Darum: wer den SINN hat,
weilt nicht dabei.
25. Des Unzulänglichen Gleichnis
Sein und Nichtsein ist ungetrennt durcheinander,
ehe Himmel und Erde entstehen.
So still! so leer!
Allein steht es und kennt keinen Wechsel.
Es wandelt im Kreise und kennt keine Unsicherheit.
Man kann es fassen als die Mutter der Welt.
Ich weiß seinen Namen nicht.
Ich bezeichne es als „SINN“.
Mich mühend seine Art zu künden,
nenne ich es: „groß“.
Groß, damit meine ich: immer im Flusse.
Immer im Flusse, damit meine ich: in allen Fernen.
In allen Fernen, damit meine ich: in sich zurückkehrend.
Und darum heißt es:
Der SINN ist groß, der Himmel ist groß,
die Erde ist groß und auch der Menschenkönig ist groß.
Vier Große gibt es im Weltraum,
und der Menschenkönig ist einer davon.
Der Mensch hat die Erde zum Vorbild.
Die Erde hat den Himmel zum Vorbild.
Der Himmel hat den SINN zum Vorbild.
Und der SINN hat sich selber zum Vorbild.
Das Gewichtige ist des Leichten Wurzel.
Die Stille ist der Unruhe Herr.
Also auch der Edle:
Er wandert den ganzen Tag,
ohne sich vom schweren Gepäck zu trennen.
Mag er auch alle Herrlichkeiten vor Augen haben:
Er weilt zufrieden in seiner Einsamkeit.
Wie viel weniger erst darf der Herr des Reiches
in seinem Selbst den Erdkreis leicht nehmen!
Durch Leichtnehmen verliert man die Wurzel.
Durch Unruhe verliert man die Herrschaft.
Guter Wandrer lässt keine Spur zurück.
Guter Sprecher gibt sich keine Blöße.
Guter Rechner braucht keine Rechenstäbchen.
Guter Schließer schließt nicht mit Schloss und Riegel,
und doch kann niemand auftun.
Guter Binder bindet nicht mit Band und Strick,
und doch kann niemand lösen.
Also auch der Berufene:
Er ist allzeit ein guter Retter der Menschen,
darum gibt es keine verworfenen Menschen.
Er ist allzeit ein guter Retter der Geschöpfe,
darum gibt es keine verworfenen Geschöpfe.
Das ist seine zweifache Erleuchtung.
Er macht die guten Menschen zu Lehrern der Nichtguten,
und macht die nichtguten Menschen zum Stoff für die Guten.
Wer nicht ehren wollte seine Lehrer
und nicht lieben wollte seinen Stoff,
der wäre trotz aller Erkenntnis in großer Verblendung.
Das ist das wichtigste Geheimnis.
Wer seine männliche Kraft erkennt
und dennoch in weiblicher Schwachheit weilt,
der ist das Strombett der Welt.
Ist er das Strombett der Welt,
so verlässt ihn nicht das ewige LEBEN,
und er kann wieder umkehren und werden wie ein Kindlein.
Wer sein Licht erkennt
und dennoch im Dunkel weilt,
der ist das Vorbild der Welt.
Ist er das Vorbild der Welt,
so fehlt ihm nicht das ewige LEBEN,
und er kann wieder umkehren zum Ungewordenen.
Wer seine Ehre erkennt
und dennoch in Schande weilt,
der ist das Tal der Welt.
Ist er das Tal der Welt,
so hat er Genüge des ewigen LEBENS,
und er kann wieder umkehren zur Einfalt.
[Ist die Einfalt zerstreut, so gibt es „brauchbare“ Menschen.
Übt der Berufene sie aus, so wird er der Herr der Beamten.
Darum: Großartige Gestaltung bedarf nicht des Beschneidens.]
Die Welt erobern wollen durch Handeln:
Ich habe erlebt, dass das misslingt.
Die Welt ist ein geistiges Ding,
das man nicht behandeln darf.
