Fjodor Dostojewski - Fjodor Dostojewski - Der Jüngling

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Fjodor Dostojewski: Der Jüngling: краткое содержание, описание и аннотация

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"Der Jüngling" von Fjodor Dostojewski erzählt von der psychischen Entwicklung eines ungefähr 20jährigen Mannes. Wegen seiner unehelichen Geburt kann er in der russischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts nicht Fuß fassen. Zunächst zieht er sich auf sich selbst zurück und «rächt» sich durch Missachtung an der Gesellschaft. Sein Leben gewinnt an Schwung, als er seinem bis dahin weitgehend unbekannten Vater begegnet und sich von ihm beraten lässt. Doch als der Sohn das wahre Wesen des Vaters durchschaut, ändert sich ihr Verhältnis.
Dostojewskis «Jüngling» ist ein Roman voller anrührender Weisheiten, mitten aus dem realen Leben gegriffen.
Dieses E-Book enthält eine vollständige deutsche Ausgabe des Romans «Der Jüngling» von Fjodor Michailowitsch Dostojewski.

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Wenn ich erst die Macht habe, so überlegte ich, dann werde ich gar nicht das Bedürfnis haben, mich ihrer zu bedienen; ich versichere, daß ich selbst, aus eigenem, freiem Willen, überall den letzten Platz einnehmen werde. Wenn ich ein Rothschild wäre, so würde ich mit einem schlechten, alten Überzieher und mit einem Regenschirm gehen. Was mache ich mir daraus, daß ich auf der Straße gestoßen werde, daß ich genötigt bin, eilig durch den Schmutz zu springen, damit mich die Droschken nicht überfahren? Das Bewußtsein, daß ich es bin, Rothschild selbst, würde mich in diesem Augenblick sogar heiter stimmen. Ich weiß, daß ich vielleicht ein so feines Diner wie kein anderer und den besten Koch von der Welt haben kann, und es genügt mir, daß ich es weiß. Ich werde ein Stück Brot mit Schinken essen und schon durch das Bewußtsein satt sein. Ich denke sogar heute noch so.

Ich werde mich nicht an die Aristokratie herandrängen, sondern sie sich an mich, ich werde nicht auf die Weiber Jagd machen, sondern sie werden von selbst angelaufen kommen und mir alles anbieten, was eine Frau anbieten kann. Die »gemeinen« Weiber werden des Geldes wegen kommen, und die klugen wird die Neugier zu dem sonderbaren, stolzen, verschlossenen, gegen alles gleichgültigen Wesen hinziehen. Ich werde zu den einen wie zu den andern freundlich sein und ihnen vielleicht Geld geben, selbst aber von ihnen nichts annehmen. Neugier erzeugt Leidenschaft, und so werde auch ich ihnen vielleicht Leidenschaft einflößen. Aber ich versichere: sie werden, ohne etwas erreicht zu haben, wieder weggehen, höchstens mit Geschenken. Dadurch werde ich für sie doppelt interessant werden.

... Genug schon ist mir Solches Wissen.

Merkwürdig, daß ich mich in dieses Bild (das übrigens zutreffend ist) schon als Siebzehnjähriger verliebt habe.

Quälen und erdrücken will und werde ich niemand; aber ich weiß, daß, wenn ich irgend jemand, einen Feind von mir, zugrunde richten wollte, niemand mir dabei hinderlich sein, sondern vielmehr alle mir behilflich sein würden, und dieses Bewußtsein würde mir wieder genügen. Ich würde mich nicht einmal an jemand rächen. Ich habe mich immer darüber gewundert, wie James Rothschild hat einwilligen können, Baron zu werden! Warum, wozu, da er doch auch ohnedies alle Menschen auf der Welt überragte? ›Mag mich doch jener unverschämte General auf der Poststation beleidigen, wo wir beide auf frische Pferde warten; wenn er wüßte, wer ich bin, würde er selbst hinlaufen, um sie mir anzuspannen, und würde eifrig hinzuspringen, um mir beim Einsteigen in meinen bescheidenen Reisewagen behilflich zu sein! In der Zeitung hat einmal gestanden, daß ein ausländischer Graf oder Baron in einem von Wien abgehenden Eisenbahnzug einem dortigen Bankier vor den Augen der Mitreisenden die Pantoffeln angezogen hat; und dieser ist ordinär genug gewesen, das zuzulassen. Oh, mag diese junge Dame, deren Schönheit geradezu Schrecken einflößt (jawohl: Schrecken, es gibt solche Schönheit), diese Tochter einer hochmütigen, vornehmen Aristokratin, mag sie, wenn sie zufällig auf einem Dampfschiff oder sonstwo mit mir zusammentrifft, mich von der Seite ansehen und, die Nase rümpfend, sich geringschätzig darüber wundern, wie dieser bescheidene, häßliche Mensch, mit einem Buch oder einer Zeitung in der Hand, hat so dreist sein können, sich in die erste Klasse einzudrängen und sich neben sie zu setzen. Aber wenn sie wüßte, wer neben ihr sitzt! Und sie wird es erfahren – sie wird es erfahren und sich aus freien Stücken neben mich setzen, demütig, schüchtern und freundlich; sie wird meinen Blick suchen und sich über mein Lächeln freuen ...‹ Ich setze diese aus der frühesten Zeit stammenden kleinen Bilder absichtlich hierher, um den Gedanken klarer zum Ausdruck zu bringen; aber diese kleinen Bilder sind blaß und vielleicht trivial. Nur die Wirklichkeit rechtfertigt alles.

