Also regiert Zurückhaltung meine Begierde.
Shit , ein weißes Kleid mit weißen Heels in einer der Auslagen, ich revidiere, Begierde regiert meine Zurückhaltung.
So stürme ich den Laden . Gediegen?
Gigantisch!
Das Service typisch amerikanisch, ja, das können sie. Im Saal einer Umkleide wende und winde ich mich. Glitzern bezaubert, hoffentlich nicht nur mich? Eigentlich ein klassischer Schnitt, kurz, nicht zu eng. Auch nicht zu weit.
Die dünnen Träger, eine Kette kleiner leuchtender Steinchen. Der Saum gehalten von einem goldenen Faden – that’s it. Dazu Heels im selben Ton, mit Steinchen an den Seiten und einem goldenen Heel – ein Hit!
Wie schafft Frau das mitzunehmen ohne Bezahlen?
Also?
Ich halte Wort.
An der Kassa nehme ich kein Portemonnaie, nein, ich hole mein Handy raus und rufe Leo an. Er regelt das, ich nehme ihn ernster.
Überrascht und wieder glücklich verlasse ich wenig später die Boutique mit Kleid und Heels. Wow, ich revidiere nochmals, ich regiere meine Begierde und Zurückhaltung.
Zwei „Party, der Beat für die Ewigkeit“
Mein Outfit, eine Sensation aus Miami. Meine Haare, eine wilde Mähne aus Erschöpfung. Sie wollen heute nicht glatt sein. Mein Leben, ein Abenteuer aus Leidenschaft. Vernunft, sie verschiebe ich auf morgen, wie die Email von Sonja in meinem Planer datiert auf morgen.
Ob Ron auf der Party ist? Ich kann es nicht ahnen, also muss ich ihn suchen. Ich will ihm sagen, dass ich keine Angst habe, das ist es doch, was er nicht hören will.
Ruhig, ich muss ruhig bleiben, bei dem Verb.
Musik, Buffet, Drinks und jede Menge Leute, ja hier ist Party.
An der mittig liegenden langen Bar verweilt nicht nur ein Barkeeper. Nein, es ist Alkohol nicht mein Freund, so nehme ich einen getarnten Cocktail ganz ohne.
„ You can get it if you really want. You can get it if you really want. But you must try, try and try, try and try. You'll succeed at last…“
[Du kannst es schaffen wenn du es wirklich willst. Du kannst es schaffen wenn du es wirklich willst. Du kannst es schaffen wenn du es wirklich willst. Aber du musst es versuchen, versuchen und versuchen. Versuchen und versuchen, am Ende wirst du Erfolg haben ]
Jimmy Cliff wird von der Liveband gemimt. Passt irgendwie nicht hier her, ebenso, wie der Drummer in der Nähe der Band.
Starrend mein Blick, bestimmt mein Gang. Bekannte Augen in dieser unbekannten Gegend, ich lächle dennoch: „Hi, Larus, du spielst nicht in der Band? Was führt dich dann hier her?“
„ I know it – listen. Rome was not built in a day. Opposition will come your way. But the hotter the battle you see. Is the sweeter the victory now. You can get it if you really wantYou can get it if you really want. You can get it if you really want. But you must try, try and try, try and try. You'll succeed at last…“
[Ich weiß es, hör zu. Rom wurde nicht an einem Tag erbaut. Du wirst auf Widerstand treffen. Aber je härter der Kampf für dich ist, um so größer wird der Sieg sein. Du kannst es schaffen wenn du es wirklich willst. (ich weiß es) Du kannst es schaffen wenn du es wirklich willst. (zeige ich es nicht?) Du kannst es schaffen wenn du es wirklich willst. (so gib jetzt nicht auf) Du kannst es schaffen wenn du es wirklich willst. (versuche es weiter)]
So singt Larus seine Antwort und spielt dazu auf der Lautsprecherbox mit seinen Händen Schlagzeug.
„Larus, was machst du hier?“, will das Mädchen in mir endlich wissen. „Musik, Süße! Hörst du?“
Ein Twist, keine Musik, meine Gedanken donnern, meine Heels blitzen und ich kehre Larus den Rücken.
Gewitterartig – nicht die Musik, die Blicke im Schimmern dieser Dunkelheit. Da steht Ron, direkt an der Stirn der Bar. Sein Blick funkelt.
Funken peitschen durch meinen Kopf. Meine Hände gehalten von diesen Drummerarmen, Larus hält mich von hinten zurück, nimmt meine Rechte mit der seinen, meine Linke mit der seinen. Finger verschränken sich und es gibt kein Entkommen. Er zieht mich zurück und beginnt ein Wippen, ein Wanken, ähnlich der Wogen, in dieser mir bekannten Leidenschaft.
