Als sie uns dann endlich gehen ließ, war ich wahnsinnig erleichtert.
An der Tür hielt mich Kibo am Arm fest.
„Kommst du nun heute Abend?“ fragte er leise.
„Na klar. Schon alleine weil`s verboten ist.“ Erwiderte ich und grinste.
Er grinste zurück.
„Na dann bis dann. Hey Ähm, wollen wir zusammen die Kurse ankreuzen? Das macht zu zweit immer mehr Spaß.“ fragte er.
Und tatsächlich. Ich sah wie sich immer mehr Paare fanden, die Ihre Kurse zusammen aussuchten und sich gegenseitig berieten.
„Klar warum nicht.“ Ich lächelte.
„Gut dann komm doch gleich mit zu mir aufs Zimmer. Also nur wenn du willst.“
Fügte er schnell hinzu.
Er hatte wahrscheinlich Angst gehabt, ich könnte das mit seinem Zimmer falsch auffassen.
„Ja ich will.“ sagte ich und lachte. Dann lachte auch er und wir gingen auf sein Zimmer.
Der Unterricht war wahnsinnig umständlich gestaltet.
Chemie zum Beispiel, wurde donnerstags und freitags angeboten. Man musste aber nicht an beiden Tagen ankreuzen.
Es gab eine große und zwei kleine Chemie Klassen. Eine für Donnerstag, eine für Freitag und eine für Donnerstag und Freitag.
Ich kreuzte also jeden Tag die Fächer an, die mir für den Tag zusagten und verpasste nichts vom Stoff.
Das Lehrkonzept war erstaunlich gut.
Kibo hielt mir die Tür auf, als wir oben ankamen.
Ich knickste übertrieben und sagte „Danke!“
Verschämt schaute er zu Boden. Ich lachte und dann lachte er auch.
Das Zimmer war wesentlich kleiner als das von mir und den Mädchen. Nur drei Betten und drei Schränke hatten darin Platz. Wäschepuffer hatten sie nicht.
Sie hatten Wäschesäcke, die sie jeden Morgen an die Tür hängen mussten und die sie in ihrem Schrank verstauen konnten.
Ein Stockbett und ein Einzelbett, standen sich im Raum gegenüber.
Wir setzten uns auf das Einzelbett. Es war Kibos.
Er ging zu seinem Schrank und wühlte etwas heraus. Dann drückte er mir einen kleinen Eisbecher in die Hand.
„Tauen die da drin nicht?“ fragte ich verdutzt.
„Nein.“ sagte er und hielt die Tür ganz auf. Auf dem Schrankboden stand eine kleine Kühlbox, die durch ein Loch in der Schrankwand mit einer Steckdose verbunden war.
Ich grinste. „Das ist mal ne Idee!“ sagte ich.
„Nicht wahr. Ich liebe Eis. Ich wollte nicht darauf verzichten.“ sagte er sichtlich stolz auf seine Idee.
„Ich steh auch total auf Eis.“ Sagte ich leise.
Dann setzte er sich wieder zu mir und gab mir einen Löffel.
Wir löffelten unser Eis und lachten über die Kurse und die Freizeitangebote.
Ich kreuzte ein paar Kurse an, die nicht so anstrengend klangen. Und als Freizeitaktivität nahm ich Kreatives Arbeiten. Ich wusste noch nicht was da alles auf mich zukommen würde.
Als wir unsere Kreuzchen setzten und Eis aßen fing er auf einmal an zu kichern.
„Was ist so witzig!“ fragte ich und musste auch grinsen.
„Du hast da Eis unterm Auge.“ lachte er.
„Oh wie peinlich. Jaaa bei mir isst immer das ganze Gesicht mit.“
Ich wischte mir über die Wange.
„Du hast es nicht erwischt… Ähm warte.“ etwas ungelenk streckte er seine Hand aus und wischte mir mit dem Daumen über die Wange.
Er sah mir lange in die Augen und nahm seine Hand auch nicht wieder weg. Ich guckte zurück und legte meine Hand auf seine.
„Da war gar nichts auf meiner Wange stimmt’s?“ flüsterte ich sanft.
„Nein.“ wisperte er ebenso sanft zurück und beugte sich vor. Wir kamen uns immer näher und auf einmal kribbelte alles in mir.
Da schwang die Tür auf und wir schossen auseinander. Raffi und irgendein anderer Kerl standen in der Tür. Sie hatten, wie es schien, nichts gemerkt.
Wir schielten uns an.
„Hey Kibo, wir müssen noch vorbereiten Alter. Kommt die auch?“
fragte Raffael.
„Ja DIE kommt auch.“ sagte ich ironisch. „DIE heißt übrigens Marie. Wann geht’s denn heute Abend los?“ fragte ich.
„Um elf.“ schoss Kibo.
„Gut dann geh ich jetzt mal wieder rüber zu mir. Bis heute Abend Jungs.“ sagte ich und sah Kibo noch einmal an.
Er blickte mir tief in die Augen und ich musste gehen. Meine Knie wabbelten und wollten unter mir zusammenbrechen.
Auf dem Flur begegnete ich Ms. Lourdess.
„Marie. Ich muss mich mit dir unterhalten.“ sagte sie.
Sie nahm mich an der Schulter und ging mit mir in unser Zimmer. Außer uns war niemand da.
„Marie, ich weiß um dein Schicksal. Also ich weiß, dass du bei deinen Großeltern aufgewachsen bis und…“
Ich schnitt ihr ins Wort.
„Ich bin nicht bei meinen Großeltern aufgewachsen. Ja meine Mutter ist gestorben als ich neun Jahre alt war, aber meine Großeltern haben mehr falsch, als richtig gemacht. Alles was ich bin, bin ich weil ich meine Mutter liebe und sie mich geprägt hat. Und wenn sie sich so ausführlich mit meinen Großeltern unterhalten haben, wie ich denke, dann wissen sie auch, wie unperfekt mein Leben ist. Und dann wissen sie auch, wie sehr freiwillig ich hier bin. Und wenn sie glauben, dass sie hier jetzt einen auf Verständnisvoll machen müssen, dann muss ich sie enttäuschen. Ich brauche keinen Seelenklemptner und auch kein Mitleid von einer Betreuunskraft, die glaubt mich zu verstehen. Niemand versteht wie das ist, wenn man von seiner freien, lebensfrohen Mutter zu einer Großmutter muss, die kaum um ihr Kind trauert und nur versucht ihr Enkelkind, nach ihrer Vorstellung umzuformen. Also lassen Sies gut sein.“ Fuhr ich sie an.
Sie sah mich verdutzt an.
„Falls du doch mal reden möchtest, stehe ich dir gerne zur Verfügung.“ sagte sie und ging an mir vorbei.
Sie strich mir über die Schulter und sah mich ein bisschen mitleidig an.
Ich riss meine Schulter weg und setzte mich auf mein Bett.
Dann packte ich die Schachtel mit den Bildern heraus.
Ich vermisste sie unheimlich.
Aber im Moment wünschte ich mir nichts mehr, als dass Kobold da wäre.
Mein Hund fehlte mir. Sein Geruch, sein weiches Fell und seine verständnisvolle Art.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.