Obwohl Joe Katrins modellmäßigen kleinen festen Brüste mit den schnell erigierenden Brustwarzen immer wieder niedlich fand, hätte er zu gerne das Angebot angenommen und sich von dieser saftigen, Fleisch gewordenen Versuchung vernaschen lassen.
Wenn nur der Typ nicht so ekelig ausgesehen hätte. Angebot abgelehnt. Obwohl…
Jahre später fragte sich Joe, ob diese Entscheidung nicht vielleicht etwas vorschnell von ihm getroffen wurde. Vielleicht hätte sie ja den Typen gar nicht so widerlich gefunden, womöglich hatte der ja irgendetwas zu bieten, das sie scharf machte. Joe erinnerte sich an eine Auseinandersetzung, die er mit Katrin in Hamburg hatte. Kurz nachdem beide begonnen hatten, zusammenzuleben, gab Katrin eine Party für ihre Freunde, so eine Art Gesprächskreis für Heranwachsende. Sie wollte den anderen offenbar zeigen, weshalb sie in der letzten Zeit so wenig von derselben hatte. Eingeladen waren auch zwei Vorgänger Joe’s, beides richtig nette Jungs. Und ein Ekelpaket, Jürgen, vor dessen anmaßendem Verhalten sie Joe schon im Vorfeld gewarnt hatte. Da gab es irgendwelche Verpflichtungen um drei Ecken, weshalb es nicht zu umgehen war, den Kerl einzuladen.
Die Party plätscherte gesprächsmäßig dahin, Jürgen hatte, wie zu erwarten war, die Gesprächsleitung an sich gerissen und präsentierte auf Alles die „richtigen“ Antworten. Der Typ, bleichhäutig, rothaarig, fett, wirkte tatsächlich nicht nur äußerlich eklig. Joe und die anderen Gäste begannen, sich nach und nach gegen dessen egozentrisches Verhalten zur Wehr und ihm argumentativ zuzusetzen. Dann fiel eine Bemerkung Jürgens, so ganz nebenbei, die auf einen Irokesenschnitt anspielte. Joe kam sich vor wie der ahnungslose Arnolph Archilochos in Dürrenmatts „Grieche sucht Griechin“. Hatte Katrin tatsächlich mit diesem Ausbund an Hässlichkeit geschlafen? Und wenn selbst mit dem, mit wem dann noch alles ? Joe war so geladen, dass er keine von Jürgens Behauptungen unwidersprochen ließ. Als dieser sich dann erhob und seinem Begleiter sagte, dass sie jetzt wohl besser gehen sollten, das sie ja offenbar persona non grata wären, schleuderte Joe ihnen noch ein gehässiges personae non gratae 2hinterher. Joe’s alter Lateinlehrer wäre stolz auf seinen Schüler gewesen.
Als dann die Gäste gegangen waren, wollte Joe natürlich wissen, weshalb Katrin mit diesem Abturner ins Bett gegangen war. Sie wusste es nicht.
Aufgrund des zuvor genossenen Alkohols war Joe müde genug, trotzdem schlafen zu können.
Am nächsten Morgen war Katrin eingefallen, was sie an Jürgen so attraktiv fand. Es war seine Intelligenz, die ihr so imponierte, dass das quasi aphrodisierend auf sie gewirkt hatte.
Soweit der Nachtrag zu dem hässlichen Griechen.
Nachdem Joe sich 1970 an der FU Berlin immatrikuliert hatte, ging er zu seinem ersten Französisch-Seminar. Dort wartete bereits im Gang eine Kommilitonin, die, wie Joe, etwas zu früh erschienen war. Sie war eher der Typ Sekretärin, jedenfalls nicht das, was Joe sich unter dem Klischee einer Studentin vorgestellt hatte. Gestylte Frisur, eine halb geöffnete Bluse, die einen Appetit anregenden Einblick in ein tiefes Décolleté zuließ, ein knallenger Rock, Pumps, welche die muskulösen Waden betonten. Ihr Gesicht war eher etwas teigig, aber dezent geschminkt. Der rote Lippenstift unterstrich noch diese elegante Erscheinung. Als dann im Seminar Arbeitsgruppen gebildet werden sollten, reichte ein kurzer Blickaustausch. Joe und Ulla bildeten eine Arbeitsgruppe (zu welchem Thema auch immer). Mit seinem Motorroller, einer alten Heinkel, fuhr Joe Ulla nach Hause in die Sophie-Charlotten-Straße, wo sie sich auch gleich ans Werk machten. Also nicht ganz so im Sinne des Arbeitsauftrags, aber höchst effektiv. Es bedurfte keiner langen Vorreden, die Sache war klar. Die seit drei Stunden miteinander bekannten Arbeitsgruppenpartner fielen übereinander her und taten, was in der Situation zu tun war. Als sich beide hoch befriedigt in den Armen lagen und die obligatorische „Zigarette danach“ rauchten, begann Ulla den jungen Mann mit Liebesbezeugungen zu drangsalieren. Das war nun gar nicht in Joe’s Sinne. Sex ja, aber Gefühle ? Er war nicht einmal ansatzweise in diese junge Frau verliebt und dachte, dass sie so wie er, nur auf eine kurze unverbindliche Affäre aus gewesen war. Ihre verliebte Zudringlichkeit war ihm so unangenehm, dass er schnellstens die Wohnung verlassen wollte. Unter der vorgespielten Selbstbezichtigung, Ullas Gefühle ausgenutzt zu haben, um sie ins Bett zu bekommen, behauptete er, dass ihm übel sei und er gehen müsste. Vergeblich versuchte Ulla, ihn zurückzuhalten. Als Joe endlich die frische Abendluft des Frühlings einatmete, fühlte er sich befreit und gemein zugleich.
