Deike Hinrichs - Slopentied

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Trauer über eine abhanden gekommene Liebe, Frustschieben im ach so spannenden TV-Job, bei Hund und Katz' Glücksmomente abstauben, schale Befriedigung durch Internetpornos, Zusehen beim Verfall des Vaters und eine halbherzige Affäre mit der Ex-Kollegin – Moritz Montag stolpert durchs Berliner Großstadt-Leben. Geprägt durch eine Kindheit und Jugend in der DDR fällt es ihm oft schwer, mit der schnellen Gangart der neuen Zeit Schritt zu halten.
Ausgestattet mit hohen moralischen Ansprüchen an sich und seine Umgebung kämpft er sich durch den Hindernisparcours des Alltags. Funktionieren ohne nachzudenken, oder nachdenken und nicht mehr funktionieren – in diesem Dilemma steckt Moritz, 43 Jahre alt, ein Mann im sogenannten besten Alter.
Für alle pessimistischen, introvertierten und nachdenklichen Charaktere, denen das Lachen noch nicht vergangen ist: Eine launige und kompromisslose Betrachtung darüber, dass vielleicht doch nicht ein Jeder seines eigenen Glückes Schmied ist.

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Deike Hinrichs

SLOPENTIED

Imprint

Slopentied

Deike Hinrichs

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

Copyright: © 2012 Deike Hinrichs

ISBN 978-3-8442-4165-5

Lektorat: Erik Kinting / www.buchlektorat.net

Inhaltsverzeichnis

Imprint Imprint Slopentied Deike Hinrichs published by: epubli GmbH, Berlin www.epubli.de Copyright: © 2012 Deike Hinrichs ISBN 978-3-8442-4165-5 Lektorat: Erik Kinting / www.buchlektorat.net

Inhaltsverzeichnis

Zitat

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3: Ende der 80er

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8: Ende der 80er

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12: Ende der 80er

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17: Ende der 80er

Kapitel 18

Kapitel 19: Ende der 80er

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22: Ende der 80er

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26: Ende der 80er

Kapitel 27

Danksagung

Zitat

Wir sind alle nicht vor Verblödung gefeit, aber als Pessimist zumindest vor der Verführung, alles hinzunehmen.

Henry Hübchen, Schauspieler

Kapitel 1

Das Fiepen im Ohr wurde stärker. Moritz Montag konnte sich kaum mehr auf das Gesagte konzentrieren.

Sie saßen an einem langen, kalten Tisch aus Glas und Edelstahl im seelenlosen Konferenzraum der Film- und Fernsehproduktionsfirma United Media . Die großen Glasscheiben, die fast bis zum Boden reichten, gaben den Blick auf einen der Innenhöfe der nach der Wende herausgeputzten Hackeschen Höfe frei, durch die seit der Instandsetzung unablässig Touristen strömten. Auch in diesem Moment sah Moritz die Reisegruppen, Familien und Pärchen und vereinzelte unverdrossene Single-Globetrotter, allesamt die Köpfe Halswirbelsäulen-unfreundlich nach oben überstreckt, durch die historischen Bögen spazieren. Wattierte Moonboots an den Füßen, die Körper in gesteppte Daunenjacken verpackt und gegen die Strahlen des kalten Winterlichts mit großen Sonnenbrillen bewaffnet, wirkten die Touristen wie auf dem Weg zu einer Expedition in die Arktis.

An den weiß gestrichenen Wänden des Besprechungsraumes hingen grelle Kunstdrucke von Andy-Warhol-Porträts in grün, orange, blau, rot und pink. Ansonsten befand sich in dem Besprechungsraum die übliche technische Ausstattung in Form von Betacam-Recorder, DVD-Player, Beamer, Overheadprojektor — den Moritz Montag in Gedanken nach wie vor Polylux nannte — sowie eine Handvoll ehrgeiziger, überzogen unkonventionell gekleideter, junger Menschen, die begierig an den aufgeworfenen Lippen von Erik Stopske hingen. Stopske und Moritz waren die Einzigen in der Runde, die sowohl bereits die 40 überschritten hatten als auch die einzigen Berliner waren — Moritz betrachtete sich nach mehr als 20 Jahren in der Hauptstadt, und in den Jahren zuvor nur einen Steinwurf von Berlin entfernt lebend, als ein solcher. Zudem schauten beide auf eine gemeinsame berufliche Vergangenheit im Fernsehfunk der DDR zurück. Diese Tatsache verband irgendwie. In ihrem Fall jedoch nicht genügend, um Freundschaft zu schließen. Mit seinen 43 Jahren fühlte sich Moritz Montag paradoxerweise alt. Er wusste nicht, wie es Stopske ging, bei dem ebenfalls schon seit geraumer Zeit weiße Strähnen im Haar den Geburtsjahrgang verrieten. Die ehemals semmelblonden Haare des Produzenten gingen Jahr für Jahr mehr in ein bleiches Weiß über. Merkwürdigerweise trug Erik Stopske die schütteren Haare, seit sie so offensichtlich an Farbe und Menge verloren, länger als je zuvor, sodass seine Haarpracht stets etwas wirr um seine Gesichtszüge hing. Zudem zeigten sich bei seinem Vorgesetzten, besonders im Gesicht und an den Fingernägeln, unleugbar die Spuren der Jahrzehnte lang gefrönten Laster Alkohol und Nikotin . Ein imposanter, schwammiger Körper rundete die Gesamterscheinung ab.

