Anne Daurer
Sommer am Höhlensee
Ein spannendes Abenteuer für Leser ab 12 Jahren.
Dieses ebook wurde erstellt bei
Inhaltsverzeichnis
Titel Anne Daurer Sommer am Höhlensee Ein spannendes Abenteuer für Leser ab 12 Jahren. Dieses ebook wurde erstellt bei
1. Schöne Pläne
2. Am See
3. Schau selber
4. Der neue Ort
5. Das Ding
6. Eine Idee
7. Freunde?
8. Angst und Nichtangst
9. So Zeugs
10. Spinnst du?
11. Wie ein Flummi
12. Weit unten
13. Purzelbäume
14. Blöde Frage
15. Scheißegal
16. Alles Matsch
17. Du weißt, warum.
18. Vollidiot
19. Nur eine Person
20. Drüber und drunter
21. Ein Wort
22. Hau ab!
23. Abgehängt
24. Was Tolles
25. Logisch!
Impressum neobooks
Ein fauler Nachmittag zog vorüber. Patte musste weder einkaufen, sein Zimmer aufräumen oder Kram für seine Mutter erledigen. Er durfte einfach nur Pläne für die restlichen Pfingstferien schmieden.
Noch vier lange Tage! Hundert tolle Dinge waren ihm eingefallen, während er stundenlang mit Flip in dessen Zimmer herumfläzte. Nachts ein Lagerfeuer machen. Bis zum Morgengrauen Würstchen braten. Auf einem Floß auf dem Pfefferminzsee schlafen. Endlich nachsehen, ob das Holzmannhaus noch da war.
Flips Cousine unterbrach jeden Gedanken mit Gezeter. „Philipp!“ Sophias Stimme schoss wie eine Kanonenkugel aus dem Garten durchs offene Fenster herein. „Er ist weg!“
So sehr Patte sich auch bemühte, an schöne Dinge zu denken, es gelang ihm nicht. „Kann die Heulboje mal die Klappe halten?“
Flip schüttelte den Kopf. „Keine Chance.“
„Die nervt!“ Patte verdrehte die Augen. Niemals hätte er gedacht, dass man so miesepetrig sein konnte wie Sophia. Sie nörgelte pausenlos und betonte bei jeder Gelegenheit, dass sie ein Jahr älter und tausendmal schlauer war als Patte und Flip.
„Er ist weg!“, brüllte Sophia. Anscheinend stand sie im Garten und wartete auf einen Suchtrupp.
„Was ist weg?“, fragte Patte.
In diesem Moment flog die Tür auf. Sophia rauschte ins Zimmer. Mit ihr quoll eine Wolke aus Parfüm und schlechter Laune herein. „Ich hab ihn nicht gefunden!“ Sie raufte ihre Haare. „Und ich hab überall gesucht!“
Flip hob in einer hilf- und ahnungslosen Geste die Arme und ließ sie fallen. „Dann ist er halt weg.“
„Halt weg?“ Sophia sah aus, als würde sie explodieren. „Weißt du, was das für Schuhe sind?“
„Keine Ahnung.“
Sophia schnappte nach Luft. „Das sind …“ Sie schüttelte fassungslos den Kopf. „Original Toni-Hammer-Schuhe!“
„Was für Dinger?“, fragte Patte.
„Die sind total der Brüller! Echtes Leder! Sauteuer!“
Patte verstand kein Wort.
„Ihr habt sowas von null Ahnung!“ Sophia war deutlich anzusehen, wie sehr sie unter der Unwissenheit von Flip, Patte und allen Bewohnern von Reunach leiden musste. „Aber das wundert mich nicht! In diesem bescheuerten Scheißkaff muss man ja verblöden! Ich halte es nicht mehr aus!“ Sophia schraubte ihre Stimme eine Oktave höher. „Und jetzt sind auch noch meine Lieblingsschuhe weg!“
„Einer ist weg“, verbesserte Flip und kassierte einen hasserfüllten Blick.
Allmählich verstand Patte, was passiert war. Seit Monaten verschwanden in Reunach die unterschiedlichsten Schuhe. Sandalen, Turnschuhe oder Gummistiefel, von Erwachsenen oder Kindern, paarweise oder einzeln. Man vermutete, dass es sich um einen Dieb handelte. Einer, der wahllos mitnahm, was vor Haustüren, in Gärten oder in Hinterhöfen herumlag.
Sophia war anzusehen, dass sie etwas derart Schlimmes noch nie erlebt hatte. „So eine Scheiße“, brüllte sie. „Warum bin ich überhaupt hier?“
Das hätte Patte auch interessiert.
