Jörg Röske
200
Die Thermopylen und eine Pommesbude
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Inhaltsverzeichnis
Titel Jörg Röske 200 Die Thermopylen und eine Pommesbude Dieses ebook wurde erstellt bei
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Impressum neobooks
„Tagchen.“, sagte der eine.
„Tagchen.“, sagte der andere.
„Schönes Wetter heute, ne?“
„Ja, schönes Wetter.“
„Darf ich mal eben vorbei?“
„Kannste einen Moment warten?“
„Wieso?“
„Ich muss dringend auf Klo!“
„Diesen Begriff gibt es doch noch gar nicht!“
„Welchen Begriff?“
„ Klo !“
„Du weißt aber, was ich meine.“
„Ja, ich weiß. Beeil' dich bitte.“
„Mist!“
„Was denn jetzt schon wieder?“
„Ich habe kein Klopapier.“
„Das ist auch noch nicht erfunden worden.“
„Echt nicht?“
„Echt nicht.“
„In was für einer Zeit leben wir denn?“
„480 vor Christus.“
„Dass du das so genau weißt!“
„Ich bin informiert.“
„Was nehme ich den jetzt?“
„Nimm Blätter!“
„Was für Blätter?“
„Von den Bäumen hier.“
„Hier gibt es kaum Bäume.“
„Einer reicht schon.“
„Stimmt auch wieder. Na, ich gehe mal.“
„Bitte beeil' dich!“
„Ich habe bestimmt Durchfall.“
„Wieso?“
„Weil ich nervös bin.“
„Tröste dich, ich bin auch nervös.“
Nach verrichteter Tat war der andere wieder da.
„Da bin ich wieder.“, sagte er.
„Wunderbar!“, sagte der eine, „Darf ich dann jetzt vorbei?“
„Du ja, aber was ist mit den ganzen Kollegen da?“
„Was soll mit denen sein?“
„Wollen die auch vorbei?“
„Eigentlich ja.“
„Das geht leider nicht.“
„Und wieso?“
„Na ja, weil es eben nicht geht.“
„Das finde ich doof.“
„Tut mir leid.“
„Die haben auch Papiere!“
„Was für Papiere?“
„Na, diese Klamotten von den Ägyptern, Papyrus und so.“
„Ach.“
„Die können die zeigen!“
„Alle?“
„Ja.“
„Von allen Kollegen?“
„Ja.“
„Das wird aber lange dauern.“
„Die haben Zeit.“
„Dann mal her damit.“
Der erste Kollege zeigte seine Papiere. Der andere besah sie sich.
„Das sind ja Zeichnungen!“, meinte der andere.
„Was erwartest du?“
„Noch etwas mehr Kunstfertigkeit, was Perspektive betrifft.“
„Ach, du erhebst auch noch Ansprüche?“
„Ja, klar! Wenn ihr in mein Land einreisen wollt, dann möchte ich, dass ihr was könnt!“
„Klingt logisch.“
„Abgelehnt. Der nächste bitte.“
Der nächste kam. Er zeigte seinen Reisepass.
„Was ist denn das?“, fragte der andere.
„Das ist mein Reisepass. Hatte ich letzte Woche verlängern lassen.“, sagte der nächste.
„Reisepass?“
„Ja, Reisepass.“
„Wieso hast du den verlängern lassen?“
„Es hieß, wir machen Urlaub im Ausland, da hatte ich meinen Reisepass verlängern lassen.“
„Klingt logisch.“
„Darf ich rein?“
„Nein, du stehst im Verdacht, Waffen in mein Land einzuführen.“
„Ich habe keine Waffen!“
„Und was ist mit dem Schwert da?“
„Was für ein Schwert?“
„Das da an deinem Gürtel hängt.“
„Ach, das! Das benutze ich, um Orangen zu schälen.“
„Klingt unglaubwürdig. Abgelehnt.“
„Scheiße.“
„Der nächste, bitte.“
Der nächste kam.
„Was kann ich für dich tun?“, fragte der andere.
„Ich möchte einreisen.“
„Dann bitte die Papiere.“
Der nächste zeigte seine Papiere. Der andere beschaute sie sich. Dann schaute er auf.
