Besonders begeistert war Caren darüber nicht. Andy hatte in letzter Zeit viel Geld in diversen Spielhallen gelassen und dadurch die Stromrechnung nicht bezahlen können. Der Gedanke, alleine in die dunkle, kalte Wohnung zu kommen, bereitete ihr Unbehagen. Mike war wie immer bei ihren Verwandten und bekam davon nichts mit.
Vorsichtig öffnete Caren die Wohnungstüre, fest die Taschenlampe in ihrer Hand. Sofort begab sie sich in die Küche und kramte eine Kerze aus dem Schrank. Das Kerzenlicht warf unheimliche Schatten an die Wände und Caren lief es kalt den Rücken runter. „Reiß dich zusammen, dumme Gans“, rief sie sich selbst zur Ordnung. Sie erfrischte sich mit eiskaltem Wasser und ging hinüber ins Schlafzimmer. Vorsichtig stellte sie die Kerze auf den Nachttisch. Gott, bin ich müde dachte sie, und gähnte ausgiebig.
Caren nahm ihr Kleid und öffnete den Schrank um es aufzuhängen.
Entsetzt schrie sie auf. Unten im Schrank saß mit breit grinsendem Gesicht ihr Göttergatte. „Bist du bescheuert?“ schrie Caren mit überschlagender Stimme. „Willst du, dass ich einen Herzschlag bekomme?“ Völlig hysterisch und entnervt ließ sie sich aufs Bett fallen. Ihr Gesicht hatte alle Farbe verloren. Ihr Herz raste...ihre Hände flatterten.
Süffisant grinste Andy: „Wollte mal sehen, ob du alleine nach Hause kommst oder irgendeinen Typen anschleppst!“
„Wie krank bist du eigentlich? Du musst nicht immer von dir auf andere schließen!“ Sie stand auf und wollte das Schlafzimmer verlassen. Aber das ließ Andy nicht zu, er zog sie zurück und warf sie aufs Bett. „Was hältst du davon, mal einen Dreier zu machen - mit einer zweiten Frau?“ „Lass mich in Ruhe, verdammt noch mal. Was hältst du davon, es mit einem zweiten Mann zu treiben?“
Andys Gesicht verfärbte sich. „Das hättest du wohl gerne, du Miststück!“
Anscheinend stachelte die ganze Situation ihn an, denn er fiel regelrecht über sie her.
„Wollte eigentlich warten bis du eingeschlafen warst.“, sagte er genüsslich und drang mit Gewalt in sie ein.
Mit geschlossenen Augen ließ Caren alles über sich ergehen.
Heiligabend waren Caren, Andy und Mike bei den Schwiegereltern eingeladen. Die Stimmung war auf dem Nullpunkt, denn Andy hatte mal wieder alles Geld verspielt. Keine Geschenke für Mike – nur die üblichen Gutscheine. Auch für die Schwiegereltern gab es nichts. Mike war noch bei Carens Tanten und musste noch abgeholt werden.
Caren kam gerade aus der Dusche, ein großes Badetuch um ihren Oberkörper geschlungen. „Andy wir müssen uns beeilen, wir müssen Mike noch abholen.“ Auf dem Weg zum Schlafzimmer wurde sie brutal am Arm festgehalten und herum gerissen. „Wo kommt der blaue Fleck her – wer hat dich da angefasst“, schrie Andy sie wütend an und zeigte auf ihren Oberschenkel. Sein Gesicht war verzerrt, seine Nasenspitze hob sich weiß hervor.
Schützend hob Caren ihre Hände vor ihr Gesicht. Doch Andy schlug wie von Sinnen auf sie ein: „Wer war das – sag sofort wer das gemacht hat!“
Caren wurde bleich, sie wusste, nichts konnte Andy aufhalten. „Keiner“, schrie sie. „Mich hat keiner angefasst, hör auf – bitte hör auf!“
Doch Andy schlug weiter auf sie ein bis sie aufs Bett fiel. „Sag es – sag es“, schrie er mit verzerrtem Gesicht. Überall am Körper fühlte Caren Andys Hände. Sie konnte nicht mehr, hielt es nicht mehr aus. „Verdammt, hör auf. Es war ein Typ auf der Arbeit, weiß nicht wie er heißt“, schrie Caren mit letzter Kraft. Lieber diese Lüge als noch mehr Schläge. Andy ließ sofort von ihr ab.
Mit geballten Händen stellte er sich ans Fenster. „Geh ins Bad dich zurechtmachen!“ Demonstrativ drehte er Caren den Rücken zu.
Leise schob Caren sich an ihm vorbei und ging ins Bad. Entsetzt sah sie ihr Spiegelbild. Ihr Gesicht war dick geschwollen, ihre Augen verquollen. Da half auch keine Schminke mehr.
