In der damaligen Zeit, in der ich in meine Wohnung neu eingezogen bin, war alles so angenehm ruhig und friedvoll. Die Wohnung neben mir stand leer.
< Früher war alles besser>, sage ich laut zu mir selbst.
Doch dann kam eines Tages Ursula.
Seit dem Tag an dem Ursula nebenan einzog, kann ich kaum noch schlafen. Weil Ursula und ihre Freunde nachts immer Musik in voller Lautstärke hören. Sie feiern wilde Parties. Ihr kann es egal sein, wenn andere nachts nicht schlafen, denn sie ist nach eigenen Angaben seit zwanzig Jahren arbeitslos.
Ich finde diese nächtlichen Feste nicht so lustig, da ich unter der Woche um acht Uhr Früh in meiner Arbeit im Rathaus von Wien sein muss.
Seitdem Ursula aber schnallt, dass ich weiß, wo der Stromkasten am Gang ist, kann ich wenigstens diese Tortur ein wenig eindämmen.
Ich habe bereits den Fernseher ausgeschaltet und binnen weniger Sekunden lande ich auch schon im Land der Träume. Ich schlafe tief und fest, träume von einem Lottogewinn und von Urlaub in Disney Land. Bis ich gegen ein Uhr früh von einem lauten Gestöhne geweckt werde.
< Aahh ja tiefer, Tiefer! Du wilder geiler Hengst komm und besorge es mir.
AAhhh ,Aahhhh, schneller, schneller.
Olala genauso ist es gut. Fick mich. Fick mich. > ist es von neben an lautstark durch die Wände zu hören.
Es kommt mir vor, als hätte ich einen Sitz in der ersten Reihe. Als ob ich bei meinem Nachbarn in der Wohnung wäre. So klar und deutlich ist das Pärchen beim Sex zu hören.
, schreie ich reflexartig.
Ich verlange aus vollem Hals meine Nachtruhe:
Ich habe ja schon alles ausprobiert, um das abzustellen, aber egal was ich auch versuche. Ursula bin ich völlig scheiß egal. Sie fickt, was das Zeug hält.
Die Polizei habe ich schon mehrfach gerufen. Die lacht sich schon kaputt dabei. Geholfen hat es leider nichts. Ich habe bei Ursula mehrfach angeläutet und ich habe auch mit ihr über mein Bedürfnis in der Nacht schlafen zu wollen gesprochen.
Sie sagt dann nur „ Ja, ja“ und in drei Tagen ist alles wieder vergessen, was ich zu ihr gesagt habe.
Beim linken Ohr geht es rein und beim rechten Ohr wieder hinaus, wenn man mit Ursula spricht.
Aber eines muß man ihr lassen. Sie scheint beim Sex sehr kreativ zu sein. Offenbar machen die nebenan gerne Rollenspiele. Ursula steht auf Doktorspiele bei denen sie eine Krankenschwester spielt.
, schreie ich hinüber.
Einmal als ich für zwei Wochen nach Spanien flog, hatte ich vor meinem Abflug, eine Porno DVD mit Dolly Buster auf endlos Schleife eingelegt.
Das Volumen meines Fernsehers habe ich auf die höchste Stufe eingestellt. Wie ich schließlich nach zwei Wochen Urlaub nach Hause kam, war ich voller Hoffnung, dass Ursula meine Botschaft verstand. Doch da hatte ich mich geirrt.
In der folgenden Nacht gab es nebenan Gruppensex.
Wäre Ursula eine zwanzigjährige schöne Blondine, dann würde ich kein Wort des Jammerns sagen. Nicht ein Einziges. Ich würde mir einen weißen Bademantel anziehen und mit einer Flasche Sekt in der Hand bei ihr anläuten, mit der Bitte ein bisschen mitficken zu dürfen.
Aber eine achtundfünfzigjährige und hundertsechzig Kilo schwere Frau die einen Damenbart trägt, arbeitslos ist und faulige Zähne hat, kann ich mir in meinen jungen Jahren beim besten Willen nicht schön saufen.
An jeden anderen Tag hätte ich meine Geduld verloren und wäre ausgeflippt. Da ich aber am nächsten Tag frei habe und es eine sehr heiße und schwüle Sommernacht ist, beschließe ich einen hundert Euroschein von dem Bankomat in meiner Straße abzuheben und diesen sinnvoll in Bier und Schnaps, in der Bar meines Vertrauens zu investieren.
