„Ein kleines Zusatz-Tool, das ich mir für diesen Einsatz installiert habe!“, kommentierte Laroche.
Im nächsten Moment baute sich ein neues Infrarotbild auf. „Das Farbraster, mit dem auf den von der NASA zur Verfügung gestellten Satellitenbildern die Temperaturunterschiede dargestellt wurden, ist auf Grund der besseren Übersicht recht grob gewesen. Ich habe ein feineres Darstellungsraster auf die vorhandenen Daten angewendet und dabei Temperaturdaten in einem bestimmten Bereich besonders hervorgehoben! Et voilà! C'est le resultat!“
Ridge nahm sich die Gesichtsmaske ab und starrte ungläubig auf den Schirm.
Um das nach wie vor eindeutig als Wärmezone erkennbare Gebiet um X-Point herum gab es noch weitere, nicht so deutlich hervortretende Wärmezonen. Eine davon hatte eine Ausdehnung von fast einem Kilometer.
Die anderen waren kreisförmig um diese ausgedehnte Zone herum gruppiert.
Ridge rief seinen Stellvertreter herbei.
„Lieutenant, sehen Sie sich das mal an!“
„Ja, Sir!“
Haller eilte herbei.
Ridge wandte sich an Laroche. „Wofür halten Sie das? Weitere Stationen?“
„Exactement“, bestätigte Laroche. „Die große Wärmezone in der Mitte scheint die Zentrale zu sein und die übrigen…“
„Wahrscheinlich haben sich dort Wachtposten eingegraben!“, vermutete Haller.
Ridge war derselben Ansicht. „Ja, sie bilden einen Ring von vielleicht 25 Kilometer Durchmesser. Aber ich verstehe nicht, wie X-Point da hineinpasst!“
Laroche zuckte die Achseln. „Zunächst einmal wissen wir nicht, ob es sich bei den Wärmeflecken wirklich um verborgene Stationen handelt oder etwas ganz anderes. Ich vermute zum Beispiel eher, dass es geheizte Depots sind. Auf jeden Fall wissen wir eins: Was immer dort vergraben liegt, hat man wesentlich besser gegen Wärmeabstrahlung isoliert als X-Point.“ Laroche klappte das Laptop zu. „Ende der Sitzung.
Ich hoffe das Ding funktioniert noch, wenn ich es das nächste Mal benutze…“
„Mein Vorschlag wäre, wir nehmen uns einen dieser vermeintlichen Außenposten oder Depots vor und reißen ihn uns unter den Nagel“, war Hallers Ansicht. „Vielleicht erfahren wir dann, was hier wirklich gespielt wird!“
Ridge zögerte.
„Ich denke darüber nach“, versprach er.
Russo meldete sich zu Wort. „Der zweite Apache kommt!“, rief er.
Der Italiener hatte den Horizont mit dem Feldstecher abgesucht, nachdem er sich genug eingegraben hatte.
Der unverkennbare Brummton, den die Rotoren des Helis verursachten, war inzwischen zu hören.
Die Maschine näherte sich.
Noch war sie nichts weiter als ein kleiner dunkler Punkt am Horizont.
Aber das würde sich rasch ändern.
So schnell es ging verbargen sich die Männer und Frauen der Omega Force One in ihren Verstecken und bedeckten sich mit Schnee.
Dann warteten sie einfach ab.
Der Apache flog an ihnen vorbei. Seine Flugbahn senkte sich. Die Maschine setzte zur Landung an. Dort, wo noch immer eine deutlich sichtbare Rauchsäule von dem abgeschossenen Wrack in den Himmel aufstieg, landete der Helikopter.
Die Männer und Frauen der OFO warteten ab.
Haller fühlte die Kälte langsam in seine Kleidung hineinkriechen.
Etwa eine halbe Stunde später stieg der Apache wieder auf. Er flog in einem Bogen auf die in ihrer spärlichen Deckung verharrenden OFO-Kämpfer zu.
Der Helikopter drehte dann seitwärts und flog in einer Schlangenlinie über das Gebiet.
Er suchte offenbar das Gebiet ab.
Fast zwei Stunden kreuzte er immer wieder in dem Gebiet herum. Oft flog er sehr tief und schwebte an manchen Stellen nur wenige Meter über dem Boden. Schneewolken wurden dadurch in die Luft gewirbelt.
Laroche hatte das Funkgerät eingeschaltet und versuchte, die Frequenz abzuhören, auf der der Apache mit seiner Basis kommunizierte.
