirges und in Syrien, zu einem großen kulturellen Aufschwung und einer beispiellosen Blüte des keramischen Schaffens, wie sie in diesem Raume später nie wieder erreicht werden konnte. Träger dieser Kultur war eine bäuerliche Gesellschaft. In der Region wurde bei den nun feuchteren Klimaverhältnissen Regenfeldanbau möglich und sie begann daher sich mit einem Netz von kleinen bis mittelgroßen bäuerlichen Siedlungen zu überziehen. Schon um 5500 v.Chr. tauchte dort auch ein neuer Keramiktyp auf, die bemalte Halaf-Ware, benannt nach dem ersten Fundort Tell Halaf am Habur-Fluss. Es ist die feinste und eine künstlerisch unübertroffene Keramik, welche man bisher im Nahen Osten irgendwo und irgendwann finden konnte. Die hochpolierte und mit strahlenden Farben mehrfarbig bemalte Ware mit geometrischen Mustern erreichte ein außerordentlich hohes künstlerisches Niveau, welches man durchaus mit jenem der viele Jahrtausende jüngeren attischen Vasen aus der griechischen Klassik in Vergleich setzen kann.
Die Halaf-Periode ging schon um 5000 v.Chr. wieder zu Ende. Es ist die kühlere Zwischenperiode, in der im südlichen Zentraleuropa die Gunstphase der Bandkeramiker von Unruhen geprägt war, gekennzeichnet durch Massaker wie in Aspam an der Zaya und in Talheim bei Heilbronn. Abb. 13 weist für diese Zeit einen scharfen Abschwung der Temperatur nach und Sedimente aus dem Vansee (Abb. 12) zeigen einen Einbruch bei der Feuchtigkeit. Dieselbe Information geben Tropfsteine aus dem Oman. Es hatte also eine trockenere und unfruchtbarere Zwischenphase eingesetzt, welche der Regenfeld-Kultur von Halaf in einer für Trockenheit anfälligen Region so stark zusetzte, dass sie den bald einsetzenden großen klimatischen Wiederaufschwung nicht mehr erreichen konnte. Das war dann aber eine Chance für die Ausbreitung der Obed-Kultur aus dem Süden, welche den hier zeitweise notwendig werdenden Bewässerungs-Ackerbau schon seit langer Zeit beherrschte . Lit. 13.5
Das frühe Südmesopotamien im Aufschwung: das Jüngere Obed
In der frühen klimatisch sehr wechselhaften Obed-Periode war im Süden Mesopotamiens die Obed- Kultur aufgetaucht; sie war aber auf den Süden Mesopotamiens beschränkt geblieben. Nach Untersuchungen des deutschen Forschungsschiffes Meteor im Persischen Golf an Sedimenten, welche aus Mesopotamien eingetragen worden waren, begann die Trockenheit in Mesopotamien um die Jahrtausendmitte einem feuchteren Klima Platz zu geben. Diese Klimaverbesserung schuf dann die Voraussetzung für ein Anwachsen und Erstarken der Bevölkerung und eine territoriale Expansion. Um 5400 v.Chr. hatte sich dann mit einer überwiegend fruchtbaren warmen Feuchtphase ein längeres Klimaoptimum eingestellt. Obwohl das Meer im Persischen Golf weiter anstieg und weiterhin Land verschlang und damit weiter Flüchtlinge ins Land drängten, überwogen nun die günstigeren Faktoren. Dieser Bevölkerungszuzug mag nun auch zur territorialen Expansion beigetragen haben. In der Periode Obed 2 breitete sich daher die Kultur des Südens, welche seit langer Zeit die Bewässerungswirtschaft beherrschte, zunächst nach Mittelmesopotamien und nach dem Osten in die Region von Susa vor dem Zagros-Gebirge aus und gegen Ende des 6. Jahrtausends v.Chr. auch nach dem Norden, in den bisherigen Bereich der Halaf-Kultur, deren Regenfeldanbau um eben diese Zeit wegen der wieder um sich greifenden Trockenheit in eine Krise geriet.. Die Obed-Menschen aus dem Süden beherrschten ja die Bewässerungskultur! In der Folge findet man die typischen dreiteiligen Häuser aus Lehmziegeln mit einem großen Mittelsaal und mehreren kleineren Räumen in den Flügeln in ganz Mesopotamien. Sie entwickelten sich sogar zu monumentalen Bauten weiter, welche auf künstlichen Terrassen errichtet wurden. Erstmals hatte man ein solches Bauwerk auf einer Terrasse wieder im religiösen Zentrum des Südens, in Eridu, gefunden.