Mein Rücken schmiegt sich widerwillig und doch freudig, denn es gefällt Ron sichtlich nicht. Den mir so verhassten Twist, ich neige ihn mit meinem Gesicht zur Seite. „Sei stark, sei du!“, höre ich Larus.
Ron, er kommt auf mich zu, ich erkenne Toben in meinen Augenwinkel. Drummerarme wenden mich Larus zu. Aufflackern von Klarheit in meinem Twist. Ruhige Augen gebieten mein Erstarren. „Geh‘, lauf weg, hörst du! Hörst du!“, gemein die Worte dieses Mannes.
Synapsen! Twistend das Auf und Ab, das Hin und Her.
Ron?
Ich vergesse ihn. Ich vergesse mich. Wild tanzen goldene Heels mit einem Mann, der mich fortschickt und kommen ihm so näher.
Stille.
Sie beherrscht die Situation. Die Band vergisst zu spielen?
Nicht der Beat von Küssen bewegt diese Spannung. Die Band forciert. „ Got My Mind Set on You“, von George Harrison rauscht in den Raum.
„ I got my mind set on you…“, mimt Larus und es klingt so gut.
Larus‘ Arme sie fassen keine Hüften, sie halten keinen Rücken, sie drummen am Ende meines Rückens.
„ To do it right child. It's gonna take time. A whole lot of precious time. It's gonna take patience and time, um. To do it, to do it, to do it, to do it, to do it. To do it right child. I got my mind set on you. I got my mind set on you…“
[ Es richtig zu machen, Kind. Ich hab' mich auf Dich fixiert. Ich hab' mich auf Dich fixiert. (auf Dich fixiert) Ich hab' mich auf Dich fixiert. (auf Dich fixiert)]
Hände ergreifen mein Gesicht, halten es behutsam wie einen Schatz.
Ich verstehe nicht? Was ist passiert?
„Angie, es ist ok!“, Larus klingt nicht nach Singen. „Angie, es ist vorbei!“, bedrängen Worte das Ende meines Tanzes. Heels stehen wieder still, nicht aber das Blut in meinen Adern, es pulsiert und realisiert.
„Angie? Bist du wieder da?“, erkenne ich die Realität wieder.
Scham.
Verlegenheit.
Ich senke meinen Kopf. „Was war das?“, nur ehrlich versuche ich zu begreifen.
Noch eine Hand auf meiner Schulter, sanft. Ich zucke, nein, ich twiste nicht. „Angie, ich wollte mich nur verabschieden!“, Leo. Er steht neben mir, aber nicht neben sich, also nur ähnlich wie ich.
„Hi, Larus. Was machst du hier?“, klopft Leo meinem Drummer auf die Schulter. „Leo, ich war in der Stadt, der Ärztekongress hier im Haus. Und ich bin hier, weil ich die Musik mag und ein paar andere Dinge“, verrückt einfach klingt die Erklärung von Larus.
„Bye Leo, halt sie fest, deine Frau!“, verabschiedet sich endlich mein Verstand von Leo.
Ron?
Er ist weg.
Wieso?
Weg! Meinen Cocktail entführe ich nun an die Bar, scheint mir jetzt doch sicherer als an der Box.
Larus folgt mir. Wortlos.
Unser Gespräch beruht auf keinen Worten. Ich weile am Barhocker, halte mein Gals mit beiden Händen, als ob es sonst umfallen würde. Konzentriere mich auf den Strohhalm, als ob er sonst weglaufen könnte. Larus? Er lehnt neben mir relaxed mit einem Ellenbogen an der Bar, hält kein Glas.
„Noch ein Budweiser, Jimmy!“, durchbricht unsere Konversation. Schnell steht die geöffnete Flasche in unserer Runde.
„Zeit, die Zeit, sie wird dir helfen“, ergreift Larus sein Budweiser.
„Kann man mir helfen? Brauche ich Hilfe? Warum überhaupt helfen?“, rede ich auf mein Glas ein.
„Angie, du hast zu viel mitgemacht. Das hält eine Menschenseele nicht aus. Sie wehrt sich, sie muss sich wehren.“
„Was hält eine Seele schon aus? Danach fragt doch niemand. Die Gesellschaft fordert. Sie verlangt Toleranz und ignoriert den einzelnen. Sie verlangt Charakter und leugnet Schwäche. Sie verlangt ewiges Bemühen und ist untätig. Eine Seele? Ich finde, sie muss verdammt viel aushalten!“, so werfe ich nicht Worte, sondern mehr meinen Blick, dem Mann neben mir zu.
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