Ein Geräusch schreckte ihn auf. Mats Runen spürte, wie sich erneut ein Unbekannter in sein kleines Quartier geschlichen hatte. Doch diesmal war das Licht im Raum nicht völlig aus, weswegen er sich weiter schlafend stellte und aus schmalen Augenschlitzen heraus versuchte den Unbekannten zu beobachten. Als der unbekannte Besucher näher an sein Bett trat, konnte Mats Runen ein ihm bekanntes Gesicht erkennen.
Laut polterte er los: „Kann man hier noch nicht einmal in Ruhe schlafen? Leutnant Jednich, was treiben Sie hier?“
Dieser erschrak bis in die Haarspitzen und blieb wie angewurzelt stehen. Schließlich machte er unmissverständliche Zeichen, dass Mats Runen doch bitte still sein möge. Flüsternd meinte er: „Seien Sie bitte leise!“
„Warum? Was machen Sie hier in meinem Quartier, schleichen herein wie ein Einbrecher?“ fragte Mats Runen, nun ebenfalls flüsternd. „Wie haben Sie mich gefunden?“
„Werden Sie abgehört, Sir?“
„Ich glaube schon, das sagt jedenfalls mein persönlicher Betreuer!“
„Das ist nicht gut, also bitte leise sprechen. Und wie sieht es mit visueller Beobachtung aus?“
„Das weiß ich nun wieder nicht!“
„Egal, dann werden wir es bestimmt bald wissen, wenn diese Kettenhunde hier auftauchen, welche hartnäckig nach mir suchen!“
„Was für Kettenhunde? Jednich, was haben Sie wieder angestellt?“
„Natürlich nichts! Aber aus irgendeinem Grund sind irgendwelche bewaffneten Typen hinter mir her.“
„Ich glaube, ich weiß auch schon warum!“
„Wieso das?“
„Nun, weil ich heute Besuch von einem dieser Gen-Techniker, welche sich als Herren hier an Bord aufspielen, hatte. Und auf eine meiner zahlreichen Fragen erzählte er mir, dass man drei Personen aus unserem Gleiter geborgen hat, nachdem wir aus dem verdammten Wurmloch wieder heraus kamen. Laut der Meinung dieses Gen-Technikers wurde eine von den drei Personen als künstliche eingestuft. Das kannst nur du gewesen sein, Leutnant! Wo hast du eigentlich bis jetzt gesteckt?“
„Ich und künstlich? Die haben wohl eine Meise, diese spindeldürren Grashüpfer!“
„Gottesanbeterinnen!“
„Was?“
„Die Gen-Techniker ähneln sehr stark einer irdischen Insektenart, den Gottesanbeterinnen!“
„Kenne ich, das Bioplasma ist bestens mit der Flora und Fauna von Terra vertraut. Also auch ich. Jedenfalls haben mich diese Grashüpfer mit irgendwelchen unbekannten Gerätschaften in eine Abstellkammer verfrachtet. Und von Stunde an hat sich keiner mehr um mich gekümmert. Eine bodenlose Frechheit und es war sehr einsam, das muss ich schon sagen!“
„Was hast du dann … haben Sie dann gemacht?“
„Sir, ich glaube es ist besser, wenn wir das Sie einfach weglassen. Schließlich sitzen wir jetzt alle im selben Schlamassel!“
„Okay, Leutnant! Dann bleibt aber auch der Sir weg! Klar?“
„Jawohl, Sir! Sowad!“
„Was?“
„Ich bin Sowad!“
„Ach so, ja natürlich! Und ich bin Mats, der Wikinger. Aber den Wikinger kannst du dir auch sparen. … Nun erzähl schon weiter! Wie sieht es mit deinen Erinnerungen aus? Kannst du dich an alles erinnern, was geschehen ist? Oder hattest du auch einen Blackout, als du aufgewacht bist und dich in der Abstellkammer wiedergefunden hast?“
„Nicht alle Fragen auf einmal. Also … anfangs hatte ich einen totalen Ausfall. An absolut nichts konnte ich mich erinnern. Aber jetzt ist fast alles wieder da. Einige wenige Bruchstücke fehlen manchmal noch, aber es wird immer besser! Aber diese totale Amnesie war für mich eine neue Erfahrung.“
„Sehr gut! Wie dir deine Erinnerung vielleicht sagt, sind wir durch das Wurmloch der Scientobots in dieses Paralleluniversum gesogen worden und nicht irgendwo am anderen Ende in unserem Universum gelandet. So, wie es von diesen Scientobots geplant war.“
„Was aber genauso schlimm gewesen wäre für uns.“ meinte Sowad Jednich.
