Jana schmunzelt. „Es ist nicht immer alles so wie es scheint. Aber du bist wirklich ein guter Beobachter, Mika ... wenn du nicht gerade die Unterwasserwelt bewunderst.“ Und mit einer schnellen Bewegung befreit sich Jana aus Mikas Klammergriff und schubst ihn lachend von sich weg. Prustend taucht Mika zwei Meter weiter wieder auf.
„Das zahl' ich dir heim!“, lacht er und wischt sich das Wasser aus den Augen.
*
Irgendwann hat auch der Letzte genug von der Toberei und die Gruppe zerstreut sich. Zum Schluss liegen Mika und Jana nebeneinander auf einer weichen Sanddüne und lassen sich von der warmen Luft trocknen. Jana schnurrt wie eine zufriedene Katze, während Mika seinen Blick nicht von ihren nackten Brüsten lassen kann.
„Na, gefällt dir, was du siehst?“, raunt Jana und lächelt dabei.
Aber ihre Augen sind doch die ganze Zeit geschlossen. „Wie macht sie das?“, denkt Mika und wendet schnell seinen Blick ab. „Ich weiß nicht was du meinst“, antwortet er so ruhig wie möglich. Als er spürt, wie Jana ihm kurz mit einem Finger über die Wange streicht, sieht Mika zu ihr rüber. Jana liegt auf der Seite, Mika zugewandt. Mika dreht sich ihr nun ebenfalls zu.
„Warum schämst du dich eigentlich so oft für deine Gelüste?“, fragt sie ruhig und überhaupt nicht ironisch. Mika räuspert sich und zwingt sich dann, Janas Blick zu erwidern.
„Ich weiß nicht“, erwidert er verlegen. „Ich glaub‘, meine schüchterne ... (räusper) ... Seite wird nie so ganz verschwinden.“ Er blickt verträumt über Janas Schulter ins Nirgendwo.
„Ich wäre gerne so selbstsicher wie ... „Keno“ du.“ Beinahe hätte er sich versprochen, es sich aber noch im letzten Moment verkniffen.
„Ach Mika!“, Jana schnippt frech ein wenig Sand in seine Richtung. „Bloß nicht! Das hab‘ ich dir doch eben schon gesagt. Du musst so bleiben wie du bist. Aber schäm' dich nie für das was du willst!“, redet sie ernst weiter. „Du bist in meinen Augen einfach wunderschön, Mika. Dein Körper, deine Ausstrahlung, dein ganzes Wesen. Aber noch schöner wärst du, wenn du dich selbst lieben würdest – und zwar genauso wie du bist.“
„Wie ich bin …“ Mika starrt Jana an.
„Ja!“, versucht sie ihn weiter zu überzeugen. „Du solltest dir selbst gegenüber ein wenig liebevoller sein.“
Mika ist baff. So hat er sich selbst noch nie gesehen. Eine Antwort kommt ihm nicht über die Lippen. „Liebevoller“, wiederholt er langsam in Gedanken.
Doch er kommt nicht dazu, weiter vor sich hin zu sinnieren. Maddie lässt sich neben ihn in den Sand fallen und streicht ihm sanft über den Oberarm. Zeitgleich lassen sich zwei Männer neben Jana nieder und beginnen, sie zu umgarnen.
„Na, Mika, fühlst du dich wohl?“, raunt Maddie ihm ins Ohr, während sie ihn sanft weiterstreichelt. Mika lächelt. Sie spricht betont langsam, da sein Englisch nicht so toll ist.
„Ja, sehr!“, erwidert er und strahlt sie an, während er sich seitwärts zu ihr dreht. Seinen Kopf stützt er mit der Hand ab und streicht Maddie ebenfalls zart mit einer Hand über die Hüfte.
„Vielen Dank, dass ich Jana begleiten darf!“, ergänzt er noch und sein Augenaufschlag haut Maddie fast um. „Ich muss mich doch tatsächlich bei George bedanken“, geht ihr durch den Kopf, während Mikas sanfte Hand eine kleine Gänsehaut auf ihren Rücken zaubert. „Wenn dieser Blick hält, was er verspricht, hat sich mein Besuch bei dem alten Sadisten tatsächlich gelohnt. – Hmm, wieso Keno ihn nur gehen lässt? Na ja, egal. Jetzt will ich ihn erst mal ein bisschen auf Touren bringen.“
Sie greift hinter sich und wie aus dem Nichts zaubert sie ein Metallkästchen aus dem Sand. Sie öffnet es vorsichtig und pickt mit den Fingerspitzen eine kleine hellrosa Pille heraus.
„Willst du mit mir fliegen, Mika?“, schnurrt sie ihm erwartungsvoll zu.
