Es war und ist der Industrie auch egal, dass in Deutschland wie in allen anderen Ländern auch, wo die Industrie in Billigarbeitsländer abwanderte, ein Heer von Arbeitslosen und verarmenden Menschen hinterlassen hat. 1-Euro-Jobs erfunden wurden. Menschen soweit nach unten manipuliert wurden, dass sie sich gar nichts besseres als Harzler als ,Gelderwerb‘ vorstellen können.
„Wo ist das Problem?“, wird gefragt. Ja, das frage ich mich allerdings auch. Man fühlt sich wie ein altertümliches, dümmliches Fossil neben diesen praktizierenden Geschäftsleuten, die nichts besseres zu tun haben, als Menschen vollständig zu entmenschlichen und zu kalkulierenden Zahlen schrumpfen zu lassen. Sie fragen, „Ethik? Was ist das denn? Ich bin doch Geschäftsmann!“ Nein, mit kalkulierter Frechheit und Feinsinnigkeit werden hier Tag für Tag schamlos Geschäfte abgewickelt, die nichts Menschliches mehr an sich haben.
„So ist das eben im Kapitalismus. Im globalen Zeitalter wohlgemerkt, weil imperialistisch klingt schon wieder so politisch und abgedroschen! Man könnte an die Warnungen von Karl MARX und der Verarmung denken und dem will man doch ganz bestimmt nicht bestätigen, dass die Analysen richtig waren, die er angestellt hat. Obwohl er tot ist“, könnte man hören, „aber das ist egal. Wir wissen, wie man Reibach, Profit oder Kapital macht. Und wir wissen, wie man ihn, den Mehrwert, berechnet. Und das ist wichtig.“
„Wie jetzt? Wenn ein Unternehmer so produziert, hat niemand ein Problem damit? Das finde ich erstaunlich. Ganz ehrlich“, würde ich sagen, „Sie nicht?“
Und was sagt die Industrie dazu?
„Waffenexporteur Gerhard Georg Mertins von der Merex AG in Bonn beschwört eine Gefahr für den zivilen Export als Folge der neuen Ausfuhrbeschränkungen für Rüstungsgüter: „Ein Land, das von uns keine Waffen kriegt, kauft auch andere Sachen woanders.“(DER SPIEGEL, 3. JULI 1973)
Da versteht man sofort, warum Deutschland seine Waffenherstellung quasi weiterführen musste und dies auch politisch Zustimmung fand und immer noch findet. Das ist für die Balance in der Welt. Wie die Industrie sich freute, wieder weitermachen zu dürfen! Ironisch könnte man sagen: Es ist eine gute Tat! Ja, man hat das Geschäft mit dem Krieg begrifflich bis zu „Friedenstruppen“ rhetorisch hoch schreiben können, um Profite gleichfalls hoch zu schrauben in Deutschland. Waffen wurden in Massen verkauft und mit Genehmigung der Politik ausgeführt. Die Perversionen, gleichzeitig Waffen und Pflaster und Flugzeugbomber mit Nahrung in dasselbe Land fliegen zu lassen, und diese Maßnahmen politisch im Namen der armen, leidenden Menschen zu begründen, ist stark. Bomben und Waffen, um sie zusammen zu ballern, Krankenschwestern und Krankenstationen, um sie wieder zusammen zu flicken und Nahrung zum Aufpäppeln in Feldküchen. Müssten diese Vorgänge in meiner Berufsgruppe begutachtet werden, würde eine Begutachtung kompliziert und nachhaltig festhalten müssen, dass diese Menschen nicht in der Lage sind, Entscheidungen zu treffen ... Nein, man will das Geheimnis wahren, dass die Menschen in diesen Ländern ihre Existenz und ihr Leben für Profit und Macht hinzuhalten haben. Man will in Deutschland und anderen reichen Ländern dieser Welt alles haben, aber vor allen Dingen, Geld. Und man tut so, als wolle man Menschen auch noch retten, obwohl man die Kugeln für sie mitliefert. Man möchte ja nur Gutes tun.
Ich will mich nicht dazu versteigen zu sagen, der Werbespruch von Rheinmetall fasst Globalisierung und die Interessen der Wirtschaft präzise zusammen. Ersetzt man ,to Kill‘ durch ,zu produzieren‘, kommt man der Sache näher und dennoch stellt sich oft hintenherum das ,to Kill‘ als Folge wieder ein. Weiter spricht man nicht selten davon - auch wenn man es nicht so meint - dass der Wettbewerb den Konkurrenten ,ausschaltet‘. Ja, dieses Interesse hat man im Kapitalismus. Da wird nämlich nicht gemeinsam gewirtschaftet, sondern allein. Das ökonomische Spiel läuft immer so: Extrem niedriger Einsatz und hoher Gewinn. Alles andere ist Unsinn. Basta. Aber die Faktoren müssen Tod, Krankheit und Unmenschlichkeit ausschalten und nicht als ,normales Risiko‘ voraussetzen.
