H. Goldstein - Die Bestien
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H. Goldstein
Die Bestien
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Inhaltsverzeichnis
Titel H. Goldstein Die Bestien Dieses ebook wurde erstellt bei
Der Mord
Rein in die Pantoffeln
Beklemmung am Tisch
Wie im FHQ
Der Mann mit 48
Hasenherz
Von oben ist alles grau.
Ein Mann von unbestimmten Werten!
Das Tuch
»An der blauen Laterne«
Die Geschichte
Impressum neobooks
Der Mord
Freitag, 17. November 1944. Elbenau ist wie ausgestorben. Auf der Turmuhr, der Johannis Kirche die über den Dächern der Altstadt zu sehen ist, ist es fünf nach zwölf. Ein Sturm aus Südwest läßt die Fischkähne im Hafen gegeneinander schaukeln. Eine Bö saust durch die Führer Straße, wo zerrissene Fetzen des Völkischen Beobachters über den Boden fliegen. Der Absatz des Völkischen Beobachters ist im vierten Quartal gestiegen, das Toilettenpapier wurde rationiert. Kein einziges Licht auf dem Hafenkai. Alles ist fest geschlossen verriegelt und wegen der Luftangriffswahrung aus dem Hörfunk verdunkelt. Alles schläft mit seinen gepackten Koffern, in den Kellern der Häuser. Nur aus Fenstern des Hotels Bismark, an der Ecke, da wo man die beste Aussicht auf die Segelyachten im kleinen Hafen hat, dringt noch Licht und Musik und Lachen die Marine gibt ein Fest, zu ehren eines Vizeadmirals ein vollgefressener Fettwanst dem der Krieg ein volles Portemonnaie beschert. Der wachhabende Hafenwart, der kaum hundert Meter weiter weg in seinem Blechdachverschlag hockt, beneidet die Leute, die im Hotelballsaal sitzen wo der Champanger in Strömen fließt und zu Jazz einer kriegsgefangenen Kapelle getanzt wird ausgelassene Stimmung unter den Bonzen. Die Tür des Hotel Bismarck öffnet sich. Es erscheint ein Mann, in Uniform der SS der nach draußen torkelt. Der Sturm packt ihn, läßt seinen Mantel flattern und reißt ihm seine Mütze vom Kopf. »Verdammte Schweinesau«, brüllt der Betrunkene und schüttelt seine Faust gegen die schwarzen Sturmwolken. Selbst von weitem merkt man, dass er zu viel geladen hat, unsicher auf den Beinen torkelt er den Schlager an der «blauen Laterne» trällernd davon. Die Blicke des Hafenwarts folgen ihm und er lächelt grimmig, als der Sturmbann Führer den Versuch unternimmt, sich eine Zigarette anzuzünden. Zehn Stück zerbrechen ihm in seinen groben Fingern bis er voller Wut die Packung wegwirft. Der Hafenwart entschließt sich, wenn das Arschloch weg ist, sich die Zigaretten zu holen, der Tabak, den man zu kaufen bekommt, schmeckt so als würde er aus den Zigarettenstummeln in den Aschenbechern billiger Kneipen gewonnen. Ein weißer Blitz zuckt auf, nur kurz wie ein brennen auf der Netzhaut. Der SS Mann verliert sein Gleichgewicht, taumelt nach hinten und stürzt auf den Rand des Bürgersteigs zu Boden, als der Kopf aufschlägt vernimmt es der Hafenwart. Dumpf wie ein Schlag gegen den Boxsack. Eine Minute vergeht ohne das sich der Hafenwart entschließen kann etwas zu unternehmen, das letzte was er braucht, ist Schererei mit den Behörden. Wieder streift sein Blick zu dem betrunkenen Schwein, der sich immer noch nicht gerührt hat. Geschieht ihm recht, was besäuft sich die Sau wenn es den Leuten so dreckig geht. Butter wann hat er das letzte mal Butter gesehen und im Hotel fressen die Bonzen die Butter mit Löffeln. Ein großes Loch ist im Uniformmantel des Betrunkenen, und aus diesem Loch quillt eine rotschwarze Flüssigkeit. Alle haben das Opfer erkannt, Herr Brettschneider aus dem Harz, ein Großbauer der sein Gesinde scheucht, von wegen Volksgemeinschaft. Er war satt zufrieden und der Sturmbann Führer der Waffen SS Abteilung die den kriegswichtigen Hafen Elbenau bewacht. Die Yachten im Hafen gehören den Bonzen ihr Reiseziel ist geheim vermutlich irgendwo in Südamerika. Ein gemütlicher Mensch, der nur Freunde hat sagen die Freunde, unvorstellbar sagen seine Untergebenen ein Mann, der seit 1932 Parteimitglied ist, sagen die Behörden. Sie gehören zu den Feiernden die jetzt alle einen Kreis um den Toten bilden der Hafenwart hat sich entschlossen zu handeln und ist ins Hotel gerannt. Der Krankenwagen trifft ein. Brettschneider wird auf eine Tragbahre gehievt. Ein Mann, bloß mit einem Mantel über seinem Schlafanzug, sagt zu seiner Frau:
