Es war eine imposante Scene, in welche Wildtödter sich jetzt, wie er vorwärts schritt, versetzt sah. Alle ältern Krieger saßen auf dem Stamme des gefallenen Baumes, und erwarteten seine Annäherung mit ernstem Anstand. Rechts standen die jungen Männer, bewaffnet, während die linke Seite von den Weibern und Kindern eingenommen war. In der Mitte war ein freier Platz von ansehnlicher Ausdehnung, von Laub durchaus überwölbt, wo man aber das Unterholz, abgestorbne Bäume und andre Hindernisse sorgfältig weggeräumt hatte. Dieser offenere Platz war vermutlich von früheren Gesellschaften oft benutzt worden, denn dies war die Stelle, welche am entschiedensten den Eindruck eines Rasens machte. Die Bogen der Wälder warfen selbst am hohen Mittag ihren düstern Schatten auf den Platz, welchen die glänzenden, durch die Blätter sich durchkämpfenden Sonnenstrahlen mit einer milden, weichen Beleuchtung übergoßen. Vermuthlich von einer solchen Scene empfing der Geist des Menschen zuerst die Idee von den Wirkungen Gothischer Verzierungen und kirchlicher Farben; dieser Tempel der Natur machte ungefähr denselben Eindruck, was Licht und Schatten betrifft, wie das bekannte Produkt menschlichen Kunstsinnes.
Wie nicht selten bei den Stämmen und wandernden Banden der Ureinwohner, theilten zwei Häuptlinge, in beinahe gleichen Graden der Würde, die vornehmste patriarchalische Autorität, welche über diese Kinder des Waldes geübt wurde. Es waren Einige, welche die Auszeichnung von Häuptlingen ansprechen mochten, aber die zwei Erstgenannten gingen allen Uebrigen so sehr an Ansehen und Einfluss vor, dass, wenn sie einig waren, Niemand ihre Gebote bestritt; und wenn sie getheilter Ansicht waren, schwankte die Bande unschlüssig hin und her, wie Männer, die ihr leitendes Prinzip des Handelns verloren. Es war auch ganz der Erfahrung – wir dürften vielleicht hinzusetzen, der Natur gemäß, dass Eines der Häupter seinen Einfluss seinem Geist verdankte, während bei dem Andern seine Auszeichnung ganz auf physischen Eigenschaften und Vorzügen beruhte. Der Eine war ein älterer Mann, wohlbekannt durch seine Beredsamkeit in Erörterungen, seine Weisheit im Rathe, und seine Klugheit in der Wahl der Maßregeln, während sein großer Mitbewerber, wo nicht Nebenbuhler, ein tapfrer Mann war, ausgezeichnet im Krieg, bekannt durch seine Wildheit, und was die Intelligenz betrifft, hervorragend nur durch Schlauheit und Reichthum an Auskunftsmitteln auf dem Kriegspfade. Der Erstere war Rivenoak, der dem Leser schon bekannt ist, und der Letztere war der Panther genannt. Die Benennung des kampflustigen Häuptlings bezeichnete, der Annahme nach, die Eigenschaften des Kriegers nach den bei den roten Männern üblichen Nomenklatur, denn Wildheit, Schlauheit und Verrätherei waren vielleicht die unterscheidenden Züge seines Charakters. Er hatte den Namen von den Franzosen erhalten und dieser wurde deßhalb umso höher geschätzt, da der Indianer in den meisten Dingen sich von ganzem Herzen der höhern Intelligenz seiner Verbündeten, der Bleichgesichter, unterwarf. Wie gut er dies Sobriquet Le Panthère verdiente, wird man aus dem Spätern ersehen.
Rivenoak und der Panther saßen neben einander, die Annäherung ihres Gefangnen erwartend, als Wildtödter seinen Fuß mit dem Moccasin auf den Strand setzte; auch rührte sich keiner, oder sprach eine Silbe, als bis der junge Mann in die Mitte des Platzes getreten war, und seine Anwesenheit durch Worte verkündigte. Er that dies mit Festigkeit, obwohl in der einfachen Weise, die den Charakter des Mannes überhaupt bezeichnete.