Die Arbeitsgruppe traf sich dann noch öfter, mal mit mehr, mal mit weniger universitären Inhalten, wobei Ulla sich mit ihren Gefühlausbrüchen zurückhielt.
Wenig später, Joe hatte sich langsam an den Unibetrieb gewöhnt, waren er und sein Freund Oliver auf der Suche nach einer neuen Kneipe, in der man eventuell neue Frauen kennen lernen könnte. Sie landeten im „Carrousel“ in der Dahlmannstraße. Da war nichts los. Zudem war dies offenbar keine Kneipe, sondern eher eine Bar. Eine Bedienung, Ellen, fragte unaufdringlich und sehr charmant nach den Wünschen der beiden Gäste. Als sie sah, dass diese sich mit einem kleinen Bier begnügten, blieb sie weiterhin sehr freundlich, was nicht die Regel in diesem Gewerbe war. Joe und Oliver zogen weiter, wurden aber nicht fündig. So strandeten sie letztendlich wieder im „Carrousel“, wo, inzwischen war es nach Mitternacht, auf einer herabgelassenen Leinwand ein Pornofilm lief. Das gab es zu dieser Zeit auch in den Bars am Stuttgarter Platz oder in der Potsdamer Str., aber Sex mit einem Schwein oder Pferd, das hatten die beiden jungen Männer noch nie gesehen. Ellen, man kannte sich ja nun schon, war weiterhin höchst freundlich, obwohl die beiden Kerle wieder nur ein kleines Bier (gewünscht war natürlich die Einladung zu einer Piccolo für den mindestens fünffachen Preis) bestellten. Als Joe einmal auf die Toilette musste, folgte ihm Ellen, die bereits sichtbar angetrunken war. Sie fiel dem jungen Mann um den Hals, griff in seinen Schritt und küsste ihn so wild, wie er es noch nie erlebt hatte.
Joe machte mit dieser Frau eine ganz spezielle Erfahrung. Als Ellen (sie nannte sich „Miss Denmark“ und war mit ihren hohen Wangenknochen und ihrer- vom Alkohol geprägten- tiefen Stimme ein eher rassiger Typ ) mit ihm im Bett war und Joe während des Vorspiels nicht nur ihre Innenschenkel und Waden leckte, sondern auch ihre Füße, fing sie heftig an zu stöhnen und bekam einen Orgasmus. Boah ! Das war echt neu.
Wie die Justiz mit Alkoholikerinnen aus diesem Milieu (sie schaffte in diesem Laden auch an) umging erlebte Joe, ohne etwas tun zu können, bei einer Gerichtsverhandlung. Ellen hatte als Barfrau einen Gast, der sich sein Bier selbst zapfen wollte, in seine Schranken verwiesen, woraufhin dieser ihr eine Bierflasche durch das Gebiss zog, was für vier Zähne das Ende ihres Bleiberechts bedeutete. Der Winkeladvokat des Täters versuchte, erfolgreich, die Schuld seines Mandanten zu mindern, da Ellens Zähne ja eh schon schadhaft gewesen seien. Das hätte mal einer bei einem Graf August von und zu versuchen sollen. Ellen, ohne Anwalt, erhielt nicht einmal Schmerzensgeld.
Als Joe sah, dass sie aufgrund ihres Alkoholismus nicht in der Lage war, vernünftig mit ihrem nachts Verdienten umzugehen, bot er ihr an, ihr Geld zu verwalten, so dass sie zumindest immer in der Lage sein würde, ihre zehnjährige Tochter in Kopenhagen zu besuchen. Das war aufgrund seiner Flexibilität als Student möglich, führte aber dazu, dass Joe sich wie ein Zuhälter fühlte, der seinem Mädchen nach getaner Arbeit das Geld abnimmt. Ellen hatte wohl nie wirklich begriffen, weshalb er ihr über das eingenommene Geld immer eine Quittung ausstellte. Einmal war Joe zu früh vor dem „Athener Grill“ am Ku’ -Damm und lehnte sich an einen der gläsernen Schaukästen. Plötzlich fühlte er einen Rippenstoß und eine der (damals noch geduldeten) Prostituierten schnauzte ihn an: „Eh, was willst du denn hier? Das ist mein Platz oder biste schwul oder wat?“
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