Edwin Gräupl
Behauptungen und Fragen
Digression als Prinzip
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Inhaltsverzeichnis
Titel Edwin Gräupl Behauptungen und Fragen Digression als Prinzip Dieses ebook wurde erstellt bei
Vorwort Vorwort Diese Sammlung von Aphorismen ist besser verständlich, wenn man den Lebenslauf des Autors kennt. Nach dem Studium der Mathematik und Physik an der Universität Innsbruck von 1959 bis 1964 unterrichtete er am Akademischen Gymnasium Salzburg, wurde dann 1981 als Professor für Mathematik an die Pädagogische Akademie (Pädagogische Hochschule) Salzburg berufen und 1983 zum Landesschulinspektor für höhere Schulen (Gymnasien) im Land Salzburg ernannt, 2001 trat er in den Ruhestand. Edwin Gräupl wurde 1990 in Salzburg in den Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem investiert. Er wurde im Jahr 2000 von Carlo Kardinal Furno zum Statthalter des Ritterordens vom Heiligen Grab zu Jerusalem in Österreich ernannt und übte diese Funktion acht Jahre lang erfolgreich aus. Heute ist er als Autor (vorwiegend im Web) aktiv.
Nexialismus Nexialismus A.E. van Vogt erfand in seiner SF-Erzählung "The Voyage of the Space Beagle" in den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Wissenschaft "Nexialismus". Darunter verstand er die Verknüpfung aller wissenschaftlichen Disziplinen zu einer praktisch anwendbaren Lösungsstrategie für Probleme aller Art. Wenn sich auch die Philosophie traditionell als Universalwissenschaft versteht, so geschieht das üblicherweise immer im Versuch der Erzeugung eines umfassenden Erklärungsrahmens, der sich häufig als "Antwort auf letzte Fragen", nicht aber als anwendbare Technik versteht. Die Naturwissenschaften bieten heute viele "effektive Theorien" an, die jeweils einen bestimmten genau definierten Bereich der Realität mit hoher Genauigkeit (oft mathematisch) beschreiben, die aber über ihren Definitionsbereich hinaus nicht extrapoliert werden dürfen, da sie sonst Unsinn produzieren. Es existiert keine umfassende Synthese dieser Theorien ("Theory of Everything") und schon gar kein Konstruktionsrahmen für Problemlösungen. Der Nexialismus müsste auf der Basis der kaum zusammenhängenden Einzelbilder der Realität, die von den "effektiven Theorien" geliefert werden, für gegebene Handlungsfragen einen Rahmen zur Erzeugung von Handlungsstrategien zur Verfügung stellen. Es geht dabei also nicht um die epistemologische Universaltheorie der Welt, sondern um eine Anleitung, einen Weg zu einem gegebenen Ziel zu finden. Also nicht "Wie sieht die Welt aus?" sondern "Wie gelange ich von hier nach dort?" Der Nexialismus hat also nicht nur das Defizit der fehlenden Universaltheorie zu überwinden, sondern auch eine Strategie zu liefern, die jenseits des "Trial and Error" liegt, gewissermaßen eine "Erfindungswissenschaft", wie sie sich Leibniz erträumt haben könnte.
Götter Götter In den alten Kulturen war man sich darüber einig, dass der Mensch mit Göttern sehr vorsichtig umzugehen habe. Dafür gibt es von Homer bis zu Konfuzius ungezählte Belege. Man war sich klar darüber: Götter sind unberechenbar, eigensinnig und höchst gefährlich. Durch kultische Handlungen versuchte man ihr Wohlwollen zu gewinnen oder sich wenigstens vor ihnen zu schützen. Die griechische Philosophie entwickelte (Aristoteles) ein neues und beruhigenderes Gotteskonzept: Da Gott absolut vollkommen (daher jetzt notwendig einziger Gott) ist, ist er auch absolut glücklich, daher zu Zorn oder Rache nicht fähig. Allerdings ist dann auch nicht mehr anzunehmen, dass er an den Geschicken der Menschen Anteil nimmt. Wie sehr das Christentum mit seinem personalen Gott dem widersprach, kann aus der Rezeption der Schrift "De ira dei" (Über den Zorn Gottes) von Laktanz nachempfunden werden. Bis zur Gegenwart haben christliche Theologen immer wieder den Versuch unternommen, den unheimlichen Gott des Alten Testaments mit Hilfe der aristotelischen Philosophie und der Vorstellung des "liebenden Vaters" des Neuen Testaments zu verharmlosen und zu "zähmen". Dazu ein nur in einem Blog erlaubter skurriler Ansatz: Was sagen SF-Autoren zur Natur der Götter?
