gesagt, die Höhe von Höhe und Schlankheit.
Ich habe dieses Tablett oft gesehen, seitdem ich die unschuldig
lächelnde (oder, was wahrscheinlicher ist, quäkende) Ursache
dafür war, daß der Doktor es in seinem 5
Sprechzimmer auf einem Tisch gegen die Wand gelehnt
aufstellte. Stets, wenn mein Vater und meine Mutter in diesem
Teil des Landes waren, steckte ich meinen Kopf (ich hatte
damals flachsblonde Locken, wie ich meine Mutter habe
erzählen hören, obwohl ihr ihn jetzt nicht eher von einem alten
Besen unterscheiden könntet, als bis ihr an den Stiel kämet und
entdecktet, daß dieser nicht ich bin) zu des Doktors Tür hinein,
und der Doktor freute sich stets über meinen Besuch und sagte:
»Aha, mein Herr Kollege! Komm herein, kleiner Dr. med. Hast
du Lust, ein Sechspencestück einzustecken?«
Man kann nicht ewig weitermachen, wie ihr wißt, und das konnte
auch mein Vater nicht, ebensowenig wie meine Mutter. Falls ihr
aber nicht, wenn eure Zeit gekommen ist, auf einmal abrückt,
aber nicht, wenn eure Zeit gekommen ist, auf einmal abrückt,
dann werdet ihr es stückweise tun, und es ist zwei gegen eins zu
wetten, daß euer Kopf das erste Stück ist. Nach und nach verlor
mein Vater den seinen, und meine Mutter verlor den ihren. Es
war ganz harmlos, aber es versetzte die Familie, wo ich sie
untergebracht hatte, in Unruhe. Das alte Paar begann, obwohl es
sich zur Ruhe gesetzt hatte, sich gänzlich und ausschließlich dem
fahrenden Handelsgeschäft zu widmen und war ständig damit
beschäftigt, den Besitz der Familie auszuverkaufen. Wenn das
Tischtuch zum Essen aufgelegt wurde, begann mein Vater mit
den Tellern und Schüsseln zu rasseln, wie wir es bei unserem
Geschäft tun, wenn wir Geschirr zum Ausschreien aufsetzen;
bloß hatte er das Geschick dafür verloren und ließ sie meist
fallen, so daß sie zerbrachen. So wie die alte Dame gewohnt
gewesen war, im Karren zu sitzen und dem alten Herrn auf dem
Trittbrett die Gegenstände einen nach dem anderen zum Verkauf
hinauszureichen, in genau der gleichen Weise händigte sie ihm
jeden Posten aus dem Besitz der Familie aus, und sie verkauften
die Ware in ihrer Phantasie von morgens bis abends.
Schließlich ruft der alte Herr, als er und die alte Dame im selben
Zimmer krank im Bett liegen, in der alten marktschreierischen
Weise aus, nachdem er zwei Tage und zwei Nächte lang kein
Wort gesprochen hatte:
»Nun, guckt einmal her, meine wackeren Burschen – als der
Nachtigall-Klub im Dorfe legt' Ios, im Wirtshaus zum Kohlkopf
und Hasen; sie hätten gar prächtig gesungen bloß, daß sie Stimm'
und Hasen; sie hätten gar prächtig gesungen bloß, daß sie Stimm'
und Gehör nicht besaßen – nun, guckt einmal her, meine
prächtigen Burschen alle, hier ist ein Arbeitsmodell eines
verbrauchten alten Händlers, ohne einen Zahn im Mund und mit
einem Leiden in jedem Knochen: so lebensähnlich, daß es
ebenso gut wäre, wenn es nicht besser wäre, ebenso schlimm,
wenn es nicht schlimmer wäre, und ebenso neu, wenn es nicht
abgenutzt wäre. Bietet für das Arbeitsmodell des alten Händlers,
der zu seiner Zeit mehr Tee mit den Damen getrunken hat, als
nötig wäre, um den Deckel von einem Waschkessel abzuheben
und ihn um so viel tausend Meilen höher als der Mond in die Luft
zu führen als nichts mal nichts, geteilt durch die Nationalschuld,
übertrage nichts auf die Armensteuer, drei ab und zwei dazu.