„Damit ich in den Ferien nicht alleine bin.“ Flip sah todunglücklich aus. „Echt coole Idee von deinen und meinen Eltern.“
„Pah! Du bist schuld! Ich wollte in Nürnberg bleiben!“ Anscheinend fiel Sophia ein, was sie in ihrer Heimatstadt verpasste, denn sie raufte ihre Haare wilder als zuvor.
„Also … wenn das so Hammerschuhe sind …“ Patte kratzte sich am Kopf. „Warum lässt du sie dann draußen stehen?“
„Ja“, pflichtete Flip bei. „Du weißt doch …“
Sophia schnitt ihm das Wort ab. „Das weiß ich! Und Ihr könnt mich mal!“ Sie rannte hinaus. Sekunden später krachte die Tür des Gästezimmers zu, das sie seit Sonntagabend bewohnte.
Patte tippte sich an die Stirn. „Die hat nicht mehr alle Latten am Zaun.“
„Kann man so sagen.“
„Die kommt morgen nicht mit zum See! Das halte ich nicht aus!“ Patte freute sich wie ein Schnitzel auf morgen. Am See chillen, in den Himmel schauen. Da war kein Platz für Kreischtanten.
Flip wies mit dem Kopf Richtung Gästezimmer. „Und wie soll ich sie abschütteln?“
„Warte … ähm … bei Nina auf mich.“
„Und dann?“ Flip blickte skeptisch drein. „Dann sieht sie, dass wir abhauen und will mit.“
„Wenn sie das macht, kriegt sie Ärger!“
Statt einer Antwort schob Flip drei Salzstangen in den Mund. Er kaute so wild darauf herum, als gäbe es eine Medaille fürs Schnellessen.
Patte wechselte das Thema. Er wollte über etwas Schönes reden. „Hast du was von Nina gehört?“
„Sie kommt heute zurück.“
„Das weiß ich. Aber … vielleicht … ist sie schon da?“
Flip sah auf die Uhr. „Kann sein.“
Patte konnte es kaum erwarten, Nina wiederzusehen. Die zwei Tage, die sie bei ihrem Vater in Bamberg verbracht hatte, erschienen Patte wie eine Ewigkeit. Ob er gleich nachschauen sollte? Er musste nur über die Straße rennen und auf den Klingelknopf fallen.
Flip grinste breit. „Kannst es nicht erwarten, was?“
Patte fühlte sich ertappt. „Wie kommst du da drauf?“
„Sieht man.“
„Nein.“
„Doch! Sieht man!“
„Quatsch.“ Patte schüttelte den Kopf. „Also, ich hab gestern Abend mit Nina telefoniert …“
Flip tat so, als würde er telefonieren. „Herzallerliebste Nina“, flötete er. „Ich vermisse dich sooooo!“
Patte ignorierte ihn. „Wir haben ausgemacht, dass ich sie morgen um elf abhole und wir dann zum See fahren. Kommst du mit?“
Flip schluchzte. „Du fehlst mir so! Bu-hu-huuuuu!“
Patte verzog das Gesicht. „He! Alter! Willst du jetzt mit oder nicht? Ich brauch dich nicht zum chillen!“
„Klar will ich!“ Flip ließ sein imaginäres Telefon fallen.
Oben im Gästezimmer war Gerumpel und Gekreische zu hören.
Gleichzeitig fuhr ein Auto in die Einfahrt.
„Meine Mutter. Schon so spät“, seufzte Flip. Er stand auf und wischte Salzstangenkrümel von der Hose.
Patte wollte keine Wiederholung der Schuhgeschichte hören.
„Bis morgen! Um elf!“
„Okay!“
Patte flog zur Tür hinaus, grüßte Flips Mutter und rannte über die Straße zum Haus Nummer sieben. Er spähte in den Holme-Garten, doch Ninas Hängematte war leer. Er atmete tief ein und drückte auf den Klingelknopf. Sein Herz klopfte wild, während er wartete und lauschte. Nach wenigen Minuten klingelte er noch einmal. Alles blieb still.
„Schade.“
Nach einem letzten Blick auf die leere Hängematte stieg er aufs Fahrrad und fuhr davon. Dann musste er sich wohl damit begnügen, sich auf morgen zu freuen.
Der Tag war genauso, wie Patte ihn bestellt hatte. Die Sonne leuchtete. Der Pfefferminzsee glänzte. Nina war da.
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