Sie haben Söhne, die Vermieter. Erwachsen, aus dem Haus, sollen sich doch ihre Frauen darum kümmern.
Sie gehen zurück in ihr schönes Haus am Meer, die Vermieter. Sie bestellen den Installateur, die Vermieter. Und sie wundern sich ein bisschen.
Glatzen. Murmelt die Frau.
Glatzen. Murmelt der Mann.
Na ja, die Frau hat dann nicht mehr den ganzen Tag hinter ihrer schönen marokkanischen Eingangstür gestanden. Und der Mann hat ein paarmal gesagt, dass er es doch gleich gesagt habe. Er hat es leise gesagt. Mehr zu sich selbst hat er es gesagt.
Sie konnte dann wieder besser schlafen, die Frau. Jedenfalls ein paar Nächte. Mitten in der Nacht dann irgendwann eine Riesenschreierei.
Sie schrecken beide aus dem Schlaf.
Ich hab‘s gewusst. Das geht nicht gut mit denen. Jetzt zeigen sie ihr wahres Gesicht.
Die Frau ist als erste auf ihrem Platz hinter der schönen Eingangstür. Die kleinen Fenster in der Tür sind geöffnet. Das Holzgitter gibt Schutz, den neugierigen Blicken von innen. Der Mann steht jetzt hinter ihr. Der Tumult ist wirklich bedrohlich.
Wenn Männer so schreien, denkt man an Krieg.
Es ist noch dunkel. Einer der jungen Männer steht neben dem Hoftörchen. Der Irokese. Er trägt Armeehosen und Springerstiefel. Neben ihm steht ein Koffer. Er schreit am lautesten. Es ist auch ein bisschen Weinen in dem Geschrei.
Und ihr wollt Freunde sein. Schreit er. Damit ist es jetzt vorbei. Schreit er. Ihr könnt mich mal, ich betrete dieses Haus nicht mehr. Lieber übernachte ich auf dem Flughafen, die paar Tage halte ich schon aus. Scheißfreunde seid ihr.
Seine Stimme kippt, er weint jetzt wie ein Kind, der Irokese.
Einer der Jungs kommt in Unterhosen aus dem Törchen, er schreit ebenfalls, er versucht, den Irokesen zu umarmen. Der wimmelt ihn ab. Mich ganz allein zu lassen! Einfach abzuhauen! Das verzeih‘ ich euch niemals! Fass‘ mich bloß nicht an!
Der eine geht über die Straße und setzt sich auf die Mauer vor dem Haus der Vermieter. Die anderen Jungs sind wohl auf der Terrasse oder im Garten, sie schreien alle. Und wieder kommt einer raus, in Unterhosen.
Ein Reisebus fährt jetzt vorbei. Es ist immer noch dunkel. Die Passagiere werden zum Flughafen transportiert. Der Bus hält an und der Fahrer fragt, ob es Schwierigkeiten gäbe, ob er helfen könne. Sie winken ihn weiter.
Es kommen wieder zwei der jungen Männer, sie bauen sich vor dem Irokesen auf, sie versuchen ihn zu beruhigen, doch er schreit immer weiter. Sie versuchen, ihn zu umarmen, er wird richtig wild. Die beiden, sie sind auch in Unterhosen, sie haben alle nur Boxer-Shorts an, schlendern über die Straße. Jetzt fängt der, der auf der Mauer sitzt, ebenfalls an zu schreien. Da beugt sich der eine der beiden vor, zieht seinen Kopf nah zu sich herunter und küsst ihn mitten auf seine Glatze. Nun geht das Geschrei hinüber und herüber, es beginnt eine heftige Diskussion. Zu der dann auch die beiden, die bisher wohl noch auf der Terrasse waren, dazukommen, sie setzen sich auf die Mauer, die das Ferienhäuschen umgibt.
Was nun folgt, ist eine perfekte Lektion in Konflikt-Bewältigung unter Freunden. Sie gehen hart mit dem Irokesen ins Gericht. Er hatte sich, - nach dem, was die Lauscher hinter dem Gitter verstehen können, und sie können es gut verstehen, sie sind nah genug dran -, in der Nacht mit einer Gruppe einheimischer Schläger angelegt. Es war zu einer wilden Rauferei gekommen.
Die fünf Glatzen erklären ihm jetzt, warum sie ihm nicht zu Hilfe gekommen sind. Es war vorher besprochen worden, dass sich keiner auf irgendeine Auseinandersetzung einlassen sollte. Bei irgendwelchen Differenzen sofort einlenken und den Rückzug antreten! Das war die Devise. Sie sind im Ausland, sie hatten sich leider in einer ausgelassenen Bierlaune gegenseitig die Köpfe geschoren, sind deshalb angreifbar und sie wollen keinen Ärger. Und als er sich nicht von der Rauferei abhalten ließ, fuhren sie nachhause und ließen ihn alleine dort.
Für ein Taxi war es schon zu spät und so ist er in der Nacht zu Fuß hierher gelaufen. Ein weiter Weg. Und jetzt ist er stinksauer und er wird dieses Haus nie mehr betreten. Sagt er.
Scheiß doch auf Freunde. Sagt er.
Wieder geht einer zu ihm und versucht, ihn zu umarmen, mit etwas mehr Erfolg. Dann verpasst er ihm eine Kopf-Nuss, haut ihm auf den Oberarm. Was man aus der nun folgenden, immer noch quer über die Straße hinweg lautstark geführten Diskussion heraushören kann, ist, dass die sechs Jungs Sportler sind, demselben Verein angehören. Sie kennen sich, seit sie kleine Rotzlöffel waren, sie erinnern sich gegenseitig an Situationen, in denen sie zusammengehalten haben, in denen sie füreinander da waren. Sie hatten doch jeden Scheiß untereinander geregelt.
Und plötzlich, zwei Stunden sind vergangen und mittlerweile dämmert schon der neue Morgen, sind sie alle auf der Straße, umarmen sich, rempeln sich an, boxen sich, verteilen Kopfnüsse und Glatzenküsse. Immer noch laut diskutierend und jetzt unter Gelächter gehen sie durch das Hoftörchen.
Einer kommt zurück. Der Irokese.
Er schnappt sich seinen Koffer und betritt das Haus, das er nie mehr hatte betreten wollen und dessen Eigentümer seltsam berührt ihren Platz hinter der verschwiegenen Tür jetzt verlassen haben.
Als sie nach einigen Tagen wieder abreisen, die Glatzen (niemals zuvor hatten Gäste die Bettwäsche abgezogen und die Mülleimer entleert), beginnt sie sich Gedanken zu machen, die Vermieterin.
Gedanken über Freundschaft und über Vorurteile und darüber, wie sehr der Schein doch manchmal trügt.
Glatzen. Murmelt die Frau.
Ihr Mann, der Vermieter, zählt indessen das Geld und sagt, dass er es ja gleich gesagt habe. Er sagt es leise. Mehr zu sich selbst.
Glatzen. Murmelt der Mann.
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