Petra Dalquen
See-Nebel
oder manchmal trügt er auch der schein
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Inhaltsverzeichnis
Titel Petra Dalquen See-Nebel oder manchmal trügt er auch der schein Dieses ebook wurde erstellt bei
Prolog Prolog Petra M. Dalquen und so ist es mit uns menschen mit unseren leben und dem, was wir sind es treibt uns dahin mal ist es gut und dann wieder nicht mal sehen unsere augen und dann wieder nicht verfangen sich im schleier der illusion
Die Glatzen
Lemon - Tree
Kampf der Titanen
Die nicht mehr ganz junge Frau
Ein perfektes Paar
Nebel der Freundschaft
Blaulicht am Strand
See-Nebel
Alltag
Impressum neobooks
Petra M. Dalquen
und so ist es mit uns menschen
mit unseren leben
und dem, was wir sind
es treibt uns dahin
mal ist es gut und dann wieder nicht
mal sehen unsere augen
und dann wieder nicht
verfangen sich im schleier der illusion
Als sie ankommen, die Glatzen, beginnt sie sich Gedankenzu machen, über leere Bierflaschen und überquellende Aschenbecher im ganzen Haus, zerrissene, verschmutzte Bettlaken und so.
Als sie aussteigen aus dem gemieteten Van, die Glatzen, beginnt sie sich Sorgenzu machen über kaputtgeschlagene Möbel, vollgekotzte Sofas, Weit-Pinkel-Wettbewerbe am Pool und so.
Sie sieht in ihrer Vorstellung die Lautsprecher-Boxen der Musik-Anlage geborsten von zu lauter, dröhnender, harter Rockmusik.
Und Drogen sind bestimmt auch mit im Spiel, vielleicht dealen sie ja sogar.
Unangenehm wird es auf jeden Fall, vielleicht sogar bedrohlich, gefährlich, da ist sie sich fast sicher, die Vermieterin.
Bei allem, was man so hört über die Glatzen.
Ihr Mann, der Vermieter, hatte sie gewarnt. Guck‘ sie dir gar nicht erst an. Nach zwei Wochen sind sie wieder weg. Sagte er.
Er wusste, wie viele Gedanken sie sich machte auch bei Ferien-Gästen, die normal aussahen. Doch, was ist denn schon normal?
Sie hatte das Ferienhäuschen mit sehr viel Liebe und Geschmack eingerichtet. Freunde bestätigten ihr ein „Händchen“ für sowas.
Damals hatte es sich so ergeben, dass direkt gegenüber von ihrem schönen Haus am Meer ein anderes Haus verkauft wurde, nicht ganz am Meer. Es war heruntergekommen und sie erneuerten, veränderten, verschönerten. Sie fliesten Bäder, strichen Türen und Schranktüren, verlegten neue Fußböden und polsterten Stühle und Sofas neu. Sie entdeckten die Freude an Arbeiten, die sie in ihrem früheren Leben von Handwerkern erledigen ließen.
Sie nähte Gardinen und Bettwäsche, sie legten zusammen den Garten neu an. Und dann war es fertig zur Vermietung, das Haus, ein kleines Juwel, fanden sie.
Sie sah sich die Gäste gut an, die Vermieterin, und so manches Mal gefiel ihr nicht, was sie sah. Wer hat von meinem Tellerchen gegessen, wer hat in meinem Bettchen geschlafen?
Ihr Mann lachte sie aus. Von der Miete konnten sie ganz gut leben.
Und jetzt das. Sechs junge Männer zwischen 20 und 30. Bis auf einen alles Glatzen. Der eine hat eine Irokesen-Bürste in Pink. Alle tragen sie Springerstiefel und Armeeklamotten. Wahrscheinlich sind sie alle tätowiert an Stellen, von denen sie gar nichts wissen will. Die Vermieterin.
Und an diesem ersten Abend geht es dann auch richtig zur Sache. Alles hell erleuchtet, Gelächter und laute Musik die ganze Nacht bis zum frühen Morgen. Dauernd springen sie mit Ur-Schreien in den Pool, es plantscht, als sei eine ganze Elefanten-Herde dort eingebrochen auf der Suche nach dem Wasserloch. Ich hab‘s ja gleich gewusst, stöhnt die Frau.
Lachen dürfen sie aber schon und sich amüsieren, das sind junge Leute, sie haben Urlaub, jetzt entspann dich mal, sagt der Vermieter und er versorgt die Frau ausreichend mit sun-downern und anderen legalen Drogen.