Science Fiction und Gott Science Fiction und Gott Stanislaw Lem und Frank Herbert haben sich (wie auch andere) in ihren Erzählungen mit "religiösen" Fragestellungen beschäftigt, so etwa Herbert in "Riten der Götter". Dabei drängt sich der Eindruck auf, dass für Götter (Gott) die Eigenschaft der Unverfügbarkeit wesentlich ist. Das bedeutet, dass (ein) Gott absolut autonom ist, niemand kann ihn zu einer Handlung veranlassen, alle menschlichen Aktionen prallen an ihm ab. So schildert Lem den Versuch einer Kultur durch "Kosmocid"(ultimatives Verbrechen der Zerstörung des gesamten Kosmos) Gott zum Handeln zu zwingen, was (natürlich) fehlschlägt. In der SF-Literatur ist also (ein) Gott eine Wesenheit, die durch ihre absolute Autonomie, nicht aber durch Allmacht, Allwissenheit, Allweisheit oder auch durch die Rolle des Schöpfers definiert wird. Er ist (per Definition) unberechenbar, mächtig und gefährlich. Der Mensch ist ihm ausgeliefert, auch wenn er ihn selbst erschaffen haben sollte (Riten der Götter)! Entgegen einer langen aufklärerischen Tradition gibt es in der SF-Literatur einen "Strang", der sich nicht mit der Existenzfrage (eines) Gottes, sondern mit seinen Eigenschaften beschäftigt. Also nicht "Gibt es Gott?", sondern "Wie ist Gott?".
Sinn und Wissenschaft Sinn und Wissenschaft Der große Fortschritt der Naturwissenschaften seit Galilei ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass man die Methode des reproduzierbaren Experiments (mit der ihm wesentlich zugehörigen Überprüfung) eingeführt hat. Ein Naturwissenschaftler muss also berichten, wie er sein Experiment aufgebaut und was er damit gemessen hat. Die wissenschaftliche Welt (scientific community) hat dann die Aufgabe, das Experiment nachzubauen und festzustellen, ob dasselbe Ergebnis reproduzierbar ist. Damit ist die Welt der Wissenschaft auf einen Teilaspekt des Wirklichen eingeengt, dafür aber sind dort viele Erkenntnisse zu gewinnen (so weit das nach Karl Popper auch überhaupt möglich sein mag). Alle Ereignisse, die nicht reproduzierbar sind, sind aus der Wissenschaft ausgeschlossen. Wenn wir also annehmen, dass ein Engel einem Menschen eine Botschaft gebracht haben sollte, die seinem Leben einen Sinn verleiht, dann ist das nicht reproduzierbar, nicht überprüfbar und damit nicht Gegenstand der Wissenschaft. Da nun sinnstiftende Erlebnisse (leider) nicht reproduzierbar sind, fallen sie aus dem diskutierbaren Rahmen. Ein "Wunder" (nicht reproduzierbar!) ist nicht Teil der wissenschaftlichen Welt! Das wäre nun nicht weiter tragisch, wenn man die (methodisch sinnvolle) Reduktion und Einengung des Begriffs der naturwissenschaftlichen Wirklichkeit nicht mit dem Begriff der "Wirklichkeit" schlechthin verwechseln würde. Also, Experimente liefern interpersonal falsifizierbares Wissen, Wunder dagegen einmaligen und persönlichen Sinn!
„The Proxy Intelligence“ von A.E. van Vogt „The Proxy Intelligence“ von A.E. van Vogt In dieser Erzählung entwickelt der Autor zwei faszinierende Konzepte. Einmal geht es um die Steigerung der Intelligenz. Dabei geht er nicht den Weg der Erhöhung bekannter Eigenschaften (mehr Merkfähigkeit, raschere Verarbeitung usw.), sondern er führt als klassifizierende Elemente höherer Intelligenz neue Dimensionen (Wahrnehmung entfernt stattfindender Ereignisse, Präkognition usw.) ein. Damit deutet er eine offene Dimension möglicher Entwicklungen an, die über das Quantitave hinaus wesentlich qualitativer Natur sind. Die andere Idee ist wohl nur vor dem Hintergrund seiner Heimat in einer mennonitischen Gemeinde wirklich verständlich: Ein absolut unbedarfter und unterdrückter "Underdog" wird (zeitweise) zum "Großen Galaktiker" (mit überlegenen Fähigkeiten) durch die Tatsache, dass ihm viele Menschen dadurch, dass sie ihn misshandelten oder ihm etwas genommen haben, etwas schulden. Dieses transzendentale Konto wird ausgeglichen, die "Energie" seiner Schuldner auf ihn übertragen und er dadurch befähigt, in aussichtsloser Lage Alles zu retten. Dies sind Ideen, die vor dem Hintergrund der Evangelien (Bergpredigt und Auferstehung) eine Welt konzipieren, die man einem "ungebildeten" Amerikaner und "Trivialautor" im "gebildeten" Europa üblicherweise (und politisch korrekt) nicht abnimmt.
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