Nach einer halben Stunde hatten sich alle Besatzungsmitglieder der Petronia entschieden. Keiner wollte das Schiff verlassen. Captain MacAllister lächelte.
„Geben Sie mir noch mal Murray“, sagte er.
„Übergeben Sie Ihr Schiff?“
„Nein.“ MacAllister schüttelte den Kopf. „Das ist uns ehrlich gesagt zu dumm!“
„Dann werden wir Sie vernichten, um den Frieden zu sichern!“
„Was den Begriff 'zu dumm' um eine weitere Bedeutung bereichert. Ihnen ist schon klar, dass wir keine Bordwaffen haben? Aber Sie wissen ja...“ MacAllister schaltete ab, da er nicht wusste, was der andere wissen könnte. Viel war es wahrscheinlich nicht. „Okay, Miss Clausen, dann berechnen Sie unseren Anflug doch mal so, dass die uns nicht bemerken. Und versuchen Sie herauszufinden, wo sich die Carter zurzeit befindet. Ich traue diesem Knaben nämlich nicht.“
„Wann rechnet er mit uns?“
„In 10 Stunden. Wir sind aber schon in 5 im Orbit. Harris, Michaels, wie sieht’s aus?“
„Wir sind fertig, Sir“, sagte der Computerexperte. „Wir müssen nur dicht genug an die Station heran, damit ich alle Sicherheitssperren umgehen kann.“
„Sie schaffen das in einer Stunde?“
„Ja, Sir.“
„Na dann wollen wir mal hoffen, dass wir vor der Ankunft der Carter wieder weg sind. Clausen, haben Sie sie schon gefunden?“
„Nein, sie wird durch den Jupiter verdeckt. Vielleicht sind sie ja auch schon da und verstecken sich nur vor uns...“
„...um uns die Überraschung zu bereiten, die wir für sie vorgesehen haben. Wo war die Carter , als wir die Erde verlassen haben?“
„Im Erdorbit, zur Inspektion.“
„Sie kann die Strecke zum Jupiter in knapp 9 Tagen schaffen. Dann ist es sehr unwahrscheinlich, dass sie erst jetzt hier auftaucht.“ Er wandte sich an den Computerexperten. „Michaels, können Sie Ihr Programm auch von einer Fähre aus senden?“
„Ja, Sir.“
„Gut. Vielleicht kriegen wir Sie doch unbemerkt in die Nähe der Station. Wenn die uns sehen, werden sie auf die Fähre wahrscheinlich gar nicht achten.“
„Captain“, Clausen wirkte missmutig, „wir sind der Carter völlig schutzlos ausgeliefert.“
„Ja, ich weiß.“ Er dachte einen Moment nach. „Sagen Sie dem Chefingenieur, er soll die Nutzlast bei drei unserer Sonden durch Sprengkapseln ersetzen. Das ist im Moment alles, was wir tun können.“
Fünf Stunden vor ihrem angekündigten Erscheinen schwenkte die Petronia in einen Orbit um Jupiter ein. Der Orbit war so berechnet, dass sie in die Nähe des Mondes Europa kamen, in dessen Schutz die Raumfähre das Schiff verlassen konnte. Dann entfernte sich die Petronia wieder, gut sichtbar für die Sensoren der Station.
„Captain, die Station meldet sich.“
„Wie erwartet.“
„Captain MacAllister, hier spricht Commodore...“
„Ich weiß, was wollen Sie?“
„Wir haben Sie im Ziel. Wenn Sie nicht beidrehen und Ihr Schiff übergeben, werden wir Sie vernichten!“
„Auf die Entfernung?“
„Wir sind mit den neusten Betastrahlern ausgerüstet.“
MacAllister warf Dr. DuValle einen fragenden Blick zu, doch der schüttelte nur beschwichtigend den Kopf.
