Christoph Glowatz - Sieben Helden

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Johannes weiß gar nicht, wie ihm geschieht. Gerade noch langweilte er sich zu Tode und war nur auf dem Weg zum Bäcker, jetzt findet er sich plötzlich in einem merkwürdigen Dorf wieder, in dem fast alle Angst vor einer Räuberbande und ihrem Hauptmann haben. Hat das etwa etwas mit dem komischen kleinen Mann zu tun, der Johannes im Traum erschienen ist? Und was hat es zu bedeuten, dass alle seine Kleidung so aufregend finden? Zum Glück findet Johannes bald neue Freunde, die ihm helfen, das sich anbahnende Abenteuer zu bestehen. Aber sind es wirklich neue Freunde? Eigentlich kommen sie Johannes sehr bekannt vor…

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Sieben Helden

Christoph Glowatz

published by: epubli GmbH, Berlin, www.epubli.de

Copyright: © 2013 Christoph Glowatz

ISBN 978-3-8442-5836-3

Inhaltsverzeichnis

1. Langeweile

2. Gregor

3. Das Dorf

4. Der Admiral

5. Der Pullover

6. Die Prophezeiung

7. Der neue Held

8. Ich will nach Hause!

9. Die Idee

10. Isatscho

11. Dally

12. Kaufleute im Dorf

13. Takeo

14. Eddy

15. Training

16. Pepe

17. Der Gemeinderat tagt

18. Die Abstimmung

19. Eine Überraschung für den Admiral

20. Ruhe nach dem Sturm

21. Das Verhör

22. Verstärkung

23. Eine Demonstration der Stärke

24. Die Tradition

25. Geschichten im Regen

26. Berthold und seine Söhne

27. Der Ausbruch

28. Der Agent

29. Können Tauben humpeln?

30. Überfall im Moor

31. Cagliostro

32. Der neue Chef

33. Auf der Flucht

34. Der Dorfrat tagt wieder

35. Unter Beschuss

36. Das Tauschgeschäft

37. Die Stille

38. Auge in Auge

39. Die Feier

40. Wieder zu Hause

Nachwort

1. Langeweile

Johannes hatte Langeweile. Er war jetzt acht Jahre alt und so weit er sich zurück erinnern konnte, war es die größte Langeweile, die er bisher in seinem Leben gehabt hatte. Das meinte er zumindest, während er auf dem Teppichboden in seinem Zimmer lag und eine seiner kleinen Spielfiguren mit dem Finger umstieß und wieder aufstellte, wieder umstieß und wieder aufstellte und wieder umstieß und wieder aufstellte. Die Figur war einer seiner beinahe unzähligen kleinen Ritter, die auf der Burg zu Hause waren, die drüben in der Ecke neben der Kommode stand. Es war einer der einfachen Ritter, die zu Fuß gehen mussten und ein einfaches Wams trugen, keiner der prachtvoll ausgestatteten Turnierritter mit Federbusch am Helm, langer Lanze und schönem Pferd, von denen auch eine ganze Reihe Johannes' Burg bevölkerte. Diese ritterlichen Stammesunterschiede kümmerten Johannes aber im Moment sehr wenig. Während der kleine Ritter abermals zu Boden ging, kam Johannes' Mutter mit einem Stapel Wäsche ins Zimmer und begann die Kommode damit voll zu räumen.

„Na, kleiner Mann, langweilst Du Dich? Wird wohl Zeit, daß die Schule wieder beginnt!“

Ja, besser Schule als diese öden Tage in den Ferien, dachte Johannes. In drei Wochen würde er in die dritte Klasse kommen. Vor einer Woche war Johannes mit Mama und Papa und seiner älteren Schwester Julia vom Urlaub auf Mallorca zurückgekommen, während sein bester Kumpel Theo erst an diesem Samstag nach Italien gefahren war. Da waren zwar noch ein paar andere Jungs aus seiner Klasse, die noch nicht in die Ferien verreist oder schon wieder zu Hause waren, aber mit denen konnte man auch nur den ganzen Tag Fußball spielen oder mit dem Rad in der Gegend herum fahren. Und auch das fand Johannes heute todlangweilig.

„Geh' doch in den Garten und gieß' das Gemüsebeet“, schlug Mama vor, ohne auch nur den Hauch von Begeisterung für diese Idee zu erwarten.

„Keine Lust“, murmelte Johannes mehr dem Ritter als seiner Mutter zu. Warum konnte nicht einmal etwas wirklich Spannendes passieren? Ein Meteorit könnte in das Nachbarhaus einschlagen oder ein paar Außerirdische auf dem Garagendach gegenüber landen. Zur Not wäre auch eine aus dem Zoo ausgebrochene Affenhorde nicht schlecht, die mitten auf der Kreuzung anfing, allen Autos die Außenspiegel zu verdrehen und die Antennen ab zu schrauben. Richtig cool wäre aber eine Raumkapsel, die an Fallschirmen im Garten landen würde. Johannes würde die Astronauten dann zum Abendbrot einladen und sie könnten das Neueste vom Mond oder Mars erzählen, je nachdem, wo sie denn gerade herkämen.