„Du willst mich wohl verarschen?“, meinte der andere.
„Wie bitte?“
„Das ist ein Bundespersonalausweis!“
„Stimmt was nicht?“
„Der ist erst ab dem 12.11.1964 gültig!“
„Und was haben wir jetzt?“
„Den 11.8.480, aber vor Christus!“
„Und?“
„Einreise verweigert.“
„Das gibt es doch nicht!“
„Tut mir leid, aber ich muss da ganz genau sein. Der nächste, bitte.“
Der nächste kam, und dessen Einreise wurde ebenso verweigert. So geschah es mit allen 2012 weiteren Einreisewilligen. Dann erschienen ungefähr 3045 weitere Einreisewillige. Die hatten auch einen Chef.
„Was kann ich für euch tun?“, fragte der andere den Chef.
„Wir möchten einreisen.“, sagte der Chef.
„Seid ihr auf der Flucht oder was?“, fragte der andere.
„Eigentlich schon.“
„Vor wem?“
„Vor unserem Herrscher.“
„Ach ja?“
„Ja.“
„Inwiefern?“
„Wenn wir nicht das machen, was er sagt, dann tut er uns weh.“
„Und was sollt ihr machen?“
„Euch überfallen.“
„Ihr beantragt also Asyl?“
„So ungefähr.“
Da kam ein Mann im Anzug daher.
„Guten Tag.“, sagte der Mann im Anzug.
„Guten Tag.“, sagte der andere, „Willst du auch einreisen?“
„Nein, ich will nur erstatten.“
„Wieso? Du hast mir doch keinen Schaden zugefügt!“
„Ich will ja nicht Schaden erstatten, sondern Bericht.“
„Bericht kann man erstatten?“
„Eigentlich ja.“
„Was hast du denn eigentlich für 'ne komische Kleidung an?“
„Das trägt man bei uns so.“
„Bei uns nicht.“
„Ich weiß.“
„Was willste noch wissen?“
„Wie gerade der Stand der Schlacht ist.“
„Was für 'ne Schlacht?“
„Na, die bei den Thermopylen!“
„Und wann ist die?“
„Am 11.8.480, aber vor Christus.“
„Das ist ja heute!“
„Genau. Und wie steht 's mit der Schlacht?“
„Äh, ja, im Moment ist hier gerade keine Schlacht.“
„Keine Schlacht?“
„Keine Schlacht.“
„Na gut, ich warte. Vielleicht passiert noch was.“
„Ne, heute passiert nichts mehr, ich gehe jetzt ins Bett!“
„Was?“, fragte der Asyl beantragende Chef, „Du gehst jetzt ins Bett?“
„Ich habe gerade über 2000 Leute kontrolliert, ich bin etwas erschöpft.“
„Aber es ist doch erst 16.42 Uhr!“
„Ist mir egal, ich bin schon seit fünf Uhr auf, ich bin echt müde.“
„Ich bin schon seit vier Uhr auf!“
„Warum das denn?“
„Mein Handy-Wecker klingelte.“
„Handys gibt es noch nicht!“
„Okay, mein Wecker klingelte.“
„Elektronisch oder mechanisch?“
„Mechanisch.“
„Gibt es noch nicht.“
„Okay, meine Frau warf mich aus dem Bett, ich sollte Brötchen holen.“
„Klingt einigermaßen plausibel. Und was haste gemacht?“
„Ich bin Brötchen holen gegangen.“
„Bei wem?“
„Beim Bäcker natürlich, du Hirn!“
„Ich heiße nicht Hirn , ich heiße Leonidas. Wie viele Brötchen hast du gekauft?“
„Zwei. Eins für meine Frau, eins für mich.“
„Wie viel hast du bezahlt?“
„60 Cent.“
„60 Cent?!“
„Ja.“
„Sind die schon wieder teurer geworden?“
„Ja, leider. Kann man nichts machen.“
„Ihr könntet selber backen.“
„Geht nicht. Ich bin tagsüber auf Arbeit, und meine Frau hat Athrose. Und wenn ich nach einem anstrengenden Tag nach Hause komme, habe ich wirklich keine Lust, mich noch hinzustellen und Brötchen zu backen.“
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