»Hier bin ich, Mingo’s,« sagte er in der Sprache der Delawaren, welche die Meisten der Anwesenden verstanden; »hier bin ich, und Dort steht die Sonne. Die Eine ist nicht treuer den Gesetzen der Natur als der Andere sich seinem Worte treu bewährt hat. Ich bin Euer Gefangener; verfahrt mit mir nach Eurem Belieben. Meine Geschäfte mit Menschen und mit der Erde sind in’s Reine gebracht; Nichts bleibt mir jetzt mehr übrig, als vor den Gott der weißen Männer zu treten, nach eines weißen Mannes Pflichten und Gaben.«
ein beifälliges Murmeln entschlüpfte selbst den Weibern bei dieser Anrede, und einen Augenblick wurde ein lebhaftes und ziemlich allgemeines Verlangen rege, einen Mann von so muthigem Geist in den Stamm aufzunehmen. Doch gab es auch Solche, welche diesem Wunsch nicht beitraten, und unter den Wichtigsten von diesen ist zu nennen der Panther und seine Schwester le Sumach, so genannt von der Zahl ihrer Kinder, die Wittwe des Loup Cervier, von dem man wusste, dass er von der Hand des Gefangenen gefallen war. Natürliche Wildheit hielt den Einen umstrickt und gefesselt, während die nagende Leidenschaft der Rachgier die Andere hinderte, im Augenblick sanftere Gefühle aufkommen zu lassen. Nicht so Rivenoak. Dieser Häuptling stand auf, streckte seinen Arm vor sich aus, mit einer Bewegung der Höflichkeit, und machte dem Gefangnen sein Compliment mit einer Gewandtheit und Würde, um die ihn ein Fürst hätte beneiden dürfen. Da seine Weisheit und Beredsamkeit unter dieser Bande zugestandenermaßen keinen Nebenbuhler hatten, erkannte er, dass ihm schicklich die Pflicht zufiel, die Rede des Bleichgesichts zuerst zu beantworten.
»Bleichgesicht, Ihr seid redlich,« sagte der Huronische Redner. »Mein Volk ist glücklich, dass es einen Mann gefangen hat, und nicht einen schleichenden Fuchs. Wir kennen Euch jetzt, wir werden Euch als einen Tapfern behandeln. Wenn Ihr Einen unsrer Krieger getödtet, und geholfen habt, Andere zu tödten, so seid Ihr dafür Euer eignes Leben zum Ersatz zu geben bereit. Einige meiner jungen Männer dachten, das Blut eines Bleichgesichts würde zu dünn sein, und sich weigern, unter dem Messer der Huronen zu fließen. Ihr wollt ihnen zeigen, dass dem nicht so ist, Euer Herz ist stark wie Euer Körper. Es ist eine Freude, einen solchen Gefangenen zu machen; sollten meine Krieger sagen, der Tod des Loup Cervier dürfe nicht vergessen werden, und er könne nicht allein wandern in’s Land der Geister, sein Feind müsse ihm nachgeschickt werden, um ihn einzuholen; so werden sie doch bedenken, dass er von der Hand eines Tapfern fiel, und Euch ihm nachschicken mit solchen Zeichen unsrer Freundschaft, dass er sich Eurer Gesellschaft nicht schämen wird. Ich habe gesprochen; Ihr wisst, was ich gesagt habe.«
»Wahr genug, Mingo, Alles wahr wie das Evangelium,« versetzte der unbefangene Jäger; »Ihr habt gesprochen, und ich weiß nicht nur, was Ihr gesagt habt, sondern was noch wichtiger ist, was Ihr meint. Ich glaube wohl, Euer Krieger, der Luchs, war ein Tapfrer von mannhaftem Herzen, und würdig Eurer Freundschaft und Achtung, aber ich fühle mich seiner Gesellschaft nicht unwerth, auch ohne einen Paßzettel von Eurer Hand. Dennoch bin ich hier, bereit mein Urteil zu empfangen von Eurem Rathe, wenn nicht anders die Sache schon unter Euch entschieden war, noch eh’ ich zurückkam.«
»Meine alten Männer wollten nicht zu Rathe sitzen über ein Bleichgesicht, ehe sie ihn unter sich sahen,« antwortete Rivenoak, etwas ironisch sich umsehend; »sie sagten, es wäre wie wenn man zu Rathe säße über die Winde, sie wehen, wohin sie wollen, und kommen wieder, wenn es ihnen beliebt, und sonst nicht. Eine Stimme war, die zu Euren Gunsten sprach, Wildtödter, aber sie war allein, wie der Gesang des Zaunkönigs, dessen Weibchen vom Falken zerrissen worden ist.«
»Ich danke dieser Stimme, Wessen sie immer gewesen sei, Mingo, und behaupte, sie ist eine so wahre Stimme gewesen, als die andern lügenhafte Stimmen waren. ein Urlaub ist so bindend für ein Bleichgesicht, wenn es redlich ist, wie für eine Rothaut, und wäre das auch nicht, so möchte ich doch nie Schmach über die Delawaren bringen, unter denen ich, kann ich wohl sagen, meine Erziehung erhalten habe. Aber Worte sind nutzlos, und führen zu prahlerischen Gefühlen; hier bin ich, verfahrt mit mir wie Ihr wollt.«
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