Arthur Conan Doyle - Der Hund von Baskerville

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Sir Hugo glaubt, unter einem Fluch zu leiden. In den Mooren soll ein riesiger Hund sein Unwesen treiben. Als der alte Sir Charles Baskerville unter mysteriösen Umständen ums Leben kommt, bittet sein einziger Nachkomme, Henry Baskerville, Sherlock Holmes um Hilfe. Gemeinsam mit seinem Freund Dr. Watson versucht er, dem Geheimnis um die Bestie auf die Spur zu kommen.
Sherlock Holmes, der berühmteste Detektiv aller Zeiten, und sein Freund Dr. Watson lösen jeden Fall, ganz gleich wie schwer er sein mag.

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Der Hund von Baskerville

Der Hund von Baskerville

© 1902 Arthur Conan Doyle

Die Originalausgabe erschien 1902 unter dem Titel

The Hound of the Baskervilles

Aus dem Englischen von H. O. Herzog 1926

© Lunata Berlin 2020

Inhalt

Herr Sherlock Holmes

Der Fluch der Baskervilles

Das Problem

Sir Henry Baskerville

Drei zerrissene Fäden

Baskerville Hall

Die Stapletons von Merripit House

Erster Bericht des Doktor Watson

Zweiter Bericht des Doktor Watson

Auszug dem Tagebuch von Dr. Watson

Der Mann auf der Felsspitze

Tod auf dem Moor

Das Netz wird ausgeworfen

Der Hund der Baskervilles

Ein Rückblick

Über den Autor

Herr Sherlock Holmes

Sherlock Holmes, der für gewöhnlich morgens sehr spät aufstand, wenn er nicht – was allerdings nicht selten vorkam – die ganze Nacht aufgewesen war – Sherlock Holmes saß am Frühstückstisch. Ich stand auf dem Kaminteppich und nahm den Stock zur Hand, den unser Besucher gestern abend zurückgelassen hatte. Es war ein schönes, dickes Stück Holz mit rundem Knauf; ein sogenannter »Penang-Anwalt«. Unmittelbar unter dem Knauf befand sich ein fast zollbreiter silberner Reif mit einer Inschrift:

James Mortimer, M. R. C. S.

von seinen Freunden vom C. C. H.

1884

Es war so recht ein altmodischer Hausdoktorstock – würdig, derb, vertrauenerweckend.

»Nun, Watson, was machst du daraus?«

Holmes saß mit dem Rücken zu mir, ich hatte nichts getan, woraus er auf meine Beschäftigung hätte schließen können.

»Woher wußtest du, was ich machte? Ich glaube wahrhaftig, du hast ein paar Augen im Hinterkopf.«

»Wenn auch das nicht, so habe ich doch eine blitzblanke, silberplattierte Kaffeekanne vor mir,« antwortete er. »Aber sage mir, Watson, was machst du aus unseres Besuchers Stock? Da er uns unglücklicherweise nicht angetroffen hat und wir keine Ahnung haben, was er von uns will, so erhält dieses zufällig hier gebliebene Andenken eine gewisse Bedeutung. Laß mal hören, wie du dir den Mann nach dem Spazierstock vorstellst.«

»Ich denke,« sagte ich, nach besten Kräften mich der Methode bedienend, die mein Freund bei seinen Nachforschungen anzuwenden pflegte, »Dr. Mortimer ist ein älterer Arzt mit guter Praxis. Er ist ein angesehener Mann, da seine Bekannten ihm ein solches Zeichen ihrer Wertschätzung geben.«

»Gut,« sagte Holmes. »Ausgezeichnet!«

»Ferner dürfte die Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, daß er ein Landarzt ist, der einen guten Teil seiner Krankenbesuche zu Fuß macht.«

»Warum?«

»Weil sein Stock, obwohl er ursprünglich sehr schön war, so mitgenommen ist, daß ich mir kaum vorstellen kann, ein städtischer Arzt habe ihn gebraucht. Die starke eiserne Spitze ist sehr abgenutzt, es ist also klar, daß der Stock tüchtige Märsche mitgemacht hat.«

»Vollkommen vernünftig gedacht,« bemerkte Holmes.

»Und weiter – da sind ›die Freunde vom C. C. H.‹ Ich möchte annehmen, es handelt sich da um irgend einen ›Hetzjagdverein‹, dessen Mitgliedern er vielleicht ärztlichen Beistand geleistet hat, wofür sie ihm dann ein kleines Andenken bescherten.«

»Wirklich, Watson, du übertriffst dich selbst,« sagte Holmes, seinen Stuhl zurückschiebend und sich eine Zigarette anzündend. »Ich fühle mich verpflichtet, zu sagen, daß du bei den Berichten, in denen du meine bescheidenen Leistungen so freundlich geschildert hast, deine eigenen Fähigkeiten weit unterschätzt hast. Du bist vielleicht nicht selber ein großes Licht, aber du bringst anderen Erleuchtung. Es gibt Leute, die, ohne selbst Genies zu sein, eine bemerkenswerte Gabe besitzen, das Genie anderer anzuregen. Ich gestehe, mein lieber Junge, ich bin sehr tief in deiner Schuld.«