Wer handelt, verdirbt sie.
Wer festhält, verliert sie.
Denn: die Geschöpfe gehen voran oder folgen,
sie seufzen oder schnauben,
sie sind stark oder schwach,
sie siegen oder unterliegen.
Also auch der Berufene:
Er meidet das Heftige.
Er meidet das Üppige.
Er meidet das Großartige.
30. Warnung vor dem Krieg
Wer nach dem SINN dem Menschenherrscher hilft,
zwingt nicht mit Waffen die Welt.
Seine Art ist es, den Rückzug zu lieben.
Wo Kämpfer geweilt, wachsen Disteln und Dornen.
Hinter den großen Heeren her kommt sicher böse Zeit.
Der Tüchtige will Entscheidung und nichts mehr.
Er wagt nicht Eroberung mit Gewalt.
Entscheidung, ohne sich zu brüsten,
Entscheidung, ohne sich zu rühmen,
Entscheidung, ohne stolz zu sein,
Entscheidung, weil’s nicht anders geht,
Entscheidung, ferne von Gewalt.
Sind die Geschöpfe stark geworden, altern sie.
Denn das ist Wider-SINN.
Und Wider-SINN ist nah dem Ende.
Auch die schönsten Waffen sind unheilbringende Geräte,
und die Geschöpfe hassen sie wohl.
Darum: Wer den SINN hat, weilt nicht dabei.
Der Edle in seinem gewöhnlichen Leben
achtet die Linke als Ehrenplatz.
Beim Waffenhandwerk
ist die Rechte der Ehrenplatz.
Die Waffen sind unheilbringende Geräte,
nicht Geräte für den Edlen.
Nur wenn er nicht anders kann, gebraucht er sie.
Ruhe und Frieden sind ihm das Höchste.
Er siegt, aber er freut sich nicht daran.
Wer sich daran freuen wollte, würde sich ja des Menschenmordes freuen.
Wer sich des Menschenmordes freuen wollte, kann nicht sein Ziel erreichen in der Welt.
Bei Glücksfällen achtet man die Linke als Ehrenplatz.
Bei Unglücksfällen achtet man die Rechte als Ehrenplatz.
Der Unterfeldherr steht zur Linken, der Oberführer steht zur Rechten.
Das heißt: er nimmt seinen Platz ein nach dem Brauch der Trauerfeiern.
Menschen töten in großer Zahl, das soll man beklagen mit Tränen des Mitleids.
Wer im Kampfe gesiegt, der soll wie bei einer Trauerfeier weilen.
32. Das Leben der Berufenen
Solange der SINN in seiner vorweltlichen Ewigkeit verharrt,
gibt es keine Namen.
[So unscheinbar die Einfalt ist,
so wagt doch niemand auf der Welt sie als bloßes Mittel zu verwenden.
Wenn Fürsten und Könige sie zu wahren verstehen,
so stellen sich alle Geschöpfe als Gäste zur Seite:
Himmel und Erde vereinigen sich, um süßen Tau zu träufeln.
Das Volk, ungeheißen, wird ganz von selber recht.]
Wenn die äußere Gestaltung beginnt,
Dann erst gibt es Namen.
Solange die Namen am Sein einen Maßstab haben,
weiß man auch noch, wo Einhalt zu tun ist.
Weiß man, wo Einhalt tun, so vermeidet man Verwirrung.
Man kann das Verhältnis des SINNS zur Welt vergleichen
mit den Bergbächen und Talwassern, die sich in Ströme und Meere ergießen.
33. Unterschiede des Wesens
Wer andre kennt, ist klug,
Wer sich selber kennt, ist weise.
Wer andere besiegt, hat Kraft,
Wer sich selber besiegt, ist stark.
Wer sich durchsetzt, hat Willen,
Wer sich genügen lässt, ist reich.
Wer seinen Platz nicht verliert, hat Dauer.
Wer auch im Tode nicht untergeht, der lebt.
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