Die Zeit vergeht und dann ist auch schon mein Geburtstag da. Heute werde ich 23 Jahre alt. Schon gleich am Morgen werde ich herzlich von meinen Mädels empfangen, habe nur einen Termin zur Massage und Chef-Einzelgespräch. Eigentlich war auch ein Gespräch mit meiner Therapeutin gemeinsam mit meiner Mutter geplant, aber das scheiterte dann an der zeitlichen Organisation. Beim Abendessen im italienischen Restaurant mit meiner Mama versuche ich ihr klarzumachen, dass ich tatsächlich an einer Krankheit leide und dass ich nicht zum Spaß eine Essstörung gewählt habe. Ich bin mir nicht sicher, ob sie das wirklich verstehen kann, zudem geht es meist nur um sie, ihr Leben, ihr Schicksal und überhaupt. Empathie und Verständnis für andere stehen auf ihrer Liste leider ganz unten. Auch mein Vater meldet sich, um mir zum Geburtstag zu gratulieren und sagt am Telefon, er freue sich darüber, wenn ich wieder zu Hause bin. Komisch. Ich weiß nicht so recht, wie ich mit diesem regelrechten Gefühlsausbruch seinerseits umgehen soll, denn für mich ist klar, dass es mir lieber ist, ihn nicht um mich zu haben. Den weiteren Abend feiern wir mit fast allen meinen Mitpatientinnen der Station in einer Kneipe. Wir haben Spaß, lachen viel und ich werde reich beschenkt. So einen tollen Geburtstag hatte ich wirklich schon lange nicht mehr und ich bin froh, dass ich diese wunderbaren Menschen in der Klinik kennen lernen durfte! Auch der Samstag nach meinem Geburtstag ist ein schöner Tag: ich bekomme Besuch von Andi, Anne und Lara. Wir gehen am See spazieren, essen Kuchen und ich führe sie stolz durch meine Station und in mein Zimmer. Als sie wieder weg sind, gehe ich noch schwimmen und beende den Tag beim gemeinsamen Fernsehen. Ich bin rundum zufrieden. Der nächste Tag ist ein Sonntag und ein weiterer Geburtstagsbesuch steht auf dem Plan. Heute von meinem Bruder mit einem gemeinsamen Freund. Wieder fühle ich mich wohl und freue mich über den Kontakt außerhalb meines Kliniklebens. Allerdings hält mein Hochgefühl nicht lange an: Andi meint abends am Telefon, ich wäre gestern „komisch“ gewesen. Ich kann absolut nicht verstehen, was er meint. Schließlich war ich einfach nur fröhlich und ausgelassen. Er macht mir Vorwürfe und zählt auf, was ich alles „falsch“ gemacht habe. Beispielsweise hätte ich mich aufgespielt, sei nicht oft genug zu ihm hingegangen und außerdem habe ich erst noch etwas aufräumen müssen, bevor ich mich zu ihm aufs Bett gesetzt habe. Puh, das ist so anstrengend! Schließlich haben wir eine Beziehung und das ist kein Wettbewerb, bei dem einer gewinnt und der andere verliert. Aber irgendwie kommt es mir so vor. Wütend beende ich das Telefonat und die nächsten zwei Tage herrscht einmal Funkstille, auch wenn mir das richtig schwerfällt. Denn ich bin nach wie vor der Meinung, nichts falsch gemacht zu haben und diese Ungerechtigkeit steigert meine Wut und Anspannung. Es kommt sogar so weit, dass ich mich wieder ritze, weil ich dem Druck nicht standhalten kann. So langsam stelle ich mir die Frage, ob ich in meinem Leben gute Entscheidungen getroffen habe. War es richtig meinen „Vince-Schatz“ für Andi aufzugeben? Wie kam es überhaupt dazu, wo ich doch Vincent wirklich geliebt habe und es so schön mit ihm war?
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