Immerhin erfuhr der Franzose auf diese Weise, dass die Absturzursache des Apache für die andere Seite nicht ganz klar war.
Allerdings hatte die abgeschossene Maschine wohl noch an die Zentrale weitergeben können, dass jemand versuchte, in die geheime Sperrzone einzudringen.
Das Wetter verschlechterte sich zunehmend. Die Sonne sank seit Monaten erstmalig wieder beinahe hinter den Horizont, so dass es dämmrig wurde.
Immer wieder kreuzte der Helikopter über das Gebiet, aber ohne Erfolg. Die Windgeschwindigkeit nahm zu. Die Herbststürme konnten durchaus bis zu 140 km/h erreichen, was einem ausgewachsenen Orkan gleichkam. Noch war es nicht so weit, aber die Tendenz war eindeutig erkennbar. Die Sicht wurde schlechter.
Mehrfach überquerte der Helikopter die eingegrabenen OFO-Kämpfer im Tiefflug. Dann eröffnete er plötzlich das Feuer. Ein Hagel von Granaten und Explosivgeschossen feuerte aus den schwenkbaren Batterien heraus.
Das Feuer war so dicht, dass keiner der Elite-Kämpfer es wagen konnte, auch nur den Kopf zu heben, geschweige denn auf den Helikopter zu feuern.
Der Apache drehte anschließend ab und entfernte sich.
Vom Horizont her nährten zwei weitere Helikopter. Es handelte sich jedoch um leicht bewaffnete Transportmaschinen. Sie schwebten näher heran.
Laroche hatte den Funkverkehr abgehört.
Er aktivierte das Interlink, mit dem alle Teammitglieder untereinander verbunden waren. Jetzt noch Funkstille zu halten war sinnlos. Sie waren bereits entdeckt worden, schlimmer konnte es also kaum noch kommen.
„Die wollen eine Söldnertruppe absetzen und hier jede Schneeflocke einzeln umdrehen!“, rief der Franzose. „Wir müssen hier weg!“
„Nein!“, widersprach Ridge über das Interlink. Er wirkte erstaunlich besonnen. Gerade in kritischen Situationen blieben seine Nerven stahlhart. „Wir bleiben hier und warten, bis sie nahe genug herangekommen sind. Alles andere wäre Selbstmord.“
„Vielleicht hilft uns ja das Wetter!“, meinte Haller sarkastisch.
„Positiv denken, Mark!“, meinte Ina Van Karres.
„Ist das alles, was eine Psychologin dazu sagen kann?“, gab Haller zurück.
„Im Augenblick ist es wichtiger, dass ich meine MP7 bedienen kann!“, antwortete sie.
Die Transport-Helikopter setzten an verschiedenen Stellen zur Landung an.
„Sie versuchen uns einzukreisen“, meinte Alberto Russo.
Der Apache kehrte indessen noch einmal zurück und streute ziemlich großzügig sein tödliches Dauerfeuer.
Vielleicht setzte die andere Seite darauf, dass die OFO-Kämpfer ihre Deckung verließen und sich in heilloser Flucht zu retten versuchten.
Aber genau das taten die Männer und Frauen des Spezialteams der unter dem Kommando der Vereinten Nationen nicht.
Sie harrten aus.
Während des Beschusses herrschte ein ohrenbetäubender Lärm. Die Einschüsse waren ziemlich wahllos. Ein Flächenbeschuss. Eisbrocken wurden in die Luft geschleudert. Die acht Millimeter-Kanone des Apache wummerte unaufhörlich und die Granatwerfer Batterien sprühten Feuer. Teilweise waren die Einschüsse nur wenige Meter von einzelnen OFO-Kämpfern entfernt.
In diesem Feuersturm zu überleben war reine Glücksache.
Die Ergebnisse der Infrarotortung schienen wohl nicht eindeutig genug für einen präzisen Beschuss zu sein. Andererseits hatte die Besatzung des Apache offenbar doch aus irgendeinem Grund Verdacht geschöpft.
Augen zu und durch! , dachte Haller.
Irgendwann war es vorbei. Der Apache drehte ab. Offenbar war es jetzt Aufgabe von Bodeneinheiten, nachzusehen, ob etwas getroffen worden war.
Allerdings blieb er in der Nähe und patrouillierte hin und her.
„Jeder bleibt, wo er ist!“, meldete sich Ridge noch einmal über das Interlink.
Nach dem Ende des Beschusses hatte Haller im ersten Moment schon gedacht, er sei taub.
Aus verschiedenen Richtungen pirschten sich jetzt die Bodentruppen heran.
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