Man wird sagen, es sei dumm, so zu leben: warum solle man sich nicht einen Palast anschaffen, ein offenes Haus haben, Gesellschaft um sich versammeln, Einfluß ausüben, sich verheiraten? Aber was würde dann der Rothschild für ein Mensch werden? Er würde ein ebensolcher Mensch werden wie alle. Der ganze Reiz der »Idee«, ihre ganze sittliche Kraft würde verschwinden. Ich habe schon als Kind den Monolog des »Geizigen Ritters« bei Puschkin auswendig gelernt; etwas Höheres als dies, was die Idee anlangt, hat Puschkin nicht geschaffen! Dieselben Anschauungen habe ich heute noch.

»Aber dein Ideal ist gar zu niedrig«, wird man zu mir sagen. »Geld, Reichtum! Das Richtige ist doch Förderung des Gemeinwohls, sind Handlungen der Menschenliebe.«

Aber woher weiß denn jemand, wie ich meinen Reichtum gebrauchen würde? Inwiefern ist es denn unmoralisch und niedrig, daß diese Millionen aus einer Menge von schlechten, schmutzigen Judenhänden in die Hände eines nüchternen, charakterfesten Asketen zusammenströmen, der die Welt mit scharfem Blick ansieht? Überhaupt klingen alle diese Zukunftsträume, alle diese Prophezeiungen jetzt noch sehr romanhaft, und es ist vielleicht zwecklos, wenn ich sie niederschreibe; sie wären wohl besser in meinem Kopf geblieben; ich weiß auch, daß diese Zeilen vielleicht von niemand werden gelesen werden; aber wenn sie jemand lesen sollte, wird er mir dann wohl glauben, daß ich den Rothschildschen Millionen vielleicht wirklich nicht gewachsen sein werde? Nicht etwa, weil sie mich erdrücken würden, sondern in ganz anderem, entgegengesetztem Sinne. In meinen Zukunftsträumen habe ich schon mehrmals jenen künftigen Moment ins Auge gefaßt, wo mein Machtbewußtsein vollauf befriedigt sein, die Macht aber mir als etwas Geringwertiges erscheinen wird. Dann werde ich, nicht aus Langeweile oder zielloser Verdrossenheit, sondern weil mein uferloses Streben auf noch Größeres abzielen wird, meine Millionen den Menschen hingeben; mag die Gesellschaft meinen ganzen Reichtum unter sich verteilen, ich aber, ich werde wieder in der untersten Schicht verschwinden! Vielleicht verwandle ich mich sogar in jenen Bettler, der auf dem Dampfer starb, nur mit dem Unterschied, daß man in meinen Lumpen nichts eingenäht finden wird. Allein das Bewußtsein, daß sich Millionen in meinen Händen befunden haben und ich sie wie eine Hekatombe Gold in den Schmutz geworfen habe, wird mich dann in meiner Vereinsamung nähren. Ich neige auch jetzt noch dazu, so zu denken. Ja, meine »Idee« ist eine Festung, in der ich mich immer und unter allen Umständen vor allen Menschen verbergen kann, und sei es in Gestalt des Bettlers, der auf dem Dampfer starb. Das ist meine Dichtung! Und wisset, daß ich meine lasterhafte Machtfülle ganz brauche, nur um mir selbst zu beweisen, daß ich imstande bin, auf sie zu verzichten.

Ohne Zweifel wird man einwenden, das sei poetische Verstiegenheit und ich würde die Millionen, wenn ich einmal in ihren Besitz gelangt wäre, nie aus der Hand lassen und mich nicht in den Bettler von Saratow verwandeln. Vielleicht werde ich sie wirklich nicht aus der Hand lassen; ich habe nur die Idealgestalt meines Gedankens gezeichnet. Aber ich füge im vollen Ernst hinzu: wenn ich bei der Ansammlung von Reichtümern bis zu der Ziffer des Rothschildschen Vermögens gelangt sein sollte, dann könnte die Sache tatsächlich damit enden, daß ich mein Geld der Gesellschaft hingäbe. (Vor Erreichung der Rothschildschen Ziffer würde es allerdings schwer sein, das auszuführen.) Und ich würde nicht etwa die Hälfte hingeben, denn das wäre eine unwürdige Handlungsweise: ich würde dann lediglich um die Hälfte ärmer sein, weiter nichts; sondern ich würde schlechthin alles hingeben, alles bis auf die letzte Kopeke, denn dadurch, daß ich ein Bettler würde, würde ich plötzlich noch einmal so reich sein wie Rothschild! Wenn die Menschen das nicht verstehen, dann kann ich nichts dafür; eine Erläuterung werde ich nicht geben.

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