So ganz wohl ist ihm aber insgeheim auch nicht.
Sie beobachtet das Haus gegenüber den ganzen Tag. Jeden Tag. Sie steht hinter ihrer schönen alten Eingangstür, die nach marokkanischem Vorbild kleine Fenster hat, die sich nach innen öffnen lassen, die nach außen ein Holzgitter haben als Schutz vor neugierigen Blicken. Neugierige Blicke von innen nach außen lassen sie zu, die Holzgitter.
Sie beobachtet sie, die Glatzen, wenn sie das Grundstück verlassen, wenn sie ihre Einkäufe aus dem Van räumen, kistenweise Bierflaschen - ich hab’s ja gewusst. Einige haben sich Motorroller geliehen und fahren vollbeladen mit Strand-Utensilien davon. Unsere schönen Badetücher, sie nehmen sie sicher mit an den Strand.
Die Springerstiefel und die Armeeklamotten tauchen nicht mehr auf. Sie tragen das, was man im Urlaub so trägt, kurze Hosen und T-Shirts oder auch oben nichts. Bisher hat sie nur bei dem Irokesen Tattoos auf „oben nichts“ entdeckt, aber sie hat ja noch nicht alle Oberkörper nackt gesehen.
Es wird gegrillt und das Gelächter am Pool ebbt nicht ab. An einem Tag kommt ein zweiter Van mit einer Ladung Frauen. Oh, oh, stöhnt es hinter dem marokkanischen Gitter, jetzt fangen die Sexorgien an, wie werden sie das Haus nur zurichten. Das ist Betrug, sie mieten das Haus für 6 und dann sind sie 12.
Und die Party geht jetzt richtig los. Heiße Rhythmen, eigentlich ist sie sogar ziemlich ansteckend die Musik, die Hüften der Vermieterin hinter ihrer vergitterten Tür entwickeln ein Eigenleben, sie zucken verräterisch, gar lustvoll im Takt von Salsa, Rumba und Tango.
Ich glaube, jetzt sind alle nackt, ruft sie aufgeregt nach hinten, wo ihr Vermieter-Mann nur mit den Schultern zuckt, kein Interesse, Hauptsache sie zahlen.
An einem Tag, die Frauen sind verschwunden und bisher nicht wieder aufgetaucht, steht einer der Glatzen vor der Tür. Das Wasser im Bad läuft nicht ab.
Sie wappnen sich, das Vermieter-Ehepaar. Sie mehr. Er weniger.
Zwei von den Jungs begrüßen sie mit Handschlag. Sie tragen Boxer-Shorts. Direkt hinter dem Hoftörchen liegt ein Stiefel, ein paar Schritte weiter der andere. Eine wilde Mischung aus Armee- und anderen Hemden, Armee- und anderen Hosen. Socken und Unterhosen auf der Terrasse und um den Pool herum.
Leere Flaschen, natürlich! Keine vollen Aschenbecher, erstaunlich!
Im Haus geht das Chaos weiter. Im Wohnzimmer zieht ein wirrer Kabelsalat kreuz und quer durch den ganzen Raum, sechs Spiele-Konsolen am Fernseher angeschlossen. Zwei sind in Betrieb. Die Jungs sind völlig vertieft in ihr Spiel. Als die Vermieter direkt neben ihnen stehen, springen sie auf, Händeschütteln. Inneres Kopfschütteln bei den Vermietern. Sie wundern sich. Alles hatten sie erwartet, Höflichkeit nicht.
Sie werden in das große Bad geführt, Rasierschaumdosen, Rasierer, Duschgel-Flaschen, Handtuchklumpen, alles wild durcheinander. In der Dusche steht das Wasser. In der Wanne ebenfalls. Kein Problem, der Installateur wird den Schaden heute noch beheben können. Auf dem Rückweg gehen sie an der Küche vorbei, hier wird gekocht, es duftet köstlich. Der mit dem Kochlöffel wischt sich die Hände an den Boxershorts ab, er begrüßt sie, Handschlag. Er macht Konversation. Höflich. Nett. Ein sympathischer Junge. Erstaunlich!
Der Rückweg durch das Wohnzimmer, über die Terrasse, am Pool vorbei. Die drei, die mit riesengroßen aufgeblasenen Krokodilen im Wasser kämpfen, winken freundlich, es sieht alles irgendwie anders aus, nicht bedrohlich, überhaupt nicht bedrohlich. Es sieht fast friedlich aus. Auf jeden Fall vertraut. Das Chaos.
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