„Mama, wann bekomme ich endlich die Monster-Rakete?“, wechselte Johannes das Thema. Seit Wochen war er nun schon ganz scharf auf diese riesengroße und unglaublich echt aussehende Monster-Rakete mit Laserkanonen und Robotergreifarmen. Man konnte sie in mehrere Teile zerlegen, um eine Landung auf einem fremden Planeten möglichst genau nachspielen zu können. Die Landekapsel verfügte selbstverständlich über voll funktionstüchtige Fallschirme. Seine Eltern hatten ihn aber immer wieder auf Weihnachten (in fünf Monaten) oder seinen Geburtstag (in acht Monaten) vertröstet, beides natürlich völlig unmöglich, weil Johannes auf beides praktisch noch unendlich lange warten musste.

„Da musst du wohl noch bis Weihnachten warten, Jo, oder sparen, bis du dir die Rakete kaufen kannst“, meinte Mama dann auch wieder. Johannes ließ von seinem Ritter ab und dreht sich zu Mama um.

„Bis Weihnachten bin ich bestimmt vor lauter Langeweile gestorben, dann brauche ich die Rakete auch nicht mehr. Wollt Ihr nur noch zu dritt unter dem Weihnachtsbaum sitzen?“

Mittlerweile war Johannes' Vater nach Hause gekommen und hatte wohl schon mitbekommen, daß es wieder um die Rakete ging.

„Nun spinn' mal nicht so 'rum, Sohnemann, so schlimm wird es wohl auch nicht sein.“ Sein Blick schweifte einmal quer durch das Kinderzimmer.

„Hier gibt es ja wohl genug Spielkram, mit dem du dich bis Weihnachten über Wasser halten kannst. Vor lauter Rittern, Indianern und Piraten kann man ja kaum noch durch dein Zimmer gehen! Und von den ganzen Treckern, Baggern und Feuerwehrautos, die noch in den ganzen Kisten liegen, wollen wir gar nicht erst anfangen.“

Papa hatte leicht reden, wenn der einen neuen Fotoapparat oder irgendetwas für seinen Computer haben wollte, dann konnte er es sich ja einfach kaufen und musste nicht monatelang auf seinen Geburtstag warten. Wenn der die Rakete hätte haben wollen, dann wäre er einfach in den Spielzeugladen gegangen und hätte sofort abheben können.

„Mit denen kann ich aber nicht mehr spielen, die sind ja schon alle lange tot“, erwiderte Johannes, warf sich auf sein Bett und starrte an die Decke.

„Na, dann können wir das ja alles verkaufen oder gleich an die Nachbarskinder verschenken, vielleicht freuen die sich darüber. Eine Spielfigur für jedes Kind in der Stadt könnten wir fast schaffen“, meinte Papa ziemlich gleichgültig und ging hinaus. Johannes nahm diese Drohung nicht sonderlich ernst, sagte aber trotzdem lieber nichts. Mama hatte ihren Wäschekorb erfolgreich auf die Fächer verteilt, erinnerte zum Trost daran, daß es heute Bratkartoffeln zum Abendbrot geben würde und ging dann auch nach unten.

Beim Abendessen stocherte Johannes ziemlich lustlos in den Kartoffeln herum, die er sonst in Rekordzeit verschlingen konnte, während Julia ohne Punkt und Komma vom Training für die bevorstehenden Schwimm-Meisterschaften berichtete und welche neuen Rekordzeiten sie geschwommen sei. Johannes hörte kaum zu und dachte statt dessen lieber an Countdowns, Mondlandungen und Angriffe von Killer-Aliens. Und weil nichts müder machte als Langeweile, ging er am Abend früh ins Bett. Seine Mutter kam noch einmal zum Gute-Nacht-Sagen vorbei und zog die Vorhänge zu.

„Schlaf mal schön, mein Lieber, morgen sieht die Welt schon wieder anders aus. Es gibt nun mal Tage, da weiß man nichts mit sich anzufangen. Geht aber vorbei, glaub mir. Auch ohne die tollste Rakete der Welt.“

Sie gab Johannes einen Kuss, streichelte einmal über die Bettdecke und ging dann hinaus. Es war noch hell genug im Zimmer, so daß Johannes die Ritterburg in der Zimmerecke sehen konnte. Auf der Mauer stand ein Burgfräulein, das Johannes mit Schwert und Helm zu einer Ritterin gemacht hatte. Vor dem Burgtor stand ein Ritter mit Bärtchen, den Julia immer „Zorro“ und Johannes den „Spanier“ nannte, weil er in Rot und Blau gekleidet war und aussah wie ein spanischer Fußballspieler. Vor der Burg stand ein Bauernhaus, das Papa für Johannes aus Holz gebaut hatte, in dem eine Handwerker-Familie wohnte.

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