»Komm! Bevor wir noch Ärger bekommen.« Herr Priemling ist da ein kleiner, Herr in einem grünen Ledermantel der ihm bis zu den Stiefelschäften hängt. Er ist unrasiert brütet über Akten in seinem Gestapobüro im Keller des Rathauses. Der sich mit Herrn Brettschneider im Hotel Bismarck befand. Er ist Hauptkriminalkommissar bei der Geheimen Staatspolizei, wo er unter anderem für sein humoristisches Talent bekannt ist. Er macht sich Notizen, gibt den beiden Polizisten Befehle, obwohl dies nicht sein Zuständigkeitsgebiet ist. Auf offener Straße erschossen und niemand hat etwas gesehen, verflixter Luftkrieg, der ohnehin schon verloren ist, jedenfalls meldete der Rundfunk einen Haufen abgeschossener Briten über Berlin und dann drang nur noch das statische Rauschen aus dem Radioapparat in seinem Büro. Wenigstens ging das Telefon noch so konnte er das Verbrechen melden. Am andern Morgen rekonstruierte de Mesire die Ereignisse, so gut es ging. Er hatte einen scharfen Telefonanruf des beunruhigten Polizeipräsidenten erhalten anscheinend lag seine Yacht in Elbenau. Der Sturm hatte sich nicht gelegt. Böen peitschten die Ostsee und ließen schwarze Wolkenfetzen über der Stadt treiben aus denen Regenfäden niedergingen. Kein einziges Fischerboot lief aus, und es wurde von einem Yankee U-Boot erzählt das draußen auf Jagd war. Kriminaloberrat Jonas de Meseire stieg natürlich im Hotel Bismarck ab, dem einzigen in der Stadt mit einer Sonderlebensmittelkarte. Es war erst fünf Uhr nachmittags, und doch schien die Nacht schon angebrochen, als er die Hotelbar betrat, einen langgestreckten, ziemlich plüschigen Raum mit grauem Fußboden, vergoldeten Bilderrahmen und mit Marmortischen, die durch die trüben Fensterscheiben noch einsamer wirkte. Mehrere Tische waren besetzt. seriöser Gäste, deren Gespräche leise geführt wurden. Nun erhob sich, ein Mann mit langem Gesicht, Kuhaugen und einem nervösen Lächeln auf den Lippen. »Kommissar de Meseire? Der Gau Kreisleiter, ein guter Freund von mir, hat mir Ihr Kommen angekündigt. Ich habe schon von ihrer Arbeit gehört Johann Müller Doktor … äh … Sie sind aus Berlin … Ich auch! Ich war einige Zeit bei Bosch in Köpenick Materialforschung. Polizeileutnant Werner ihr Vorgesetzter nicht wahr? Gute Bekannte, letztes Jahr in Pension gegangen, wollte sich wohl um seine Landwirtschaft kümmern Pommern.« Er gestikulierte mit der linken Hand die rechte hing schlapp herunter.
»Kommen Sie Kommissar, ich stelle Ihnen die Freunde vor. … Das letzte Fleckchen Erde, wo mann Berliner erwartet … Das ist Ziegel Hans Ziegel aber nicht in der Baubranche ... Hahaha ... ein Weiberheld und ganz gut beim Skat. Unverbesserliche Schürzenjäger dieser Prachtkerl, war in Finnland … « der Mann, der aufstand und die Hand ausstreckte, war gekleidet in einer Uniform der SA. Er hatte einen hübschen Schnurrbart wie der Führer, sorgfältig gescheiteltes Haar, eine rote Gesichtsfarbe und vom Essen hängende Wangen. »Heil Hitler, Kommissar.« Und Doktor Müller fuhr fort, seine Freunde vorzustellen: »Doktor Rennes. Kein Arzt, ist nur Zahnarzt hat hier seine kleine Praxis kommt auch günstig an Zahngold. Sie werden sehen, wenn sie hier fertig sind, haben sie 100 Karat Beißerchen.« Eine feuchte kalte Hand und ein Gesicht, scharf wie ein Messer, mit langer Nase. Geheimratsecken, obwohl der Doktor noch nicht fünfundvierzig sein mochte.
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