Die Gäste im Lokal „Pappalapub“ müssen über meine Geschichte bezüglich der lauten Sexgeräusche von nebenan herzhaft lachen. Es gibt viele kreative Ideen, wie man mir bei diesem Problem helfen kann. Von Styrophorplatten und Gummimatten an den Wänden ist die Rede. Es gibt aber auch hoch professionelle Vorschläge, dass ich mir Ohrstöpsel kaufen soll oder dass ich mir einen kleinen Brunnen mit fließenden Wasser, neben mein Bett stellen soll.
Schwer besoffen mache ich mich um vier Uhr in der Früh wieder auf dem Heimweg. Ich gehe in Schlangenlinien und brauche die ganze Gehsteigbreite nur für mich. Vor dem Eingangstor zum Gemeindebau geht Ursula mit ihrem Hund spazieren. Sie scheint mich aber noch gar nicht richtig bemerkt zu haben und so bleibe ich erst einmal zehn Meter rechts von ihr stehen.
Auf der Wiese steht ein großes, nicht übersehbares Schild mit der Aufschrift:
„ Hunde in der Wiese verboten!“
„ Fußball Spielen verboten!“
„ Lautes Musizieren verboten!“
Ursula schimpft lautstark mit ihren schwarz-braunen Hund, denn er soll doch endlich in diese verdammte Wiese gehen. Wenn Wauzi schon um vier Uhr früh sein Geschäft machen muss, dann doch wenigstens in dieser verfickten Grünfläche, die direkt vor dem Haus liegt.
Sie brüllt also in einem garstigen Ton den Hund an.
Noch in der gleichen Sekunde geht ein Fenster im ersten Stock auf und ein Licht geht an. Ein Türke mit schwarzen kurzen Haaren und einer Gold-
kette um den Hals, ballt seine Faust und brüllt in einem gebrochenem Deutsch:
< Du bist blöde Kuh, kannst Du nix lesen? Sogar Hund versteht es gut, dass er da nix in Wiese darf. Dein Hund kapiert das und du nix verstehen! Du nix denken viel, hier wollen Menschen schlafen. Es ist Nacht. Du haben Uhr? Also Goschen halten, sonst du hast Problem mit Achmed! >
Ursula ist ja sowas von im Unrecht. Dennoch schimpft sie, mit allen Wörtern, die strafrechtlich relevant sein können, zurück.
Ich bin einfach viel zu Müde, um mich aufzuregen, und da ich steinhagel dicht bin, finde ich diese Situation recht belustigend.
Ursula verschwindet mit ihrem Hund ums Eck und so nutze ich diese Gelegenheit für einen kleinen Racheakt. Mit einer Hand ziehe ich geschickt die Post aus Ursula’s Briefkasten, zerfetze diese in tausend Teile und werfe die Papierschnipsel dann einfach in einen nah gelegenen Mülleimer.
Dann gehe ich zufrieden ins Bett und schlafe friedlich ein.
Nüchtern betrachtet hat mir die Idee mit der Postvernichtung besoffen besser gefallen.
Als ich am nächsten Morgen mit einem ganz üblen Kater (eigentlich eher ein Tiger) ins Erdgeschoss gehe, um meine Post zu holen, muss ich feststellen, dass mein Briefkasten aufgebrochen und voller Müll ist.
Ursula hinterlässt mir auch gleich eine freundliche Botschaft. Ein Zettel auf dem sie mich mit einem Kugelschreiber als Strichmännchen gekriselt hat, dass von einem großen ausgestreckten Mittelfinger bedroht wird. Darüber steht geschrieben:
< FICK DICH, DU ARSCHLOCH>
Also hat sie meine kleine nächtliche Aktion doch noch bemerkt. > Das ist keinen Schuss Pulver wert, darauf wird geschissen<, sage ich zu mir.
Weil ich immer nach einer anständigen Besäufnis einen niedrigen Blutzuckerspiegel habe, beschließe ich sogleich in die MilleniumCity zu fahren, um meinen angeschlagenen Magen mit einem köstlichen Essen zu versöhnen.
Ich bummel durch ein Elektrofachgeschäft und gucke mir einige Computerspiele und DVDs an.
Doch meine richtige Begeisterung finde ich erst bei den Drohnen, die seit Neuestem dort verkauft werden.
Zugegeben sie sind nicht gerade billig. Aber ich sehe es schon bildlich vor mir, wie ich so ein Wunderwerk der Technik im nahen Park ausprobiere und es durch die Lüfte schwirrt.
Ich kaufe mir sofort so eine fliegende Drohne um achthundert Eier.
Ich bin ein leidenschaftlicher Hobbykoch und habe eine Unzahl an Kochbüchern in meinem Bücherregal stehen.
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