So großes Lob hatte er noch nie vorher ausgesprochen, und ich muß gestehen, seine Worte machten mir ein inniges Vergnügen, denn ich hatte mich oftmals ein bißchen darüber geärgert, daß er gegen meine Bewunderung und meine Versuche, die öffentliche Aufmerksamkeit auf seine Leistungen zu lenken, sich so gleichgültig zeigte. Auch machte es mich nicht wenig stolz, sein System in einer Weise mir zu eigen gemacht zu haben, daß er mir zu dessen Anwendung seinen Beifall aussprach. Holmes nahm mir nun den Stock aus der Hand und prüfte ihn ein paar Minuten lang mit bloßen Augen. Dann legte er mit einem Ausdruck großen Interesses die Zigarette weg, trat mit dem Stock ans Fenster und untersuchte ihn noch einmal mittels einer Lupe.

»Interessant, wenngleich sehr einfach,« sagt er, als er sich wieder in seine Lieblingssofaecke setzte. »Sicherlich gibt der Stock ein oder zwei Andeutungen. Er liefert uns den Ausgangspunkt für mehrere Schlußfolgerungen.«

»Ist mir irgend etwas entgangen?« fragte ich, mich ein wenig in die Brust werfend. »Ich denke doch, ich habe nichts von Bedeutung übersehen?«

»Ich fürchte, mein lieber Watson, deine Folgerungen waren größtenteils falsch. Wenn ich sagte, du regst mich an, so meinte ich damit – um offen zu sein –, daß ich durch deine Trugschlüsse gelegentlich auf die Wahrheit gebracht wurde. Indessen bist du in diesem Fall doch nicht gänzlich auf dem Holzweg. Der Mann ist ganz gewiß ein Landarzt. Und er geht viel zu Fuß.«

»Also hatte ich recht.«

»Insoweit, ja.«

»Aber das war doch alles.«

»Nein, nein, mein lieber Watson, nicht alles – durchaus nicht alles. Ich möchte zum Beispiel annehmen, daß ein Doktor ein Geschenk wohl eher von einem Hospital als von einem Hetzjagdverein erhält, und daß, wenn vor dem H. des ›Hospital‹ die Anfangsbuchstaben ›C. C.‹ stehen, sich ganz ungezwungen die Auslegung ›Charing-Cross‹ darbietet.«

»Du könntest recht haben.«

»Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür. Und wenn wir davon ausgehen wollen, so haben wir eine frische Grundlage, worauf wir uns eine Vorstellung von unserem unbekannten Besucher aufbauen können.«

»Nun, also angenommen, ›C. C. H.‹ bedeute ›Charing-Cross-Hospital‹, was können wir für weitere Schlüsse daraus ziehen?«

» Ist das nicht offensichtlich? Du kennst meine Methoden. Wende sie an!«

»Mir fällt bloß die sehr einfache Schlußfolgerung ein, daß der Mann in der Stadt praktiziert hat, bevor er aufs Land zog.«

»Ich denke, wir dürfen uns in unseren Schlüssen ruhig ein bißchen weiter wagen. Betrachte mal den Fall vom folgenden Standpunkt aus: Bei was für einer Gelegenheit wird ein solches Geschenk höchstwahrscheinlich gemacht worden sein? Wann werden seine Freunde zusammengetreten sein, um ihm diese Gabe zu stiften? Offenbar in dem Augenblick, als Dr. Mortimer das Hospital verließ, um eine eigene Praxis zu gründen. Wir wissen, ein Geschenk ist gemacht worden. Wir glauben, der Mann ist vom Hospital aufs Land gezogen. Gehen wir denn also in unseren Mutmaßungen zu weit, wenn wir sagen, das Geschenk wurde ihm gelegentlich seines Abschieds dargebracht?«

»Das klingt allerdings wahrscheinlich.«

»Nun wird es dir klar sein, daß er nicht dem ärztlichen ›Stab‹ des Krankenhauses angehört haben kann, denn eine derartige Stellung bekommt nur ein Arzt, der bereits eine gute Londoner Praxis hat, und ein solcher würde nicht aufs Land ziehen. Wer war er also? Wenn er zum Hospital und doch nicht zu dessen Stab gehörte, so kann er nur Assistent gewesen sein – wenig mehr als ein älterer Kandidat der Medizin. Sein Fortgang fand vor fünf Jahren statt – das Datum steht auf dem Stock. So geht also dein ernster Familiendoktor reiferen Alters in Luft auf, mein lieber Watson, und heraus kommt ein junger Bursche unter dreißig Jahren, liebenswürdig, ohne Ehrgeiz, zerstreut – und Besitzer eines von ihm sehr geliebten Hundes, von welchem ich so ganz im allgemeinen nur sagen möchte, daß er größer als ein Dackel und kleiner als eine Dogge ist.«

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