Nun, meine Eichenherzen und Strohmänner, was bietet ihr für die
Partie? Zwei Schilling, einen Schilling, zehn Pence, acht Pence,
sechs Pence, vier Pence. Zwei Pence? Wer hat zwei Pence
gesagt? Der Gentleman in dem Vogelscheuchenhut? Ich schäme
mich für den Gentleman in dem Vogelscheuchenhut. Ich schäme
mich wirklich für ihn wegen seines Mangels an Patriotismus. Nun
will ich euch mal sagen, was ich mit euch machen werde. Guckt
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her! Ich gebe euch noch ein Arbeitsmodell von einer alten Frau
dazu, die den alten Händler heiratete vor so langer Zeit, daß es
auf ein Ehrenwort in Noahs Arche stattfand, bevor das Einhorn
hereinkommen konnte, das Aufgebot zu verhindern, indem es ein
Lied auf seinem Horn blies. Nun denkt einmal an! Guckt her!
Was bietet ihr für beide zusammen? Ich will euch sagen, was ich
Was bietet ihr für beide zusammen? Ich will euch sagen, was ich
mit euch machen werde.
Ich bin gar nicht böse auf euch, weil ihr's euch so lange überlegt.
Guckt her! Wenn ihr mir bloß ein Angebot macht, das eurer
Stadt ein wenig Ehre einbringt, gebe ich euch noch eine
Wärmflasche umsonst dazu und borge euch eine Röstgabel fürs
ganze Leben. Nun, was sagt ihr zu dieser glänzenden Offerte?
Sagt zwei Pfund, sagt dreißig Schilling, sagt ein Pfund, sagt zehn
Schilling, sagt fünf, sagt zweieinhalb. Ihr sagt nicht einmal
zweieinhalb? Ihr sagt zweieinviertel? Nein. Für zweieinviertel
kriegt ihr die Partie nicht. Eher würde ich sie euch schenken,
wenn ihr bloß hübsch genug wärt.
Heda! Frau! Schmeiß den alten Mann und die alte Frau in den
Karren, spann den Gaul vor und fahre sie fort und begrabe sie!«
Das waren Willum Marigolds, meines Vaters, letzte Worte, und
sie wurden von ihm und von seinem Weib, meiner Mutter, an ein
und demselben Tag wahrgemacht, was ich am besten wissen
muß, da ich als Leidtragender hinter ihnen hergegangen bin.
Mein Vater ist zu seiner Zeit ein reizender Kerl im
Geschäftszweig des fahrenden Handels gewesen, wie seine
Worte vor dem Tod bewiesen haben. Aber ich bin noch
tüchtiger als er. Das sage ich nicht, weil ich von mir selbst rede,
sondern weil es von allen, die die Möglichkeit hatten, Vergleiche
zu ziehen, allgemein anerkannt worden ist. Ich habe meine Sache
studiert. Ich habe mich mit anderen öffentlichen Sprechern
studiert. Ich habe mich mit anderen öffentlichen Sprechern
verglichen – Parlamentsmitgliedern, Volksrednern,
Kanzelpredigern, Advokaten –, und wo ich sie gut fand, habe ich
ein Stückchen Phantasie von ihnen geborgt, und wo ich sie
schlecht fand, habe ich sie in Ruhe gelassen. Nun will ich euch
aber was sagen. Ich bin entschlossen, in mein Grab zu steigen mit
der Erklärung, daß von allen Berufen, denen in Großbritannien
unrecht geschieht, die Hausierer am schlimmsten dran sind.
Warum bilden wir nicht einen Stand? Warum besitzen wir keine
Privilegien? Warum zwingt man uns, einen Hausierschein zu
lösen, während von den politischen Hausierern nichts dergleichen
verlangt wird? Wo ist denn der Unterschied zwischen ihnen und
uns? Abgesehen davon, daß wir billig sind, während sie dem
Land sehr teuer zu stehen kommen, sehe ich keinen Unterschied,
der nicht zu unseren Gunsten ausfiele.
Denn seht einmal her! Nehmen wir an, es ist Wahlzeit. Ich stehe
am Samstagabend auf dem Trittbrett meines Karrens. Ich hole
eine Partie gemischter Artikel hervor. Ich sage:
»Guckt her, meine freien und unabhängigen Wähler, ich will euch
so eine Gelegenheit geben, wie ihr sie alle euer Lebtag noch nicht
gehabt habt, und auch in den Tagen davor nicht. Jetzt will ich
euch mal zeigen, was ich mit euch machen werde. Hier ist ein
Rasiermesser, das euch noch ratzekahler rasieren wird als die
Armenbehörde; hier ist ein Bügeleisen, das sein Gewicht in Gold
wert ist; hier ist eine Bratpfanne, die kunstvoll mit dem Geruch
von Beefsteak-Essenz imprägniert ist, so daß ihr für den Rest
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