Rund um die Welt leben 700 Millionen Menschen in absoluter Armut. Statistisch berechnet bedeutet dies, sie verfügen über 1,25 US-Dollar pro Tag, wie heute Morgen, am 7. November 2015 in der Ruhr Nachrichten zu lesen war. Da wird es eine hohe Dunkelziffer von Menschen geben, die gar kein Geld haben. Dann kommen noch sehr, sehr viel Menschen hinzu, die arm sind und diejenigen, die jeden Tag mit Verarmung kämpfen. Dann die Arbeitslosen, die ganz sicher als Gruppe weiter unterteilt werden können, wer davon noch einen Job zusätzlich erledigt und sich nicht entmutigen lässt, weil er seine Kinder doch weiterbringen will, im Gegensatz zu denen, die gleichgültig geworden, keinen Finger mehr rühren. Dann die Mittelständler, denen das Geld zwischen den Fingern Richtung Finanzamt, Banken und Kinder durchs Studium bringen etc. dahin schmilzt. Dann die Kranken, die letztlich alles verlieren, denn niemand wird in Deutschland im Mittel- oder Oberschicht aufgefangen im Sozialstaat, der nicht vorher alles, was er hatte, für die Eistenz eingesetzt hat. Und zwar ganz egal, was er an Steuern und Sozialabgaben in seinem Leben bezahlt hat. Sein Pech!
Arme Menschen sterben früher. Kranke Menschen sterben früher. Flüchtende Menschen sterben früher. Menschen, die mit Schadstoffen belastete Kleidung tragen, erkranken und sterben früher. Menschen, die sich nur schlecht ernähren können, weil sie kein Geld für gute Lebensmittel haben, sterben früher. Menschen sterben weltweit an belasteten und vergifteten Nahrungsmitteln - manchmal sehr schnell, oft schleichend. Also, die wichtigsten Faktoren, die eine Überbevölkerung bewirken könnten, scheinen nach und nach ausgeschaltet zu werden. Geburtenkontrolle ist in China gelockert - nun dürfen Chinesen zwei Kinder haben. Aber: Das Geld reicht nicht, zwei Kinder und zwei Erwachsene zu ernähren. Es sind inzwischen weltweit so viele Frauen aufs scheußlichste vergewaltigt und missbraucht worden, dass sie keine Kinder mehr bekommen können. Westliche Frauen kontrollieren die Köpfe ihres Nachwuchses.
So präzise wie Waffen feilgeboten und gut verkauft werden mit den passenden Werbesprüchen, wie dem gerade oben zitierten, so wird geschlampt in einem Bereich, in dem das nicht passieren dürfte und verboten gehört.
Es ist das Gesundheitswesen.
Auch hier dürfte in einem etwas anderen Sinne, der die Gemüter vielleicht zurückschrecken lässt, das Prinzip LOW COST TO KILL verwirklicht sein: Man spart Kosten und geht das Risiko ein, dass Menschen sterben. Und warum? Weil zu wenig Kapital eingesetzt wird, um Patienten gut zu versorgen. Der Arbeitsdruck auf das Personal ist zu groß. Sie müssen zu viele Patienten in kleinen Zeiteinheiten in Akkordzeiten versorgen.
Ärzte und Pflegepersonal machen da natürlich Fehler - auch wenn 15.000 Menschen jährlich in Deutschland an fehlender oder schlampiger Hygiene und ,fehlender‘ Zeit sterben, man ,vergesse‘ eben die 1/10 Sekunde zur Desinfektion zwischen zwei verschiedenen Arbeitsgängen, wo man die Hände in einen Spender hineinsteckt und nichts weiter tut, als sich die Hände vorschriftsmäßig einzureiben, damit das Desinfektionsmittel einzieht.
Was ,fehlende Zeit‘ sein soll, bleibt indes semantisch, erkenntnistheoretisch und logisch reflexionswürdig! Denn, was soll das denn bitte schön sein, fehlende Zeit? Das ist Quatsch! Es gibt keine fehlende Zeit. Kapitaler Geiz und Profitwille der Krankenkassen sollen in dieser blödsinnigen Redewendung im Sandkasten rhetorischer Unsinnigkeiten maskiert versinken. Ökonomisierung pflegerischer Tätigkeiten sollen ins profane Raster von Time is money gepresst, nicht mehr debattiert werden. Personeller Mangel wird gespenstisch verkleidet in Knappheit von Zeit und damit in ein harmlos klingendes Ding, ja, das sich wie eine Spielpuppe für Denktätigkeiten interessierter Hörer und Leser eignet und sich Aussagen individuell assimiliert verwandeln lassen durch hin- und her schieben in bekannten Gewässern, die auch Reiche von Astrophysik streifen und höhere Philosophie zwar anklingen lassen, sich aber letztlich als völlig fehlplatziert erweisen. Die semantische Konstruktion ,Fehlende Zeit‘ klingt tatsächlich so alltäglich, so profan und mit großer Akzeptanz sozial versehen, dass dieses Pärchen eine augenscheinliche Glaubhaftigkeit erlangt, die schlicht verboten gehört. Allen Ernstes wird so getan, als gäbe es ,fehlende Zeit‘. Weniger Globalisierung des ökonomisierten Krankenhauswesens in Richtung Profitmaschinerie der Krankenkassen und neue Konzepte angemessener heilerischer Tätigkeiten MIT GENÜGEND PERSONAL würde augenblicklich diese Redewendung als das erscheinen lassen, was sie ist: Eine Lüge.
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