Mika erwidert ihren Blick einige Sekunden „Schäm‘ dich nie für das was du willst“ und statt einer Antwort öffnet er langsam seinen Mund und streckt ein wenig die Zunge heraus. Maddie lächelt siegessicher. „Jetzt kann’s losgehen. Ich werde dich genießen, Süßer!“
Auch Jana und ihre beiden Verehrer werden mit der Droge versorgt, bevor Maddie sich bedient. Wie aus heiterem Himmel werden neue Drinks gebracht. Mika geht’s so gut!! Er stöhnt wohlig laut auf, während er sich nach hinten legt und auf den Ellbogen aufstützt.
Doch was war das?!
„Maddie!! Hast du das gesehen? Den Vogel?! So bunt!! So was hab‘ ich noch nie geseh’n!“ Aufgeregt wie ein kleines Kind setzt Mika sich gerade hin. „Wo ist er? Wo ist er hin?“
Fast hektisch sieht er zu Maddie hinüber. Sie lacht ihn breit an. Und schon wird er von der nächsten Banalität gefesselt. „Ihre Zähne! Oh mein Gott, ihre Zähne! Sie sind so weiß! Und sie strahlen.“
Mika starrt wie gebannt auf Maddies Mund.
„Komm näher“, flüstert sie ihm zu. Ihre Stimme hört sich an wie Feengewisper. So unwirklich und so sanft. Mika gehorcht. Er rückt immer weiter zu ihr, bis seine Lippen nur noch einige Millimeter von ihren entfernt sind. Als sie sich berühren, ist dies der süßeste Kuss, den Mika jemals gefühlt hat. Und als sie sich auch noch mit ihren Zungenspitzen abtasten, kann er vor überschäumender Erotik kaum an sich halten. Das ist der Knaller!! Sie können nicht mehr aufhören. Es ist eine Sucht. So glatt und geschmeidig. So nass und süß. Während er Maddie verschlingt, keucht er immer intensiver in ihren göttlichen Mund. Auch ihre Hände beginnen zu wandern. Als sie ihm mit den Fingernägeln über die Brust kratzt, stöhnt Mika überrascht auf, während er zurückzuckt und an sich herabstarrt.
Die kleinen roten Linien sehen in seinen Augen aus wie glühende Lava. Vor Erstaunen reißt er seine Augen weit auf.
„Maddie! Sieh‘ nur! Da ist Glut!“, stottert er verwirrt.
„Jaaa“, haucht sie und überbrückt erneut die kleine Distanz zwischen ihnen. „Ich lecke deine Wunden, mein Süßer!“ Und schon wandert ihre Zunge die roten Linien entlang.
„Aah“ Mika wirft den Kopf in den Nacken. „Deine Zunge brennt auch“, stammelt er vor sich hin, ohne zu realisieren, dass er überhaupt spricht.
Als ihre Lippen seinen Schwanz umfangen, schreckt er kurz auf, weil gleichzeitig jemand laut losbrüllt. Aber dann merkt er, dass er es selbst war, der so laut stöhnt. Und wieder lacht und stammelt er planlos vor sich hin.
Die Droge hat Mika dermaßen im Griff, dass er nichts um sich herum mitbekommt. Weder die sexuellen Aktivitäten der anderen Gäste, noch die Tatsache, dass zwei unscheinbare Typen in schwarzen Boxershorts alles filmen.
Edward ist sehr zufrieden. Während er sich von einer strammen Blondine einen blasen lässt, beobachtet er die Gäste und vor allem Maddie. Sie war schon lange nicht mehr so relaxt. Ob nun mit oder ohne Drogen. Seit damals – seit dieser … Sklave – bei dem Gedanken an Keno spuckt Edward innerlich aus – also, seit damals hat er sich verändert. Und das färbt natürlich auch auf Maddie ab. Nicht nur wegen seiner körperlichen Schäden, auch sein Gemüt ist nicht mehr dasselbe. Dieses Miststück wollte ihn abknallen. Wenn Maddie dem Sklaven nicht in den Arm gefallen wäre, hätte diese Ratte ihn mitten im Kopf getroffen. Das wär’s dann gewesen. Er hatte zwar noch einmal abgedrückt und Edward im Oberschenkel getroffen, doch das war nur eine Fleischwunde gewesen. Zwar muss er deswegen an manchen Tagen einen Stock zu Hilfe nehmen, aber das klappt ganz gut. Das, was Edward am meisten zusetzt, ist sein zerstörtes Gesicht. Er war noch nie eine Schönheit, schon klar. Doch wenigstens konnte er sich in der Gesichtslosigkeit der großen Masse verstecken. Aber jetzt?! Jetzt ist er ein Monster, das in jedem Gegenüber sofort Abwehr hervorruft. Ekel, Mitleid, Entsetzen. Nur Menschen wie Jana sind über solche Dinge erhaben. Deshalb mag er die kleine Person auch so sehr.
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