Nachdem sie Mike abgeholt hatten fuhren sie zu den Schwiegerelter. Carens Schwiegermutter sah sie an, sah die Sonnenbrille und wusste genug. „Oh mein Gott, Kind!“ Mehr sagte sie dazu nicht.
Später nahm Paps, ihr Schwiegervater, sie zur Seite. „Mädel, lass die Finger von meinem Sohn – er taugt nichts!“ Traurig, dass ein Vater so etwas von seinem Sohn sagen muss. Hätte sie mal auf ihn gehört!
Wieder zuhause wollte Caren sich sofort hinlegen. Ihr ganzer Körper schmerzte und auch die seelischen Schmerzen taten weh – sehr sehr weh!
Andy lief mit bedrückter Miene in der Wohnung hin und her. „Herzilein, es tut mir leid. Weiß nicht was mit mir los ist“, bat er Caren um Verständnis. Herzilein? Sie glaubte ihm kein Wort. „Es kommt nie wieder vor, Baby!“
„Bis zum nächsten Mal“, erwiderte Caren leise. „Wenn du das ganze Geld verzockst, lass den Frust nicht an mir aus!“ Wütend drehte sie sich um. Sie hatte die Schnauze gestrichen voll. Aber immer hörte sie Andys Drohungen sie umzubringen, wenn sie ihn verlassen würde.
Mal wieder waren sie umgezogen. Heute war Andys Geburtstag und Caren hatte nicht das kleinste Geschenk für ihn. Wovon auch? Durch Andys Spielsucht fehlte es an all Ecken. Wenn Caren nicht von ihren Tanten ab und zu Geld zugesteckt bekäme, hätten sie nichts zum Essen.
Caren und Mike gratulierten ihm. „Kein Geschenk – bin ich dir nichts wert?“ Andys Blick versprach nichts Gutes. „Aber wovon denn?“ wehrte Caren sich. „Du weißt genau, dass kein Geld da ist – auch warum! Ich weiß noch nicht einmal, wovon ich einkaufen soll!“
Wütend drehte Andy sich um. Er wurde nicht gerne an seine Spielsucht erinnert. Fluchtartig verließ er die Wohnung. Etwas später tauchte er wieder auf und ging vergnügt pfeifend in die Küche. Neugierig lugte Caren um die Ecke. Was machte er da?
Noch immer pfeifend warf Andy ein Steak in die Pfanne. Caren war mehr als irritiert. Mit sadistischem Grinsen kam Andy etwas später mit seinem Teller aus der Küche und setzte sich an den Esstisch, genau gegenüber von Mike. Demonstrativ fing er genüsslich an zu Essen.
Carens Gesicht verlor alle Farbe. Sie sah Mikes unverständlichen Blick und ihr Magen krampfte sich zusammen. Ungläubig sah Mike sie an als Caren seine Hand nahm und mit ihm die Wohnung verließ.
Sie lief mit Mike zur nächsten Straßenbahnhaltestelle. Auf dem Weg zum Pfandhaus schwirrten ihre Gedanken wie wild durch den Kopf. Hatte sie ein Monster geheiratet? All die Schläge, all die Demütigungen waren nichts gegen das, was Andy sich jetzt geleistet hatte. Selbst wenn sie hundert Jahre alt werden sollte, diesen Tag und Mikes unverständlichen Blick würde sie niemals vergessen.
Warum machte sie das nur alles mit? War sie ihm hörig? Andy, der keine Skrupel hatte sie aus dem Auto zu werfen, wenn er eine andere Frau sah die er besitzen wollte. Der sie schlug, betrog, belog und demütigte. War es Hörigkeit oder einfach nur Angst? Angst, dass er seine Drohungen wahr machte – sie umzubringen? Seine ständigen Frauengeschichten die sie sehr verletzten. Warum konnte sie nicht einfach nur gehen – alles hinter sich lassen? Es wird wohl Angst sein.
Caren betrat das Pfandhaus. Für ihren Ehering bekam sie gerade so viel, um genügend Lebensmittel einkaufen zu können. Hoffentlich würde Mike diesen Vorfall ganz schnell vergessen. Liebevoll legte sie ihren Arm um seine Schulter. Wieder zu Hause stellte sie fest, dass Andy lieber das Weite gesucht hatte. Gut so – sie konnte ihn jetzt nicht ertragen.
Seine Entschuldigung am nächsten Tag ließ sie an sich abprallen. Sie konnte es einfach nicht mehr hören. So lange er der Spielsucht verfallen war, würde er seinen Frust an ihr auslassen.
Auch in dieser Wohnung hatten sie Mietschulden und mussten wieder ausziehen.
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