Die Zeitspanne von 4600 bis 3200 v.Chr. ist von insgesamt 6 tiefen Einbruchsphasen der Sonnenaktivität gezeichnet und sie zeigt hier neben der „Kleinen Eiszeit“ im 2.Jahrtausend n.Chr. insgesamt das tiefste Niveau der vergangenen 7500 Jahre (s.Abb. 6). Mehrfach vollführte sie auch Riesensprünge: immer wieder ließ eine Erwärmung in einer Phase hoher Sonnenaktivität Hoffnung auf bessere Zeiten aufkeimen, aber immer wieder folgten Abschwung und Klimaverfall!
Die Folge waren Vorstöße von Eisbergen im Atlantik, welche schon in der zweiten Hälfte des 5.Jahrtausends v.Chr. begannen, mit Schwankungen fast das gesamte 4.Jahrtausend anhielten und erst um 3200 v.Chr. nach einem Tiefstwert ein ganz plötzliches Ende fanden (Abb. 10). Es war der stärkste und längste Vorstoß von Eisbergen innerhalb der letzten zehn Jahrtausende! Den Menschen stand also eine lange schwere Zeit bevor!
Die Welt wurde unfruchtbarer: sinkende Methangehalte in Eisbohrkernen aus Grönland und der Antarktis zeigen dies klar an (Abb. 8). Sedimente aus einem Eifelmaar weisen schon um 4 400 v.Chr. auf einen scharfen Einbruch der Fruchtbarkeit hin und der organische Anteil von Einwehungen im Meeresboden westlich von Afrika fiel bis 4 250 v.Chr. auf einen recht niedrigen Wert ab. Nach Informationen aus dem Holz von süddeutschen Eichen entsprechen den beiden Minima der Temperatur um 4300 und 4100 v.Chr. (Abb. 13) auch 2 ausgeprägte Minima der Fruchtbarkeit.
Mit der Abkühlung wurde es also in einem großen geografischen Raum trockener und unfruchtbarer! Eisbohrkerne aus Grönland zeigen schon von 4600 bis 4200 v.Chr. eine fallende Schneeakkumulation und damit verminderte Niederschläge an. Auch Sedimente aus einer großen Region, vom Van-See in Ostanatolien (Abb. 12) und aus Südnorwegen wie auch fallende Spiegel süddeutscher Seen deuten für fast die ganze zweite Hälfte des 5.Jahrtausends v.Chr. recht trockene Bedingungen an.
Im 4. Jahrtausend v.Chr. steigerte sich die Ungunst des Klimas noch: fast das gesamte Jahrtausend war von weiten Eisvorstößen im Atlantik geprägt (s.Abb. 10). Der größte Teil dieses Jahrtausends wurde so zu einer langen Zeit einer harten Prüfung für Menschen und Kulturen: keines der letzten 10 Jahrtausende war von so langanhaltenden tiefen Einbrüchen von Kälte und Trockenheit geplagt! Ein kräftiger Eisvorstoß im Atlantik mit einem Maximum um 3800 v.Chr. hatte schon um 4100 v.Chr. begonnen (Abb. 10). Der folgende leichte Rückzug der Eisberge um 3600 v.Chr. war nur von kurzer Dauer, denn gegen Mitte des Jahrtausends erfolgte schon wieder der nächste Vorstoß und aus ihm entwickelte sich bis 3300 v.Chr. sogar der kräftigste Eisvorstoß der letzten 10 000 Jahre!
Fast ein volles Jahrtausend war also von Eisvorstößen im Atlantik, überwiegend kühlen Temperaturen und der daraus folgenden Trockenheit und Unfruchtbarkeit geplagt. An den Kulturen dieser Zeit konnten die widrigen und zudem stark wechselnden klimatischen Verhältnisse dieser langen Zeit nicht ohne ernste Folgen vorübergehen!
Zerstörung der Alteuropäischen Donauzivilisation
Eindringen von Menschen aus dem Osten: Kurgan I
Auf dem Balkan war in der starken Erwärmungsphase nach 5500 v.Chr. eine große Zivilisation, die Alteuropäische Donauzivilisation, entstanden, welche eine ganze Reihe von bedeutenden kulturellen Leistungen hervorgebracht hat, wie das erste bekannte Schriftsystem der Welt. Diese frühe Zivilisation ist unter dem Druck der Klimaverschlechterung und von Invasoren aus dem Osten in mehreren Schüben wieder untergegangen; allerdings hat sie erkennbar befruchtende Spuren bei der minoischen und der mykenischen Kultur hinterlassen. Sie wurde durch mehrere Einfälle von mobilen Halbnomaden (Kurgan I – III), welche u.a. das Pferd und das Ur gezähmt hatten, zwischen 4300 und 2800 v.Chr. zerstört, in einer Zeit mit tiefen und lange dauernden Eisvorstößen im Atlantik, verbunden mit kühlem und trockenem Klima.