„Richtig, aber unsere jetzige Situation ist sogar weitaus schlimmer. Wir kennen den Weg zurück nicht. … Na ja, zu unserem Glück sind wir aber lebend hier in diesem Universum heraus gekommen. Das Rote Universum laut JaJa!“
„Na gut, wenn er es behauptet. Aber wer oder was ist JaJa?“
„JaJa ist mein persönlicher Betreuer. Ein ziemlich komischer Kauz. Sieht aus wie eine überdimensionale Mensch-ärgere-dich-nicht-Figur. Ansonsten aber ein netter Bursche. Ich glaube, der hat was übrig für uns Menschen.“
„Okay, darüber können wir später sprechen. … Jedenfalls waren die Kräfte, die bei diesem Durchgang durch das Wurmloch wirkten, gewaltig. Du und Fletscher ihr wart mehr tot als lebendig. Mich hatte es nicht so schlimm erwischt, dennoch war mein Körper zu keiner Reaktion fähig. Ich kam mir vor wie ein Gefangener im Körper des ehemaligen Androiden.
Dabei hatten wir großes Glück, dass gerade diese Grashüpfer mit ihren riesigen Raumschiffen zur rechten Zeit am rechten Ort waren und uns retteten. Dann ging alles sehr schnell, ohne das ich mich wehren konnte. Ich wurde von euch getrennt und landete, wie bereits gesagt, in dieser Abstellkammer.“
„Und was waren das für Dinge, mit denen du die Abstellkammer geteilt hast?“
„Die verschiedensten Apparaturen. Mit Sicherheit stammen sie von anderen Spezies. Denn ich vermute, diese Gen-Techniker haben kein Interesse an Technik andere Spezies. Sie interessieren sich scheinbar nur für Gen-Manipulation und DNA-Experimente, wie ich in Erfahrung bringen konnte. In der Abstellkammer hatte sich jedenfalls einiges angesammelt und ich gehörte plötzlich dazu.“
„Und sie haben dein Bioplasma nicht entdeckt? Ich kann es kaum glauben. So wie mir JaJa berichtet hat, jonglieren die Gen-Techniker seit Jahrtausenden mit der DNA fremder Spezies. Und dann lokalisieren sie das Bioplasma in deinem Körper nicht. Irgendwie verrückt, oder?“
„Zu meinem Glück kann ich dazu nur sagen, denn sonst hätten sie mich auseinander genommen wie eine Weihnachtsgans.“
„Wo hast du nur diese Sprüche her, Sowad?“
„Ich habe einige Jahre mit euch Menschen verbracht, vergiss das nicht!“
„Na gut, lassen wir das. Und wie hast du es angestellt mich zu finden?“
„Ha, diese Grashüpfer haben genauso wenig Hirn, wie ihre irdischen Brüder. Haben die vielleicht geglaubt, dass ich wie ein ausgemustertes Museumsstück da herumstehen würde? Aber nicht mit Sowad Jednich. Ich hatte ja genügend Zeit, um mich in dem Raum umzusehen. Ungestört war ich allemal. Ich habe dabei einige brauchbare Dinge gefunden. Mit denen habe ich dann Segmente der Wandverkleidung abmontiert und so Versorgungsleitungen freigelegt. Zu meinem großen Glück lagen auch einige Datenleitungen direkt vor meiner Nase. Alles andere war dann ein Kinderspiel. Den Datenströmen folgend gelangte ich bis in ihren Bordrechner. Dort konnte ich auf Informationen zugreifen, wie es mir beliebte.
Einige Tage habe ich Information für Information gesammelt, ausgewertet und lokalisiert, was mich letztlich zu dir geführt hat. Und hier bin ich nun!“
„Und warum sind dann eine ganze Horde von Kettenhunden, wie du sie so schön nennst, hinter dir her? Ist wohl doch nicht so unentdeckt geblieben, deine Datenschnüffelei, oder?“
„Das Problem ist, man kann als fremde Spezies nicht einfach durch ein Raumschiff der Gen-Techniker spazieren!“ kam eine Stimme aus Richtung der Eingangstür.
Mats Runen und sein Besucher Sowad Jednich fuhren erschrocken herum. Jegliche Vorsicht vergessend hatte sie nicht mehr auf den Eingang geachtet und waren ziemlich überrascht von JaJa DaRummJa's auftauchen. Als Mats Runen diesen jedoch erkannte, stieß er hörbar die Luft aus den Lungen.
„JaJa, musst du uns so erschrecken?“
„Ihr unvorsichtig seid. Schon bald Wachsoldaten kommen hier. Haben euch entdeckt durch Raumüberwachung.“
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