Nach dem Sonnenaufgang rieb sie sich mit ihren Pfoten über das Gesicht. Sie streifte ihre Schnurrbarthaare glatt und schaute in den Spiegel, den sie bereits für das eitle Erdmännchen bereitgelegt hatte. Immer wieder sah sie ihren Schwanz an, die schwarze Katze. Doch es war nichts zu machen, ihre weiße Schwanzspitze fehlte. An den Unfall erinnerte sie sich kaum, doch sie war froh, dass sie lebte.
Benny kam wie immer, um ihr Fell zu bürsten. Merkwürdig dachte die schwarze Katze, sie wunderte sich, dass er immer bei ihr gewesen war, auch jetzt, ohne ihre schöne weiße Schwanzspitze. Sie beschloss, den Spiegel zum eitlen Erdmännchen zu bringen. Beim Laufen ließ sie bekümmert den Schwanz am Boden schleifen. „Was werden meine Freunde sagen?“, grübelte die schwarze Katze.
Der faule Pfau sah die schwarze Katze schon aus der Ferne. „Warum schleift dein Schwanz am Boden?“, fragte er sie. „Die Schwanzspitze ist ab“, sagte die schwarze Katze und schämte sich. „Ab?“ Doch der faule Pfau war zu lustlos, um selbst zu schauen.
Die graziöse Gans bemerkte sofort, dass etwas nicht mit der schwarzen Katze stimmte. Als sie erkannte, was geschehen war, schwamm sie in großen Zügen zum schönen Schwan. Hinter vorgehaltener Hand erzählte die graziöse Gans vom Unheil der schwarzen Katze. Sofort tauchte der schöne Schwan und schwamm in weitem Bogen weg vom Ufer, an dem gerade die schwarze Katze ankam. So wollte er sich unter keinen Umständen mit ihr sehen lassen. Inzwischen hatte der unruhige Uhu die Kunde aufgeschnappt. „Katze, du tust mir leid!“, rief er ihr zu, während er bereits mit den Flügeln zum Wegfliegen ruderte. Die schwarze Katze schaute betrübt zu Boden. „Danke, Uhu“, sagte die schwarze Katze mutlos. Doch er hörte es nicht mehr. Sein Ast war bereits leer.
„Was willst du hier?“, fragte das eitle Erdmännchen erbost. „Ich bringe dir deinen Spiegel.“ „Katze komm besser nicht mehr hierher. Du bist nicht mehr dieselbe!“, sagte es und sprang davon. Die schwarze Katze war verzweifelt. Alle ihre Freunde hatten sie verlassen. Doch da kam ihr die Idee: Das charmante Chamäleon. Es hatte immer etwas Nettes zu sagen. Die schwarze Katze suchte und suchte es. Nach zwei Stunden fand sie es hinter einem Baum versteckt.
„Warum versteckst du dich?“, fragte die schwarze Katze verwundert. „Ach Katze, ich wollte dich nicht treffen.“ „Warum?“ „Na, was soll ich dir denn schon sagen? Nun bist du eine gewöhnliche schwarze Katze.“ Die schwarze Katze schwieg. Ihr fehlten die Worte.
„Katze, es gibt nichts Gutes mehr zwischen uns zu sagen.“
Als sie weitergrübelte, kam der schwarzen Katze eine neue Idee. War heute nicht Montag und hatte sie nicht der klavierspielende Kater zur Sinfonie geladen? Sie dachte an Kaviar und Lachs und leckte sich mit der Zunge über das Maul. Als sie klopfte, machte niemand auf. Doch die schwarze Katze gab nicht auf. Bis zum Einbruch der Dunkelheit wartete sie am Tor des Katers. Noch nie war sie bis in die Nacht hinein von zu Hause fortgeblieben. Doch plötzlich – horch! Von drinnen erklang Klaviermusik. Sie klopfte erneut. Doch damit hatte sie nicht gerechnet: Mit großen Sprüngen kam der Bauer um die Ecke und trieb sie mit der Mistgabel fort. „Schon wieder so eine hässliche schwarze Katze!“, rief er seiner Frau zu.
Die schwarze Katze wusste nicht mehr, wie lange sie unter dem Baum gelegen hatte, bis etwas an ihrer Pfote juckte. Sie sah sich um, doch niemand war weit und breit zu sehen.
Außer… Was war das?
An ihrer Pfote krabbelten kleine Tiere empor. Die schwarze Katze hatte diese nie zuvor gesehen. „Wer seid ihr?“, fragte sie neugierig.
„Wir sind die nachtaktiven Schaben.“ „Was sind Schaben?“ „Manche nennen uns auch schmutzige Schaben oder schädliche Schaben.“
„Seid ihr denn schädlich?“ „Nicht immer. Wir nutzen auch.“ „Wozu nutzt ihr?“, wollte die schwarze Katze wissen. „Wir stehen am unteren Ende der Nahrungskette. Das bedeutet, wir dienen vielen Tieren zur Speise“, erklärten die Schaben ohne Umschweife. „Das ist aber kein schöner Nutzen“, sagte die schwarze Katze. „Wir sind zufrieden. Aber wir nutzen noch mehr“, sagte die kleine Schabe mit ihrer piepsigen Stimme. „Vielleicht findest du es heraus, wenn du mehr Zeit mit uns verbringst“, ergänzte die alte Schabe.
Die Katze wunderte sich, dass die Schaben mit ihr plauderten und gerne Auskunft gaben. Sie erzählte ihre Geschichte. Wie Benny sie aus dem Tierheim geholt hatte. Dass er sich in ihre Schwanzspitze verguckte. Sie berichtete von ihren vielen Freunden. Und davon, was ihr nun geblieben war. Die Schaben versammelten sich alle um sie. Einige von ihnen flatterten aufgeregt mit ihren Flügeln, während die Katze sprach. „Wir achten nicht auf das Äußere“, erklärten die Schaben.
Die ersten Sonnenstrahlen brachen herein. „Du bist uns jederzeit willkommen“, schwatzten die nachtaktiven Schaben weiter. Vorerst mussten sie sich aber verkriechen.
Glücklich lief die schwarze Katze nach Hause. Endlich hatte sie jemanden gefunden, der sie verstand. Als sie am Morgengrauen das Haus erreichte, schlang Benny seine Arme um sie und strich ihr über das weiche Fell. Schon lange hatte er am Tor gewartet. Er hatte sie vermisst, seine schwarze Katze.
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