„Mein lieber Murray, Ihnen ist der Begriff Laserprojektor doch sicher ein Begriff. Wir haben zwei Stück davon an Bord und wir hatten genügend Zeit, die inzwischen zu installieren.“ Warum hatten sie es nur nicht getan? „Sollte es also zu Kampfhandlungen kommen, dann ziehen Sie den Kürzeren.“ Er kappte die Verbindung. „Beidrehen und auf Rendezvouskurs mit der Fähre gehen. Die sollten langsam mit ihrer Übertragung fertig sein.“
„Treffen mit der Fähre in... 23 Minuten.“
„Gut.“
„Da nähern sich mehrere Raumfahrzeuge von 38 Grad.“
„Nicht so gut. Identifizierung?“
„Die USS Carter , die USV Brodski , die USS Lincoln und die STM Pisa . Die haben wohl alle auf uns gewartet.“
„Freundlicher Empfang. Die schnellsten Schiffe des Sonnensystems. Wir sollten Rennen veranstalten.“
„Dazu wird es kommen.“
„Ja, das fürchte ich auch. Verbindung mit der Fähre.“
„Hier ist Harris, Sir.“
„Wie weit sind Sie?“
„Wir sind fertig, Sir.“
„Sehr gut.“
„Aber wir haben zwei Schiffe auf dem Radarschirm. Die USS Denham und USV Belgrad .“
„Weniger gut. Geben Sie vollen Schub und verschwinden Sie vom Planeten.“
„Verstanden, Sir.“
„Es wird knapp werden. Treffen mit der Fähre?“
„Elf Minuten.“
„Zeit für das Eindocken?“
„Drei Minuten.“
„Wann sind die Schiffe in Schussweite?“
„Zwölf Minuten.“
„Sehr eng.“ Der Captain hatte eine Idee. „Harris, fragen Sie Michaels, ob er in der Station einen… Feueralarm auslösen kann.“
„Welchen Sinn hat das?“ fragte DuValle.
„Nun, ein Feuer ist mit das gefährlichste, was auf einer Raumstation passieren kann. Und wenn ein Alarm ausgelöst wird…“
„…dann werden sofort alle Schiffe in der Umgebung aufgefordert, die Station zu evakuieren.“ DuValle nickte anerkennend.
„Harris?“
„Wir versuchen es, Sir.“
„Vier Minuten dreißig Sekunden bis Schussweite.“
MacAllister klopfte auf seiner Konsole herum. Er war nervös.
„Fähre bereit zum Eindocken.“
„Rein damit.“
„Station ruft Schiffe zurück. Drei der Schiffe drehen ab. USS Denham und USV Belgrad ändern ebenfalls den Kurs.“
„Hätte mich auch gewundert, wenn Bricket sich durch sowas irritieren lassen würde.“
„ USS Carter eröffnet Feuer, Sir.“
„Treffer?“
„Sie befindet sich noch außerhalb der Schussweite.“
„Sehr gut. DuValle, schießen Sie die vorbereiteten Sonden ab. Vielleicht irritiert ihn das ja ein bisschen.“
„Fähre gedockt, Sir.“
„Volle Kraft voraus.“
„Wohin?“
„Zum Mars.“
„Kurs ist berechnet. USS Carter hat unsere Sonden mit ihren Lasern zerstört... und setzt die Verfolgung fort.“
„Soll sie. Verbinden Sie mich mit dem Kapitän.“
„MacAllister!“ Auf dem Bildschirm erschien ein gerötetes Gesicht. „Geben Sie auf, Sie haben keine Chance!“
Der Captain lächelte und sagte ruhig: „Das wollte ich auch gerade sagen.“ Dann schaltete er ab.
DuValle winkte ihn zu sich herüber. „Captain, sehen Sie sich das mal an. Wir bekommen jetzt die Daten vom Pluto.“
Der Captain seufzte. „Sie werden mir doch nicht sagen wollen, dass die da jetzt eine Freiheitsstatue gebaut haben?“
„Nein. Sie haben uns lediglich die Möglichkeit genommen, etwas mehr über sie herauszufinden.“ Er deutete auf den Bildschirm. Der Zylinder, das einzige Artefakt einer fremden Zivilisation das die Menschheit jemals zu Gesicht bekommen hatte, war verschwunden!
Mars, der rote Planet mit seinen ausgetrockneten Flussbetten, die man vor vielen Jahren für Kanäle, für Anzeichen einer alten Zivilisation gehalten hatte, mit seiner Bergformation, die aus der Luft betrachtet wie ein Gesicht aussah, mit all seinen Eigenschaften, die schon oft den Stoff für Zukunftsgeschichten geliefert hatten. Nun nahm dieser Planet, der äußere Nachbar der Erde, auf dem Bildschirm mehr und mehr Gestalt an.
„Nun, Doktor“, wandte MacAllister sich an DuValle, „was können sie uns über den Mars erzählen?“
„Außer, dass er die Autoren immer wieder zu Geschichten inspiriert hat?“
„Ja, das wissen wir schon.“
„Seine Atmosphäre besteht zu 95% aus Kohlendioxid, 3% Stickstoff, 1.5% Argon, 0.3% Sauerstoff sowie Spuren von Wasserdampf, Krypton und Xenon.“
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