In dieser langen Zeit scheinen sich auch überregionale Zentren mit großen Gemeinschaftsräumen herausgebildet zu haben. Gegen Ende des 6. Jahrtausends v.Chr. liegen sogar Zeichen für das Entstehen einer Gesellschaft mit Statusunterschieden vor, also für eine Hierarchisierung, und die neue Gesellschaftsordnung entwickelte sich in der Folge immer weiter. Große monumentale Bauten konnten wohl auch nicht ohne zentrale Autorität errichtet werden! Die Siedlungen wurden immer größer und manche erreichten eine Fläche von etwa 10 Hektar. Man fand auch Hinweise auf Organisation und Registratur, nämlich Zählzeichen aus gebranntem Ton, und Stempelsiegel, die in Ton eingedrückt wurden und als Eigentums- oder Herkunftsangabe wie auch als Verschlusssicherung dienten. Sie sind wie die Zählzeichen Vorläufer des späteren sumerischen Schriftsystems.
Das südliche Mesopotamien war also die Keimzelle der frühen kulturellen Entwicklung des Obed in Mesopotamien und der gesamte Nahe Osten bis nach Anatolien erlebte in einer langen Gunstperiode des Klimas dann eine ähnliche Entwicklung. Die Menschen aus dem Golf hatten ihre Heimat durch die Flut verloren und sie kamen als arme Flüchtlinge im Süden Mesopotamiens an; nach einer langen von Mühen beladenen Anlaufperiode führte aber später eine lange überwiegend fruchtbare Zeit wieder zur Vermehrung der Bevölkerung, zu kultureller Erholung und zu Weiterentwicklung, Wohlstand und territorialer Expansion. Die Erfahrungen, die ihre Ahnen in der Ebene im Golfmeer vor seiner Überflutung erworben hatten, waren dabei hilfreich. Sie wurden in ihren Erzählungen auch bewahrt bis in eine Zeit, in welcher die Menschen dann das Schreiben erlernt hatten. Lit. 13.6
Ausbreitung einer bäuerlichen Kultur auf der iranischen Hochebene
Die iranische Hochebene mit einer mittleren Höhenlage von etwa 1500 Metern über dem Meer wies in den Kaltphasen der Eiszeit ein lebensfeindliches Klima auf. Erst nach einer genügenden Wiedererwärmung nach dem Kälterückfall der Jüngeren Dryas wurde die Hochebene für die Menschen wieder interessant.
Die Besiedelungsgeschichte des iranischen Raums ist wohl nur vor dem Hintergrund der Vertreibung der Menschen aus der Golfebene durch mehrere Fluten zu verstehen. Die Menschen auf der iranischen Seite des Golfmeers gelangten nach ihrer Vertreibung aus den Uferbereichen über die Passagen der Flüsse, die in den Golf mündeten, allmählich auf das iranische Hochland. Eine wichtige erste Pforte war die weite Bucht von Bandar Abbas im Osten mit ihren zahlreichen Zuflüssen. Ein anderer bedeutender Pfad der Ausbreitung war der spätere elamische Königsweg, eine Querpassage vom Tiefland in Khusistan (Susiana) am Nordwestende des Golfmeers durch teils weite und fruchtbare Zagrostäler auf die Hochfläche der Persis. Es stimmt nachdenklich, dass zwei so gegensätzliche Landschaften, das heiße und wasserreiche Tiefland der Susiana, welches wenig über Meeresniveau liegt, und die kühlere Hochfläche der Persis in etwa 1500 Meter Höhe mit einer Verbindung quer durch den Zagros später zum ersten Reich auf persischem Boden werden konnten, des Reiches von Elam, welches schon in der Bibel erwähnt ist. Dies ist wohl nur geschichtlich aus der Zeit der Besiedelung her zu verstehen. Von diesem Gebiet ging auch eine Expansion nach Indien aus, wie dies die schon erwähnten genetischen Untersuchungen gezeigt haben.
Natürlich haben auch andere Flüsse aus dem iranischen Zagros-Gebirge als Wanderwege auf das iranische Hochland gedient, wie Nebenflüsse des Tigris, Karun und Dez, welche die Menschen in die Region von Hamadan am Nordostrand des Zagros-Gebirges und weiter an den wasserreichen Fuß des Elburs-Gebirges in die Gegend von Teheran gelenkt haben.
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