Gräber bei Varna in Bulgarien mit reichen Goldschätzen zeigen, dass schon um 4500 v.Chr. Menschen aus der an das Gebiet der Donauzivilisation im Norden und Osten angrenzenden russischen Steppe in die Donauzivilisation eingesickert waren und dabei waren, sich zur Führungsschicht zu entwickeln. Vermutlich geschah dies durch die Übernahme von Handelsbeziehungen und über Einheirat. Nach diesem offensichtlich friedlichen Beginn des Eindringens zwangen dann Phasen von großer Trockenheit und Unfruchtbarkeit Menschen aus der Wolga-Steppe zur Abwanderung nach dem Westen und zur Suche nach fruchtbarerem Land. Sie drangen nun gewaltsam in Gebiete der Alteuropäischen Donauzivilisation ein.
Im Klimatief um 4300 v.Chr. (Abb. 13) kam eine erste Welle dieser halbnomadischen Viehzüchter von Osten her auf den Balkan. Sie entflohen der Trockenheit ihrer Heimat, der Wolga-Steppe, in den Westteil der heutigen Ukraine, in das Mündungsgebiet des Dnjestr, in das fruchtbare Moldawien und das untere Donautal bis nach Süd-Ungarn, also auch in Kerngebiete der Alteuropäischen Donauzivilisation, und sie leiteten damit neben der Klimaverschlechterung den Niedergang dieser großen europäischen Frühkultur ein: der Schriftgebrauch begann in den nächsten Jahrhunderten zu erlöschen.
In der Zeitspanne zwischen 4300 und 4100 v.Chr. wurden Hunderte von Siedlungen an der unteren Donau und in Ostbulgarien auf den Hügeln aufgegeben und neue kleinere Siedlungen im flachen Land errichtet. In den alten Siedlungen finden sich Brandspuren: die Klimaverschlechterung hatte wohl zu Gewalttaten geführt! Werkstätten für keramische und Metall-Arbeiten fand man in den neuen Siedlungen nicht mehr. Die Haupterwerbsquelle war nun auch nicht mehr der Ackerbau sondern die Viehhaltung.
Bandkeramiker an der Donau geraten unter Druck
Das sich verschlechternde kühlere und trockenere Klima brachte auch die bandkeramischen Bauern in Mitteleuropa in Bedrängnis. Schon um 4600 v.Chr. – nach der Beendigung des Klimaoptimums, welches durch die Errichtung von großen Kreisanlagen gekennzeichnet ist – zeigen die Dekors der Keramik in Fundstätten bei Straubing in der niederbayerischen Donauebene eine Verarmung an. Kurz danach – zwischen 4500 und 4200 v.Chr. – trat dann dort eine neue Kultur auf, nach dem ersten Fundort „Münchshöfener Kultur“ benannt, ein grazilerer Menschentyp mit einer neuen Hausarchitektur, mit anderer Keramik und auch mit einer unterschiedlichen Art der Bestattung der Toten. Die neue Kultur wird der Lengyel-Kultur aus dem Raum Wien/Südslovakei zugerechnet, einem Zweig der Donauzivilisation. Erstmals taucht nun Kupfer in dieser Gegend auf. Die neue Kultur brachte eine sehr fein gearbeitete Keramik mit vielfältigen Formen und raffinierten Dekors mit. Ihre sog. „Fruchtschalen“, flache Schalen, die auf einem hohen Tonzylinder mit reicher Verzierung aufgesetzt sind, zählen zu den schönsten Keramikschöpfungen der Vorgeschichte!
Die Zuwanderer dürften dem Druck gewichen sein, den Invasoren von Kurgan 1 aus der russischen Steppe auf die sesshafte Bevölkerung des Balkans ausgeübt haben. Als Folge begann die Kultur zu verarmen, denn eine Schrift hat man auf den Fundstücken nicht mehr gefunden. Lit. 14.1
Bergbau in Niederbayern endet im Klimatief
In dem zwar von wechselhaften aber insgesamt noch brauchbaren klimatischen Bedingungen gekennzeichneten Beginn der zweiten Hälfte des 5.Jahrtausends v.Chr. entwickelte sich im niederbayrischen Arnhofen bei Abensberg, 30 Kilometer südwestlich von Regensburg, ein schwungvoller „Bergbau“ zur Gewinnung von Plattenhornstein, welcher über weite Entfernungen gehandelt wurde. Der hochwertige gebänderte Plattenhornstein taucht in Fundstätten an Rhein, Ruhr, Weser, in Württemberg, Westthüringen und auch in großen Teilen Tschechiens sowie in Niederösterreich auf.
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