Einzelne Brocken aus dem Mund von Stopske konnte Moritz hin und wieder auffangen: Wir müssen ganz dicht dranbleiben an den Girls oder Emotionen sind das A und O bei der Geschichte .

Moritz steckte sich seinen linken Ringfinger ins Ohr und hielt sich mit der rechten Hand gleichzeitig die Nase zu, um so einen Druckausgleich herbeizuführen, wie es ihm für gewöhnlich im Flugzeug beim Starten und Landen half. Mit gesenktem Kopf, damit niemand die geschlossenen Augen bemerkte, zählte er langsam in Gedanken bis zehn und noch einmal rückwärts von zehn bis eins — tatsächlich wurde das hohe Pfeifen etwas leiser und er vernahm die Stimme von Erik Stopske wieder deutlicher. Als Moritz aufschaute, blieb sein Blick auf dem Schriftzug des Warhol-Drucks The World Fascinates Me haften, was er mit einem leisen Anflug von Ironie registrierte.

„Moritz“, Stopske sprach ihn keinen Moment zu früh an, „du hängst dich an die Gruppe aus Berlin und Brandenburg, also um Melanie, Judith, Kim und Konsorten. Gut wär’s, wenn sich der angedeutete Konflikt zwischen Mel und Judith etwas zuspitzen lässt. Darauf liegt der Fokus in der nächsten Folge. Der Sender will, dass wir wieder mehr anziehen mit den Emotionen. Friede, Freude, Eierkuchen ist passé … “

Äußerlich scheinbar entspannt, innerlich indes nervlich bereits angeschlagen, lehnte sich Moritz in dem schwarzen Freischwinger zurück, dessen Lehne mit einem leichten Knarzen nachgab. Durch bewusst demonstrierte Lockerheit sei man in der Lage, den tatsächlichen Gemütszustand entsprechend positiv zu beeinflussen, glaubte Moritz irgendwo gelesen zu haben. Mit locker gespreizten Fingern legte er beide Hände, die Handrücken nach oben gedreht, vor sich auf das dicke, aufgeschlagene Notizbuch, in dem er im Laufe der Besprechung ein ganzes Heer von Strichmännchen zu Papier gebracht hatte. Um sich vor den anderen, durch die Bank weg willigen Redakteuren und Praktikanten, keine Blöße zu geben, versuchte er den Einspruch, der ihm auf der Zunge lag, als Alternativvorschlag zu verkaufen:

„Judith und Melanie haben sich doch wieder versöhnt, soweit ich weiß. Das Hauptaugenmerk könnte stattdessen auf Kim liegen, die ja bereits das dritte oder vierte Mal ohne Erfolg am Start ist und partout nicht aufgibt?“ Man merkte Moritz’ brüchig klingender Stimme die Anspannung an.

Einige in der Runde schüttelten ablehnend die Köpfe, andere schauten einfach regungslos in die Luft.

Moritz fühlte sich auf verlorenem Posten und probierte es mit Galgenhumor. „Bei Kim stellt sich die Frage: Sind alle guten Dinge nun drei, vier oder gar fünf? Wenn darin keine Dramatik liegt, weiß ich auch nicht.“ Ein, zwei gemurmelte Zustimmungen meinte Moritz zu vernehmen. Eventuell spielte ihm sein Gehör auch einen Streich.

Erik Stopske jedenfalls tat seinen Einwurf kurzerhand ab: „Dann bricht der Konflikt halt wieder auf. Lass’ dir was einfallen, Moritz! Und viermal zur Wahl anzutreten, ohne jemals auch nur in die Nähe des Titels gekommen zu sein, ist einfach nur lächerlich. Was wir brauchen, sind starke Emotionen. Ich hoffe, wir verstehen uns?“ Den Mund zusammengepresst schaute Stopske verkniffen in die Gesichter der Kollegen und verteilte weiter die Aufgaben: „Petra, du supportest Moritz beim Dreh in Warnemünde und betreust die Ladys, okay?“

Petra, nunmehr an die sechs Monate Praktikantin bei United Media , nickte beflissen und schaute begeistert zu Moritz rüber. Moritz tat sie in ihrem Eifer ein wenig leid, weshalb er sie mit einem abgerungenen Lächeln bedachte.

Am späten Nachmittag, während Moritz sich eine nährstoffarme, jedoch gerade durch diesen Umstand ungemein sättigende Fertigsuppe in der verchromten Küchenzeile aufwärmte, sprach ihn Petra noch einmal an, um Einzelheiten zum Projekt, wie hier alles aufwertend genannt wurde, zu besprechen.

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